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Rechtsextreme Oberamtsanwalt bei Demo der „Identitären“. Ministerium prüft„Seht die Fahne“

Hamburg taz | Beim Marsch der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) am 17. Juni in Berlin war mitten im Block auch ein Oberamtsanwalt aus Rostock. „Das Justizministerium geht den Hinweisen nach“, sagt Katja Riekers, Sprecherin des Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern der taz.

In Rostock ist Lars G. bei der Staatsanwaltschaft per Amtsdefinition für kleine und mittlere Kriminalität zuständig. Er muss über Anklagen von Körperverletzungen bis zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz entscheiden.

Einen Tag nach dem Aufmarsch in Berlin postete der 50-Jährige bei Facebook ein Gedicht: „Heraus! Strebt nach vorne, seht die Fahne, wie sie euch die Richtung weist.“ Im März schwärmte der Staatsdiener von der „Kontrakultur“, ein Synonym für die Identitären in Mecklenburg-Vorpommern: „Sie öffnet Türen, weil sie neu ist, unverdorben und voller Spannung.“

Seit 2012 ist die Identitäre Bewegung in Deutschland aktiv, seit 2016 wird sie vom Bundesverfassungsschutz beobachtet. Mit inszenierten Provokationen versuchen die überwiegend jungen Anhänger Diskurse in der Mitte der Gesellschaft zur Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik zu befeuern. Aktuell wollen sie mit einem eigenen Schiff im Mittelmeer die Rettung von Geflüchteten verhindern.

Bereits am 6. Dezember 2015 schwärmte Lars G. in einem Leserkommentar auf der Website des neurechten Magazins Sezession über IB-Wortführer Martin Sellner. Der entfache „wieder die Flamme der Hoffnung, dass es doch noch eine Chance auf ein Morgen für unser Volk und Land geben kann, wenn man nur bereit ist, den Kampf dafür nicht aufzugeben.“

Auf der Facebook-Seite des IB-Vorsitzenden Daniel Fiß, geht Oberamtsanwalt Lars G. dann, gemeinsam mit Fiß, Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) an – wegen dessen „Antidiskriminierungsgesetz“: „Das Prinzip des ‚vorauseilenden Gehorsam‘ lässt Kritik an den ab­strusesten Ideen des Gottkönigs (= Fachminister) gar nicht erst aufkommen“.

Zusammen mit Aktivisten der Identitären Bewegung besuchte G. am 7. Juli einen Vortrag im Haus der Burschenschaft Redaria Allemannia, an dem auch der Landtagsabgeordnete der AfD, Holger Arppe, teilnahm. Wenige Tage später zeigte sich der Oberamtsanwalt mit ehemaligen NPD-Aktivisten vor dem neuen Hausprojekt der Identitären.

„Ob und welche dienstrechtlichen Konsequenzen sich ergeben, kann gegenwärtig noch nicht beurteilt werden“, sagt die Sprecherin des Justizministeriums. G. selbst war für die taz nicht zu erreichen.

Andreas Speit,Andrea Röpke

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