Rechtsextremer Waffenhandel: Abrechnung für „Migrantenschreck“
Mario R. verkaufte mit dem „Migrantenschreck“-Handel Waffen, um „Asylforderer niederzustrecken“. Nun begann der Prozess gegen ihn.
Am Donnerstag nun steht der 35-jährige Thüringer, ein gelernter Bankkaufmann, dafür vor dem Landgericht Berlin, angeklagt wegen unerlaubten Waffenhandels. Die Staatsanwältin beschreibt, wie die Hartgummigeschosse, wären sie abgeschossen worden, zentimetertief in die Haut eingedrungen wären. Schreckschusswaffen in Deutschland dürfen eine Mündungsenergie von 7,5 Joule nicht überschreiten. Mario R. verkaufte bis zu 60 Joule. Dass dies damit beworben wurde, auf Menschen zu schießen, sei zusätzlich strafverschärfend, betont die Staatsanwältin. Mario R. schweigt dazu. Er will sich erst später im Prozess äußern.
Mitten in der Flüchtlingsdebatte 2016 war Mario Rs. „Migrantenschreck“-Onlineversand aufgetaucht. Für 250 bis 700 Euro bot er seine Waffen an – explizit, um sich damit gegen Zuwanderer „zu verteidigen“. Ein Waffenbesitzschein wurde nicht abgefragt. Man komme „ohne lästigen Papierkram“ aus, hieß es auf der Webseite. 110.000 Euro soll Mario R. mit den Verkäufen von Mai bis November 2016 gemacht haben.
Umtriebig in der rechten Szene
Wer hinter dem Handel steckte, blieb lange unbekannt. Auch, von wo aus er operierte. Dann verhafteten Polizisten im März Mario R. in Budapest. Sie hatten eine schillernde Figur gefasst. Schon 2014 war R. bei den montäglichen Friedensmahnwachen aufgetaucht, die später nach rechts abdrifteten. Auch bei der AfD wurde er zwischenzeitlich Mitglied. 2016 dann verschwand er, wurde im gleichen Jahr wegen Volksverhetzung zur Fahndung ausgeschrieben.
Denn Mario R. soll auch Betreiber der deutschen Webseite „Anonymous.Kollektiv“ gewesen sein. Dort wurden Verschwörungstheorien und Hetze gegen Geflüchtete und Politiker veröffentlicht. Die Webseite war fester Teil eines Verbunds weit rechter Onlinemedien. Beworben wurde dort etwa das Compact-Magazin von Jürgen Elsässer oder der rechte Kopp-Verlag. Von beiden soll auch Geld zurück an Mario R. geflossen sein, zehntausende Euro insgesamt.
Gegen R. wird wegen der „Anonymous“-Veröffentlichungen auch wegen Volksverhetzung und Beleidigung ermittelt. Das ist Teil eines anderen Verfahrens. Für den Waffenhandel drohen R. aber bereits bis zu fünf Jahre Haft. „In Ungarn sind diese Waffen alle völlig legal“, weist sein Anwalt die Vorwürfe zurück. Für die Staatsanwaltschaft ist aber entscheidend, dass R. die Waffen nach Deutschland verschickte. „Und da wusste der Angeklagte, dass hier die Waffen verboten sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja