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Rechte im FußballEintracht Braunschweig schließt die Augen

Eintracht Braunschweig redet sein Problem mit rechten Fans im Stadion klein. Das Fanprojekt arbeitet aber schon an Gegenmaßnahmen.

Nur mit Polizeischutz: Anti-Rechts-Demo beim Eintracht-Spiel. Bild: Initiative

HAMBURG taz | Auf dem Rasen läuft es für Eintracht Braunschweig bestens: Am kommenden Sonnabend kann sich die Fußballmannschaft wieder der Ersten Bundesliga nähern. Überhaupt: Positive Nachrichten übers Sportliche zu verbreiten, ist der Club in dieser Saison gewohnt. Kritische Fragen über Fangruppen dagegen beantwortet er nicht so gern. „Der Verein tut sich da schwer“, sagt Reinhard Koch, Geschäftsführer der „Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt“ (Arug) in Braunschweig. Dabei träten im Stadion durchaus rechte Fangruppen auf.

Schon seit gut drei Wochen wird in Verein und Fangruppen über rechtsextreme Anhänger gestritten, und das durchaus kontrovers. Dabei lässt sich die Existenz rechter Gruppen im Stadion gar nicht leugnen: Am 6. Oktober etwa hatten rund 100 Eintrachtfans der Gruppe „Ultras Braunschweig“ und der „Initiative gegen rechte Hooligan.Strukturen“ beim Spiel gegen den VfL Bochum das Transparent „Keine Eintracht mit Nazis“ hochgehalten. Sie konnten das Stadion nur unter Polizeischutz verlassen, weil sie von rechten Fans bedroht wurden.

Im Vorfeld der Aktion hatte die Initiative eine 80-seitige Broschüre über Vernetzungen rechter Hooligans bei Eintracht veröffentlicht. „Alle Abteilungen des Vereins überprüfen die Angaben“, sagte Eintracht-Sprecherin Miriam Herzberg der taz nach dem 6. Oktober. Auf neuerliche taz-Nachfragen teilte Herzberg jetzt mit: „Es gibt außer dem Interview, das seit dem 10. Oktober auf unserer Website steht, derzeit nichts weiter zu kommunizieren.“

Die Antworten in jenem Interview mit Sebastian Ebel, dem Präsidenten des Gesamtvereins und Aufsichtsratsvorsitzenden der Fußball-Abteilung von Eintracht Braunschweig, sowie Eintracht-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt werfen aber etliche Fragen auf. Da heißt es zum Beispiel, dass die Ultras wegen 2008 ausgesprochener Stadionverbote nun versuchten, dem Verein und seinen Fans „mit Unterstützung politischer Organisationen ein Naziproblem in Fankreisen zu unterstellen“. Antworten auf konkrete Fragen bleiben aber vage. Auch auf die taz-Frage, ob der Verein die Existenz rechter Fans bestreite oder ob im Ordnerdienst Rechtsgesinnte seien, antwortete die Vereins-Pressestelle nicht, sondern verwies auf Arug und Polizei. Arug-Geschäftsführer Koch räumt zwar ein, dass die Broschüre auch alte Beispiele aufführe. Doch „eine aktive rechte Fanszene besteht bis heute“. Der Verein sei wohl „mit der Auseinandersetzung etwas überfordert“.

Denn nicht bei jedem Spiel träten die rechten Fans sichtbar auf. „Die Gruppen kommen nicht immer mit Bannern, auf denen ihre Namen prangen“, sagt Koch. Auch klare politische Insignien wie Reichskriegsfahnen zeigten sie nicht. Bei solchen Auftritten werde auch eingeschritten, sagt Koch.

Erst in dieser Woche habe sich das „Fanprojekt Braunschweig“ mit der Arug darüber ausgetauscht, wie man auf die rechte Szene einwirken könne. „Das Fanprojekt hat schon vor der Veröffentlichung der Broschüre einiges gegen rechte Fans getan“, sagt Koch, denn dort werde das Problem ernst genommen. Mit einem Mix aus gezielter Ansprache rechter Fans, Schulungen beim Verein und Sanktionen wolle man der Szene entgegen treten. Die Broschüre der Inititative habe schon dazu geführt, dass sich Fans gemeldet hätten, die die Szene verlassen wollten.

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10 Kommentare

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  • EF
    Eintracht Fan

    Es sollte ein Thema unserer gesamten Gesellschaft sein wenn rechte Gewalt stattfindet und sogar verharmlos wird! Solidarität mit den betroffenen! Wenn die Geschäftsführung nicht langsam einen Wandel vollzieht blamiert sie uns endgültig vor der gesamten Republik!

  • U
    Uve

    @schlaukopf

    Wenn Sie der Verein nicht interssiert, warum kommentieren Sie dann hier?

    Im Übrigen, mit was schädigt man eine Person oder auch einen Verein heutzutage am schwersten?

    Ja richtig, mit der Nazikeule.

    Das wussten auch die Ultras. Der Rest ist - leider in diesem Land - ein Selbstläufer.

  • S
    schlaukopf

    klar, die verschwörung gegen eintracht braunschweig! als ob irgendwen der nicht in dieser dunkelprovinz des westens haust dieser ka**verein mit seinen fans die anscheinend geistig in der 8ten klasse verblieben sind, interessieren würde. weiter so "Braunschweiger" mit solch geistreichen Kommentaren!

  • W
    weißnich

    Interessant. Ich hatte von diesen rechten Strukturen noch nicht viel mitbekommen.

    Aber: Ich bin seit 15 Jahren Fan des 1. FC Magdeburg...

    Seit einiger Zeit habe ich von "Fanfreundschaften" von Anhängern beider Vereine gehört. Dieser Artikel passt da ins Bild...

    Nachtijall,...

  • U
    Urgestein

    Welchen "Mut"? Wenn es eines Beweises für die Eingangsthese "redet sein Problem mit rechten Fans im Stadion klein" bedurft hätte, SIE HABEN IHN GELIEFERT.

     

    Schönen Dank auch.

     

    Ach ja, die Welt ist ja sooo böse zu Euch armen braven Braunschweinen... äh.. will sagen Braunen Schweigern...

     

     

    http://vonnichtsgewusst.blogsport.de/

  • AB
    Auch Braunschweiger

    Das Problem ist auch nicht dass alle Fans rechts wären oder nur annähernd das Gros... das Problem ist, dass in der Broschüre konkrete Nazistrukturen benannt werden (Alte Kameraden, Exzess Boys, ...) die durch Fotos belegt rechtes Gedankengut zumindest nach Innen pflegen. Anstatt diesen Vorwürfen nachzugehen, schaltet der Verein auf stur und sieht sich in keinerlei sozialer Verantwortung, rechte Umtriebe einzudämmen. Vom Fanprojekt habe ich seit der Broschüre nix vernommen, aber da sie sich mit der arug zusammensetzen hoffe ich die haben kapiert, dass es Problerme gibt deren sie sich annehmen müssen.

  • B
    Braunschweiger

    Aha, es wird also munter weitergelogen. Egal, dass es keine rechten Strukturen in Braunschweig gibt (natürlich gibt es vereinzelt rechtsradiklae Fans, wie in jeder zufällig ausgewählten bevölkerungsgruppe), auch egal, dass sich das Fanprojekt und Verein immer eindeutig gegen Rassismus gestellt hat. (so z.B. auch gemeinsam mit dem Zentralrat der Roma und Sinti)Hauptsache man kann weiter gegen Eintracht Braunschweig hetzen. Erbärmlich von der Taz. Man sollte erkennen wann man belogen wurde, so z.B. von Martin Schmid und Hanna Faßhauer (die sich im grabe umdrehen würde, wenn sie wüßte wozu Ihr Name misbraucht wird.) Eine seriöse Zeitung würde zumindest nachrecherchieren, ob es die Quellen wirklich gibt.

     

    Mal sehen, ob Sie den Mut haben, den Kommentar freizuschalten. Ich halte es für unwahrscheinlich.

    • L
      Lübecker
      @Braunschweiger:

      Was wird denn konkret gelogen? Ich warte seit letztem Jahr darauf dass jemand die kurvenlage Broschüre auseinandernimmt und Fehler aufzeigt. Solange dies nicht geschieht und sogar noch von Polizei und ARUG bekräftigt wird, glaube ich die dort recherchierten Fakten und Fotos, da sie plausibel erscheinen. Es sind eben nicht nur einzelne Rechtsextreme. Ganze Hoolgruppen scheinen stramm rechts zu stehen und dem Rest der Fanszene ist es egal.

       

      Minna Faßhauer hat bestimmt auch keinen Bock mit Hanna angesprochen zu werden ;)

  • T
    Thomas

    Niemand hat bestritten, dass im EINTRACHT Stadion leider auch der eine oder andere (Neo-) Nazi herumläuft, es grenzt jedoh an Rufmord EINTRACHT Braunschweig zu unterstellen sie hätte dieses Problem für sich exclusiv. Darüber hinaus ist die unterschwellige Behauptung EINTRACHT Braunschweig unternimmt nichts gegen Rechtsextreme und bietet ihnen förmlich noch eine Heimat, eine bodenlose Frechheit !

     

    Ich bin sein Jahrzehnten EINTRACHT Fan und habe in unseeligen Zeiten ( 70./80.iger ) erleben müssen, dass sich „Glatzen“ schon ziemlich sichtbar im EINTRACHT Stadion zu erkennen gegeben haben. Diese Verwirrten findet man heute nur noch vereinzelt an der Hamburger Straße, keiner vermisst diese Typen.

     

    Die braune Brut ist nicht das Problem von EINTRACHT Braunschweig, die braune Brut ist ein gesellschaftliches Problem … und das ist nicht, im Gegensatz zu ihren abenteuerlichen Theorie nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern wissenschaftlich belegt.

    EINTRACHT selbst, das Fanprojekt und der Fanrat verrichten (auch) "gegen rechts" in Braunschweig einen hervorragenden und anerkannten Job. EINTRACHT ist eine Institution in und um Braunschweig herum, die sich einen hervorragenden Ruf, inn- und außerhalb der Fußballszene, in den letzten Jahren erarbeitet hat. Alle hauptamtliche und ehrenamtlichen Mitarbeiter, alle Sportler, Mitglieder und alle Fans der EINTRACHT sind auf die Entwicklung der letzten Jahre unheimlich stolz – warum treten sie das mit den Füßen ? Schlimmer noch, fast drei Wochen nach der ersten Veröffentlichung, treten sie (wider besseren Wissens ?) auch noch nach. Im Fußball erhält man für diese besondere Form der Unfairness die Rote Karte, im Journalismus hilft da wohl nur Liebesentzug.

     

    Nicht nur ich persönlich bin gegen jede Form von Extremismus ( schlimm genug das an das hier schreiben "muss" ) , nicht nur ich distanziere mich ausdrücklich gegen jede Form von Diskriminierung, Gewalt und Unterdrückung, das tun 99,5 % aller Fußball Fans übrigens auch … und das nicht nur in Braunschweig … unglaublich, oder ?

  • PB
    Paul Breitner

    Liebe taz,

     

    schade, dass Ihr die Chance vertan habt, das Bild wieder in realistische Bahnen zu lenken. Noch immer werden Halbwahrheiten mit einer tatsächlich vorhandenen Vergangenheit vermischt, so dass das gewünschte (?) Bild der Eintracht-Anhängerschaft entsteht. Nochmals: In jeder heterogenen Fankurve gibt es AUCH Nazis. Da unterscheidet sich die Eintracht nicht von Vereinen wie dem HSV, Hertha, den Bayern oder auch - jetzt macht bitte nicht die Augen zu - St. Pauli! Dass ein Nazi einer zu viel ist, da wird wohl jeder zustimmen. Dass man allerdings keine Handhabe dagegen hat, dass sich eben auch Nazis ins Stadion verirren, dürfte auch der unbedarften taz-RedakteurInn klar sein. Entsprechend wird übrigens im Eintracht-Stadion nahezu jeder dem Slogan „Keine Eintracht mit Nazis“ unterstützen (die Frage ist natürlich, von wem dieser kommt!).

     

    Es wäre in der Sache hilfreich gewesen, wenn die RedakteurIn ihre/seine Arbeit in adäquater Form erledigt hätte und auch ihrer/seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nachgegangen wäre (Wurde das Fanprojekt oder der Eintracht-Fan-Rat zu diesem Thema konkret befragt? Offenbar nicht. Ich habe jedenfalls im Artikel keine Statements gelesen.). Dann wäre nämlich aufgefallen, dass die hier fast zu Märtyrern hochstilisierten "Ultras Braunschweig" überaus braune Wurzeln haben (Stichwort: Tragen und Verkauf Thor Steinar-Bekleidung sowie rassistische Sprechchöre, die interessanterweise nicht mehr vernommen wurden, als genau diese Ultras aus der Kurve verdrängt wurden).

     

    Es ist bedauerlich, dass sich die taz als Qualitätszeitung der Geltungssucht dieser vermeintlichen Eintracht-Fans (Eigenbezeichnung: Ultras, no fans!) auf den sprichwörtlichen Leim gegangen ist. Noch bedauerlicher ist, dass aufgrund dieser Berichterstattung die vielen Tausend Eintracht-Fans und der Verein kollektiv in das rechte Eck gestellt werden. Ein Generalverdacht entspricht dem Niveau Eures Nachbarn in der Rudi-Dutschke-Straße. Ich hoffe, dass die taz den "Springer"-Pfad wieder verlässt und diese überaus wichtige Diskussion wieder mit der ihr gebotenen jounalistischen Sorgfalt begleitet.

     

    Setzt die taz (und einige andere Medien) diesen einseitigen Weg fort, führt das mit Sicherheit zu Trotzreaktionen unter einigen "Unterbelichteten" in der Kurve (es ist halt der Querschnitt der Gesellschaft) und animiert insbesondere die Nazis, zukünftig Präsenz im Stadion zu suchen, da diese eine entsprechende Bühne in den Medien verspricht. Außerdem wird das in den letzten Jahren in Braunschweig unter den Fans stetig und rascher wachsende zarte Pflänzchen der Toleranz, des Anti-Rassismus und des Anti-(Rechts)Extremismus mit einem Schlag zertreten.

     

    Beste Grüße eines Eintracht-Fans

     

    P.S.: Zu der derzeitigen Kampagne fällt mir noch ein: Cui bono?