Rechtsextremer in Rüstungskonzern: Gefestigter Identitärer
taz-Recherchen zeigen: Ein rechtsextremer Ex-Soldat arbeitet als Manager in einem bayerischen Rüstungskonzern. Unternehmen und Ministerium schweigen.

Die Gesellschaft mit Sitz im bayrischen Schrobenhausen ist nicht nur eine Rüstungsfirma. Auf der Webseite stellt sich die TDW „als Europas Nummer Eins auf dem Gebiet der Wirksysteme für Lenkflugkörper, sprengstoffhaltige Wirkmittel sowie Sicherungs- und Zündvorrichtungen“ vor. Bei einem Unternehmen, das in einem sehr sensiblen Sicherheitsbereich tätig ist, dürften besondere Sicherheitsvorkehrungen bestehen.
Auf Nachfrage der taz, ob der politische Hintergrund ihres Managers nicht irritiere, antwortet der Pressesprecher zurückhaltend und bittet, „zu respektieren, dass wir aus Datenschutzgründen weder Auskunft darüber erteilen, wer bei uns beschäftigt ist, noch über etwaige Details einer Beschäftigung“.
Nicht minder ausweichend antwortet der Sprecher auf die weitere Nachfrage, ob in diesem hochsensiblen Sicherheitsbereich nicht eine besondere Überprüfung der Mitarbeitenden stattfände: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir diesbezüglich keine Auskunft über interne Prozesse erteilen“.
Auch das Ministerium will sich zu „Einzelpersonalien“ nicht äußern
In einen Werbevideo der TDW und einem Messeauftritt vom vergangenen Jahr fiel der Autonomen Antifa Freiburg der Manager mit IB-Einstellungen auf. Die TDW gehört zur Unternehmengsgruppe MBDA Deutschland.
Erst im Dezember vergangenen Jahres unterzeichnete die Bundeswehr einen Vertrag mit dem Rüstungskonzern für die Modernisierung des Taurus-Systems. Einen Monat zuvor, im November, nahmen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an einem Festakt für den Ausbau der Produktion teil.
Das Verteidigungsministerium argumentiert auf eine Anfrage der taz ähnlich wie das Unternehmen: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich bitte jedoch um Verständnis, dass wir uns aus Gründen des Datenschutzes und zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts zu Einzelpersonalien grundsätzlich nicht äußern“, schreibt eine Sprecherin des Ministeriums. So bleibt unbeantwortet, ob eine Person mit solch einer Vergangenheit in einer rechtsextremen Vereinigung, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz die Identitäre Bewegung klassifizierte, in einem verteidigungsrelevanten Konzern tätig sein sollte.
Erst 2024 attestierte das Bundesverwaltungsgericht Felix S., dass seinen Aktivitäten bei der IB Deutschland ein „Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue“ gewesen seien. Zu der Zeit war der ehemalige Kompanieeinsatzoffizier schon bei der TDW angestellt. In einzelnen Werbevideos der Gesellschaft und bei Messeauftritten wirkte er mit und stellte Waffensysteme vor.
Eng mit der Identitären Bewegung verbandelt
Schon weit vor dem Urteil war Felix S. in dem rechtsextremen Netzwerk um Götz Kubitschek verankert. So löste er 2011 mit Gleichgesinnten an der Universität der Bundeswehr München eine Debatte über die Wehrfähigkeit von Soldatinnen aus. In der der Studierendenzeitung Campus führte Felix S. aus: „Unbestritten ist, dass sich die körperlichen Anlagen männlicher und weiblicher Soldaten grundlegend unterscheiden, damit auch die reale Leistungsfähigkeit. (…) In der militärischen Ausbildung sind entweder doppelte Maßstäbe oder eine Absenkung des allgemeinen Leistungsniveaus die Folge.“
Beides wirke sich „negativ auf den Kampfwert“ aus, führte Felix S. aus. „Niemand käme auf die Idee, Frauen im Kampfsport gegen Männer antreten zu lassen – aber im Krieg?“ (taz berichtete). In der Campus-Ausgabe 01/11 fand sich auch eine Anzeige eines selbsternannten Instituts, das Kubitschek verantwortet. Später publizierte Felix S. auch in der von Kubitschek herausgegebenen Zeitschrift Sezession bzw. Sezession im Netz.
Im Urteil führt das Bundesverwaltungsgericht verschiedene IB-Aktivitäten in der Folgezeit an. So engagierte sich der Zeitsoldat beim Aufbau der IB und betreute den E-Mail-Verteiler einer IB-Ortsgruppe. Auch nahm er an IB-Aufmärschen unter dem Motto: „Stoppt den großen Austausch“ teil und wirkte bei einem IB-Werbefilm mit.
Das Gericht musste verhandeln, da Felix S. Berufung gegen ein früheres Urteil eingelegt hatte. Bereits seit August 2018 bis zu seinem Ausscheiden im Juni 2019 war er wegen eines Dienstvergehens des Dienstes enthoben gewesen. Vor Gericht wollte er von der Bundeswehr Übergangsbezüge in Höhe von über 25.000 Euro erstreiten.
Im April 2023 entschied das Truppendienstgericht Süd in München jedoch, dass die Bundeswehr ihm zu Recht das Geld verweigerte. Vor Gericht habe Felix S. versucht, einzelne Vorhaltungen zu relativieren, sagt der Rechtsextremismus-Experte Robert Andreasch, der den Prozess vor dem Truppendienstgericht besucht hatte.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied letztinstanzlich, dass die Bundeswehr dem früheren Soldaten keine Übergangsleistungen auszahlen muss. In der Begründung setzt sich das Gericht mit der Ideologie der IB auseinander. Im Urteil heißt es, dass die von der IB propagierte „Rückführung“ auch „Ausländer mit unbefristeten Aufenthaltsstatus und nicht ethnisch-kulturelle deutsche Staatsangehörige“ einschließe. Das Konzept des „Ethnopluralismus“ würde zudem den „ethnisch-kulturell Deutschen“ eine Vorrangstellung zuschreiben. Positionen, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind.
Das Gericht attestierte Felix S.: „Der frühere Soldat hat sich im Verlauf der Verhandlung nicht von der Identitären Bewegung eindeutig und glaubhaft distanziert.“ Weder „Reue noch Unrechtseinsicht“ seien erkennbar gewesen.
Heute arbeitet – dem Urteil nach – also ein zumindest noch bis vor kurzem überzeugter Rechtsextremer bei einem Rüstungskonzern. Hat er sich geändert? Der Bitte der taz um eine Stellungnahme kam Felix S. nicht nach.
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