Rechtsextremismus im US-Kampfsport: Fight und Führer
Bryce Mitchell ist ein MMA-Star. Nun hat er Adolf Hitler gelobt. Die größte Kampfsportorganisation der Welt glaubt, das sei Meinungsfreiheit.
Wenn es nach Bryce Mitchell geht, wäre er gerne mit Hitler angeln gegangen. Natürlich nur vor seiner Sucht nach Methamphetaminen. Der 30-jährige Kampfsportler ist davon überzeugt, „dass Hitler ein guter Kerl war, aber aufgrund meiner eigenen Nachforschungen und nicht wegen meiner Indoktrination in der öffentlichen Bildung“. Diese und noch abstrusere Aussagen sagte er in der vergangenen Woche in der ersten Folge seines neuen Podcasts „ArkanSanity“.
Bryce Mitchell, MMA-Kämpfer
Doch es blieb nicht nur bei den Lobeshymnen auf Hitler. Mitchell fabulierte auch bizarre Verschwörungserzählungen: „Hitler hat für sein Land gekämpft. Er wollte es reinigen, indem er die gierigen Juden rauswirft, die sein Land zerstört und alle zu Schwulen gemacht haben.“ Zu seiner Vorstellung, dass die Juden Kinder zur Homosexualität umerzogen hätten, gesellt sich sein Lob der nationalsozialistischen Bücherverbrennungen. Hitler hätte dort schließlich queere Bücher verbrannt. „Er wollte keine Schwulen, die seine Nation zerstören und keine Kinder bekommen können.“
Seit 2018 ist Bryce Mitchell Teil der UFC, der weltweit größten Organisation für den boomenden MMA-Sport. Der Farmer aus dem US-Bundesstaat Arkansas hat sich durch seinen starken Bodenkampf und durch seine polarisierenden Aussagen einen Namen gemacht. Obwohl die UFC ihn für seine Hitler-Huldigungen tadelte, verteidigte sie im selben Atemzug sein Recht zu solchen Aussagen.
Dana White, umstrittener Präsident der Organisation, kritisierte in einer Pressekonferenz Mitchell zuerst stark: „Ich habe in meinem Leben schon viel dumme und ignorante Scheiße gehört, aber das hier ist wahrscheinlich das Schlimmste.“
Der Skandal lässt sich vermarkten
Was als im Wortlaut durchaus angebrachte Kritik beginnt, verkommt schnell zu einer Relativierung des Gesagten. „Wir müssen nicht damit einverstanden sein, wir müssen es nicht mögen. Ich gebe Ihnen meine und die Position der UFC zu dem, was er zu sagen hatte“, so White.
Eine Bestrafung wollen White und die UFC nicht verhängen. Dafür vermarktete White den Skandal umgehend: „Das ist ja das Schöne an diesem Geschäft. Alle, die Bryce Mitchell hassen, können miterleben, wie er hoffentlich im Fernsehen verprügelt wird.“
Mitchell selbst entschuldigte sich am Samstag mit einem Post auf Instagram dafür, dass er „unsensibel“ geklungen habe. Das Bild zeigt ihn eingehüllt in der Amerika-Flagge, darunter sein Zitat: „Hitler hat eine Menge böser Dinge getan, ich denke, da können wir alle zustimmen. Ich bin definitiv kein Nazi, und ich billige keines der bösen Dinge, die Hitler getan hat.“
Mitchell kämpft nicht nur im Federgewicht, seine dilettantische Entschuldigung zeigt, dass er auch ein intellektuelles Leichtgewicht ist. In seinen Kommentaren wimmelt es von Zuspruch, Neo-Nazis und Kritik dafür, dass er sich überhaupt entschuldigt. Auf Youtube ist sein Podcast inzwischen entfernt worden. Auf der Videoplattform Rumble, die auch von Dana White für andere Projekte genutzt wird, ist er noch in voller Länge verfügbar.
Mitchell ist kein Einzelfall
Dass die UFC derartige kontroverse Aussagen stehen lässt, ist kein Einzelfall. So fällt Sean Strickland, ehemals Champion im Mittelgewicht, permanent durch rassistische, sexistische, trans- und homophobe Aussagen auf. Der Schwergewichtschampion Jon Jones wurde wegen schwerer Drogendelikte und sexualisierter Gewalt mehrfach verklagt – und doch inszeniert ihn die UFC als größten MMA-Kämpfer aller Zeiten.
Die Organisation selbst macht zudem gemeinsame Sache mit Ramsan Kadyrow, dem tschetschenischen Diktator und Bluthund Putins, und Dana White selbst ist einer der engsten Vertrauten des neuen und alten US-Präsidenten Donald Trump.
Demnach ist es nicht verwunderlich, dass auch die jüngsten menschenfeindlichen und geschichtsverfälschenden Aussagen von Bryce Mitchell kein Nachspiel haben. Die UFC hätte wohl auch im Hitlergruß von Elon Musk nur eine Lappalie gesehen.
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