Rechte in sächsischen Kreistagen: Kniff hilft gegen NPD-U-Boote
In Nordsachsens Kreistag verhindern Demokraten, dass Rechte durch Fremdstimmen in Ausschüsse einziehen. Andernorts ist der Schaden nicht so leicht behebbar.
Es geht auch anders. Am Dienstagabend hat sich der Kreistag Nordsachsen in Torgau mit Hilfe eines Verfahrenstricks selbst vor heimlichen NPD-Sympathisanten anderer Parteien geschützt.
Ende August hatte Landrat Michael Czupalla (CDU) die Wahlen zur Besetzung der Kreistags-Ausschüsse unterbrochen und angefochten. Zwei NPD-Vertreter waren in Ausschüsse gewählt worden - jeweils mit mehr Stimmen als die Partei Mandate hat. U-Boote aus einer oder mehreren anderen Fraktionen müssen für die NPD gestimmt haben.
Vor der Wiederholungssitzung einigten sich nun alle demokratischen Fraktionen auf eine Einheitsliste, so dass statt des Verhältniswahlrechtes das Mehrheitswahlrecht zur Anwendung kam. Die Sächsische Gemeinde- und Landkreisordnung erlaubt eine Mehrheitswahl, wenn zuvor kein Einvernehmen über Ausschussbesetzungen erzielt oder nur ein Wahlvorschlag eingereicht wurde. Alle Fraktionen jenseits der vierköpfigen NPD-Gruppe zogen daraufhin ihre Einzelvorschläge zurück. Auf der gemeinsamen Liste in Rangfolge der Fraktionsstärke rangierte der NPD-Vertreter erst auf dem letzten Platz 16 bei 15 zu vergebenden Ausschussplätzen. In einem langwierigen Verfahren wurden die demokratischen Vertreter jeweils einzeln mit Mehrheit geheim gewählt. Wie wichtig dieses Verfahren war, zeigt das Wahlergebnis: NPD-Kandidaten erhielten erneut ein bis zwei Stimmen mehr als die Partei Mandate hat, was nach dem alten Modus wiederum zu einem Ausschuss-Sitz gereicht hätte. Die NPD sprach inzwischen von einem "Rechtsbruch", weil sie der Einheitsliste widersprochen hatte, und legte Beschwerde bei der Landesdirektion Leipzig ein.
"Wir können es uns nicht leisten, dass die NPD den Kreistag auf Monate lahm legt", lobte der Linken-Fraktionschef Michael Friedrich insbesondere die Konsensbereitschaft der CDU. Im August hatte der CDU-Fraktionsvize Roland Märtz in der taz sowie einer Lokalzeitung angekündigt, NPD-Anträge nicht einfach abzulehnen, nur weil sie von den Rechtsextremen kämen.
Das in der Sachsen bislang einmalige Verfahren vom Dienstagabend könnte auch als Vorbild für die am heutigen Donnerstag anstehende Konstituierung des Landkreises Erzgebirge in Annaberg dienen. Denn Nordsachsen ist kein Einzelfall "in einem gefährlichen Normalisierungsprozess, mit dem die NPD hoffähig gemacht wird", wie Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Landtags-Linksfraktion es nennt. In bisher fünf von zehn sächsischen Landkreisen erhielt die NPD bei Wahlen zu Ausschüssen und anderen Gremien mehr Stimmen, als sie Abgeordnete stellt. Im Kreis Meißen erhielten NPD-Bundesvize Holger Apfel und die Kreisräte Peter Scheibe und Mirco Beier zwischen drei und fünf Fremdstimmen als Kandidaten für die Beiräte der ARGE, der Sparkasse und der Sportstiftung. Im Kreis Zwickau verbuchten NPDler bis zu sechs Stimmen anderen Fraktionen. Im Vogtland gelangte der NPD-Kandidat dank "nur" einer Fremdstimme in den Kreisausschuss.
Höhepunkt war bislang die Zustimmung einer Stadtratsmehrheit in Dresden zu einer vom "Nationalen Bündnis" beantragten Gedenkminute am 11. September. Den fünf beteiligten Mitgliedern der Linksfraktion.PDS drohen jetzt Konsequenzen. Die Fraktion entstand 2007 nach dem Streit in der ehemals gemeinsamen Linken über den Verkauf städtischer Wohnungen. Der Stadtvorstand der Linken forderte nun die fünf zum Parteiaustritt und zur Rückgabe ihrer Mandate auf. Ihrem prominentesten Vertreter Ronald Weckesser droht am Donnerstag der Ausschluss aus der Landtagsfraktion. Die ist allerdings wegen der Verdienste des Finanzfachmannes gespalten. Ingrid Mattern, ebenfalls zugleich Landtagsabgeordnete, hatte dem NB-Antrag nicht zugestimmt. Aus Protest gegen das Verhalten ihrer Kollegen verließ sie die Linksfraktion.PDS im Stadtrat.
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