Rechtsextremismus in Berliner Behörden: Führungszeugnis reicht
Die Grünen fordern Konsequenzen für AfD-Aktive im öffentlichen Dienst. Die Finanzsenatsverwaltung beschwichtigt hingegen mit Verfassungspflichttreue.

Das möchte der Grünen-Abgeordnete Ario Mirzaie von der für Landesbedienstete und Tarifbeschäftigte verantwortlichen Senatsverwaltung für Finanzen in einer Anfrage wissen. Diese verweist in ihrer Antwort auf die „Verfassungstreuepflicht“ von Beamt:innen – die bislang jedoch ohne „allgemeine landesrechtliche Vorgaben zur Überprüfung der Einhaltung dieser Pflichten während des bestehenden Dienstverhältnisses“ auskommt. Die Zuständigkeit für allgemeine Überprüfungsmaßnahmen sieht die Finanzsenatsverwaltung ohnehin nicht bei sich, sondern bei den jeweiligen Behörden selbst.
Doch dort sieht es bislang eher mau aus: Lediglich zwei Senatsverwaltungen – Bildung, Familie und Jugend sowie Justiz – haben überhaupt Zahlen zur Verfassungstreue von Beamt:innen und Tarifbeschäftigten vorgelegt. Eindeutig zu wenig, steht für Mirzaie fest: „Der Senat verhält sich grob fahrlässig angesichts des Risikos, das von Rechtsextremen im öffentlichen Dienst ausgeht.“
Solange es keine valide Datengrundlage gebe, bleibe das Dunkelfeld unbeleuchtet. Was es nun brauche, sei eine „systematische Überprüfung aktiver AfD-Mitglieder von der Anwärterin bis zum Pensionär sowie die konsequente Anwendung des Disziplinarrechts“, so der Grünen-Politiker zur taz.
Disziplinarverfahren bei der Polizei
In der Tat gibt es dringenden Prüfungsbedarf – schaut man auf die von der Polizei vorgelegten Zahlen: Denn die meldete für dieses Jahr bislang 16 und für voriges Jahr 28 Disziplinarverfahren in ihren eigenen Reihen „aufgrund von Zweifeln an der Verfassungstreue wegen rechtsextremer Bestrebungen“. In zwei Fällen wurde im vorigen Jahr eine Weiterbeschäftigung verboten. Weniger alarmierend sieht es im Vergleich dazu bei der Feuerwehr, dem Landesamt für Einwanderung und den beiden genannten Senatsverwaltungen aus. Dort dümpeln die Zahlen für den Zeitraum von 2021 bis heute zwischen 0 bis 2 rechtsextremistischen Fällen.
Weitgehend unbeeindruckt zeigt sich hingegen die Finanzsenatsverwaltung. Für sie sei der „grundsätzliche Umgang mit Beschäftigten, die Mitglied in einer gesichert rechtsextremistischen Bestrebung sind, rechtlich geklärt“, wie es aus der Antwort hervorgeht. So gebe es mit dem Arbeits- und Disziplinarrecht ein „klares Instrumentarium“.
Nicht zuletzt wird in der Antwort auf das Führungszeugnis verwiesen, das im Einstellungsverfahren von Bewerber:innen verpflichtend einzureichen ist. Dass sich rechtsextreme Ideologie nicht nur in Straftaten übersetzt, dürfte hoffentlich auch der Finanzsenatsverwaltung klar sein.
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