Rechtsextreme Kampfsportler Knockout51: Razzien gegen Neonazi-Schläger
In Thüringen stehen vier Neonazis der Kampfsporttruppe Knockout 51 vor Gericht. Nun gab es erneut Razzien gegen weitere Unterstützer ihrer Gruppe.
Die Gruppe um den Kampfsportler und Szenewirt Leon R. hatte sich bereits vor Jahren in der Thüringer Stadt zusammengetan und versucht, dort einen „Nazi-Kiez“ durchzusetzen. Immer wieder fiel sie mit schweren Gewalttaten auf, gegen vermeintlich Linke oder auch Polizisten. Schon im April 2022 war die Bundesanwaltschaft gegen die Gruppe vorgegangen, hatte Anführer Leon R. und drei Mitstreiter festnehmen lassen. Seit August steht das Quartett nun vor dem Oberlandesgericht Thüringen in Jena. Der Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Laut Staatsanwaltschaft Gera und Landeskriminalamt wird den nun durchsuchten Rechtsextremen, 16 bis 59 Jahre alt, ebenfalls die Mitgliedschaft oder Unterstützung von Knockout 51 vorgeworfen. Sie sollen versucht haben, die Gruppe fortzuführen. In einigen Fällen, wie dem nun festgenommenen 21-jährigen Eisenacher, geht es auch um Gewaltdelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz.
Nach taz-Informationen befinden sich unter den Durchsuchten auch die Schwester und Mutter von Knockout 51-Anführer Leon R. Bei dem festgenommenen 21-Jährigen handelt es sich um den Eisenacher Florian O. Er soll zur „Jugend“ von Knockout 51 gehört haben und sich etwa an einem Überfall auf eine Silvesterparty Ende 2021 beteiligt haben, bei dem Gäste bewusstlos geprügelt wurden. Im März 2022 soll Florian O. zudem mit anderen Knockout-Mitgliedern einen Mann nahe einer Turnhalle zusammengeschlagen haben, der zuvor eine Frau als Rechtsextremistin bezeichnet hatte.
Zunächst sogar Terrorvorwürfe
Ziel der Durchsuchungen ist laut Staatsanwaltschaft auch das Auffinden von Beweismitteln, die insbesondere die Beteiligung der Beschuldigten an der kriminellen Vereinigung belegten. Nach taz-Informationen hatte gegen einige der 12 Durchsuchten bereits die Bundesanwaltschaft ermittelt, diese Fälle aber an die Staatsanwaltschaft Gera abgegeben. Gegen andere Betroffene hatte originär die Geraer Behörde ermittelt.
Durchsucht wurde auch erneut das „Flieder Volkshaus“ in Eisenach, die Landeszentrale der „Heimat“-Partei, einst NPD. In dem Gebäude hatte Knockout 51 einst seine Kampfsporttrainings abgehalten. Bis zuletzt hatte es dort Rechtsrockkonzerte gegeben, das jüngste erst am Wochenende. Auch gegen den Betreiber des Volkshaus und Landeschef von „Die Heimat“, Patrick Wieschke, wird im Komplex „Knockout 51“ ermittelt. Er soll aber nicht zu den Durchsuchten am Mittwoch gehört haben.
Gegen das Führungsquartett von Knockout 51 um den 25-jährigen Leon R. hatte die Bundesanwaltschaft zunächst sogar Terrorvorwürfe erhoben: Sie hätten sich stetig radikalisiert und am Ende geplant, im Falle von Auseinandersetzungen mit Linken diese auch zu töten. Das Oberlandesgericht Jena ließ aber nur eine Anklage mit dem Vorwurf einer kriminellen Vereinigung zu.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte der taz, die Maßnahmen zielten auf die zweite Generation von Knockout 51 und auf besonders gewaltbereite Personen. „Wir erhöhen den Druck auf rechtsextreme Strukturen weiter.“
Die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss begrüßte die Razzien am Mittwoch. Sie seien „folgerichtig, auch wenn es unverständlich bleibt, warum ein konsequentes Vorgehen gegen diese Bestrebungen jahrelang ausgeblieben ist“. Nun bestätige sich, dass Knockout 51 nicht zerschlagen gewesen sei, so König-Preuss. Der Druck auf die Szene müsse jetzt „aufrechterhalten bleiben“.
Antifa-Gruppen hatten früh vor der Gewalt von Leon R. und Knockout 51 gewarnt. Im Oktober und Dezember 2019 hatten Autonome dann versucht, R. in Eisenach zu attackieren und dabei mehrere Rechtsextreme verletzt. Für die Angriffe wurde die Gruppe um die Leipzigerin Lina E. zu Haftstrafen verurteilt.
Erst vor anderthalb Wochen hatten Antifa-Gruppen erneut in Eisenach gegen rechtsextreme Gewalt und die fortgesetzten Rechtsrockkonzerte protestieren wollen. Die Demonstration wurde aber kurzfristig abgesagt, nachdem die Gruppe „Young Struggle“, die der türkischen MLKP nahesteht, ihre Anreise angekündigt hatte. Diese hatte zuvor das Hamas-Massaker gegen Israel als palästinensischen „Befreiungsschlag“ gefeiert. „Man kämpft nicht mit Antisemit*innen gegen den Faschismus“, erklärte das Demo-Bündnis darauf. Man werde vor Ort aber weiter „kämpfen“, Antifaschismus in Eisenach bleibe notwendig.
Aktualisiert am 29.11.2023 um 18:25 Uhr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen