piwik no script img

Rechtsextreme Sammelwut

Dossiers über Antifaschisten: Itzehoer Staatsschutz stellt umfassendes Neonazi-Material sicher und warnt Betroffene  ■ Von Peter Müller

Der Itzehoer Staatsschutz schlägt Alarm: Bei einer Fahrzeugkontrolle von vier Neonazis im Raum Pinneberg, die erwischt worden waren, als sie ein Transparent zum Todestag des „Hitlerstellvertreters“ Rudolf Heß anbringen wollten, hat die Polizei neben Hakenkreuzsymbolen und Pamphleten des „Nationalen Widerstands Elmshorn“ auch umfangreiches Recherchermaterial der „Anti-Antifa“ beschlagnahmt. Zwei der vier Heß-Jünger aus Hamburg und Elmshorn, die zum Dunstkreis des momentan inhaftierten Pinnberger Rechtsextremisten Klemens Otto gehören, sind dem Staatsschutz „bestens bekannt“. Sie waren am 16. April an der Attacke auf einen Polizeibeamten in Ellerbek beteiligt, der dabei schwer verletzt wurde.

„Wir haben Erfassungsbögen mit Namen, Adressen und Telefonnummern von Personen des öffentlichen Lebens, Polizeibeamten und einem Journalisten aus Hamburg sichergestellt“, berichtet Staatsschützer Horst Klüver. Die betroffenen Personen – darunter viele AktivistInnen des Bündnisses „Keine Toleranz für Neonazis in Elmshorn“ – seien gewarnt worden.

Dennoch geht Klüver, über den selbst umfassend Informationen über Aussehen und Gewohnheiten gesammelt wurden, nicht von einer „konkreten Gefährdungslage“ aus. „Es gibt keine Anhaltspunkte, woraus man schließen kann, dass irgendwelche konkreten Aktionen geplant sind.“ Dass es dennoch zu Attacken zum Beispiel auf die PKWs der Betroffen kommen könne, will der Staatsschützer allerdings nicht ausschließen. Da allein das Erfassen von Daten nicht strafbar ist, sind der Polizei, sofern keine massiven Bedrohungen ausgestoßen werden, die Hände gebunden.

Die Neonaziszene um die Pinneberger Klemens und Christoph Otto, letzterer wurde im Februar trotz einer Messerattacke auf den Elmshorner IG-Metall-Chef Uwe Zabel vom Gericht freigesprochen, hat seit der Gründung des Elmshorner Bündnisses im Dezember 1999 ihre Aktivitäten in der Unterelberegion verstärkt. Es wurden Anschläge auf Gewerkschaftsbüros und Zeitungsredaktionen verübt und Drohungen bis hin zur Aussetzung von Kopfgeld gegen Bündnis-Mitglieder ausgestoßen.

Unterstützung erhält der Otto-Clan zunehmend von dem Hamburger Benjamin Skourup, der Rechte aus dem Hamburger Speckgürtel – Halstenbek, Krupunder, Ellerbek, Schenefeld, Norderstedt, Kaltenkirchen – rekrutiert. Immer wieder wird auf Plakaten die Freilassung von Klemens Otto verlangt oder, in Anspielung auf den verletzten Polizisten, „1:0 und C18-PI“ an Wände geschmiert. „C 18“ steht für „Combat 18“, eine Nazi-Terrorgruppe, die in England für Bombenanschläge verantwortlich zeichnet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen