Rechte in Nürnberg: Gemeinsam gegen die Straße
Die Nürnberger „Straße für Menschenrechte“ sieht sich zunehmender Gewalt von rechts und einer zweifelhaft agierenden Polizei ausgesetzt.

Vor einer Woche zogen sie unter dem Namen „Gemeinsam für Deutschland“ (GfD), zeitgleich zu bundesweit stattfindenden Demos, mit rund hundert Personen durch Nürnberg in die Straße der Menschenrechte, in der der israelische Künstler Dani Karavan auf Säulen die Menschenrechte in verschiedenen Sprachen verewigt hat.
Gestört durch Sitzblockaden von Antifaschist*innen, die sich dem jeden Montag in den Weg setzen. Dabei zertrümmerte ein USK-Beamter den Ringfinger von Daniel L. mit einem Knüppel. In der kurzen Pressemitteilung der Polizei von Samstag war weder davon noch von einer verletzten Polizistin, die mit einer Stange am Oberarm verletzt worden sein soll, die Rede. Die Aktivisti, mit denen die taz sprach, werfen der Polizei vor, einen Krankenwagen nicht passiert haben zu lassen bzw. diesen nicht gerufen zu haben. Die Polizei wiederum behauptet, eine Sitzblockade hätte den Krankenwagen nicht durchgelassen.
Ausschuss
Diese Ereignisse waren am Mittwoch zwei Stunden lang Thema im Ausschuss der Stadt Nürnberg gewesen. Es wurde gefragt, wie zukünftig derartige Demonstrationen auf der Straße der Menschenrechte verhindert werden können. Außerdem wurde die Polizeigewalt thematisiert. Den Antworten, die der Einsatzleiter, Polizeidirektor Stefan Thiele, gab, widersprachen allerdings Aussagen von Zeug:innen vor Ort.
Die Parteien schienen sich bis auf den Vertreter der AfD einig, dass sie zukünftig derartige Aufmärsche in der „Straße der Menschenrechte“ verhindern wollen. Allerdings entstand dabei häufig der Eindruck durch CSU, FDP und Rechtsdirektor Olaf Kuch vom Nürnberger Ordnungsamt, dass die Antifaschist*innen und ihr gewaltfreier, ziviler Ungehorsam das Problem seien und nicht die Neonazis, die seit Monaten jeden Montag die Innenstadt Nürnbergs in einen Ausnahmezustand versetzen.
Kuch sagte, es seien im Vorfeld Absprachen mit dem Germanischen Nationalmuseum getroffen worden. Doch: Besucher*innen fanden sich beim Verlassen des Museums zwischen Neonazis und Hamburger Gittern in der Straße der Menschenrechte wieder, während Krystztof Malowaniec (AfD) Antifaschist*innen drohte, dass sie als Verbrecher zur „Rechenschaft gezogen werden würden“, wenn seine Partei an der Macht sei. Ein Pressevertreter wurde von Ordnern und Demonstrierenden abgedrängt.
Spontaner Protest
Ulli Schneeweiß vom Bündnis Nazistopp kritisiert die Abriegelung ebenfalls, da „rein rechtlich spontaner Protest an dieser Stelle eine schützenswerte Versammlung darstelle, er aber in Hör- und Sichtweite in der Straße der Menschenrechte unterbunden wurde.“
Laut Kuch „ist der Vorwurf eines Versäumnisses … oder gar eines ‚Tabubruchs‘ nicht gegeben.“ Allerdings bestätigten weder das Ordnungsamt noch das GNM, dass es im Vorfeld gemeinsame Überlegungen gegeben hätte, den Aufzug zu unterbinden.
Kuch begründete, dass die Veranstaltung nicht untersagt werden konnte, weil die Anmelder einen „Bezug zur Ermordung von Charlie Kirk … und zur Säule der Meinungsfreiheit genommen hätten“ und, „dieser Bezug ist rechtlich nachvollziehbar… “ Was die Ermordung eines Rechtsextremen durch einen anderen Rechtsextremen mit dem Artikel 20 der Erklärung der Menschenrechte zu tun hat, erklärte er auch auf Anfrage nicht.
Keine Kunst
Das GNM, das das Urheberrecht und Anliegen des Künstlers Dani Karavan vertritt, untersagte bereits mehrfach Künstler*innen, in der „Straße der Menschenrechte“ Kunstaktionen durchzuführen. Leider beantwortete das GNM die Frage nicht, ob es unabhängig von der Stadt Nürnberg bzw. dem Ordnungsamt prüfe, ob es zukünftig so etwas wie den Aufmarsch Rechtsextremer bzw. eine Kundgebung an einer Säule der Menschenrechte verhindern könne.
Am Ende der Tagung des Ausschusses wartete ein Dutzend Personen von TMR auf die ebenfalls anwesenden „Omas Gegen Rechts“ und andere Antifaschist*innen. Die Wortführerin des TMR, Astrid Hartmann, zeigte dabei mit ihren Fingern das rassistische white power Zeichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert