piwik no script img

Rechte für Menschen mit BehinderungInklusion ist ein Menschenrecht

Gastkommentar von Alexander Ahrens

Wohnraum muss barrierefrei sein, damit Menschen mit Behinderung selbstbestimmt leben können. Doch das scheitert zu oft an hohen Kosten.

Ob dieser Junge ein selbstbestimmtes Leben führen wird, hängt von Politik und Gesellschaft ab Foto: imago

S eit 12 Jahren ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Durch diese werden Menschen mit Behinderung gleichwertige Lebensverhältnisse und Chancengleichheit zugesichert. Dabei handelt es sich keineswegs um Sonderrechte. Es sind Menschenrechte, die den Lebensumständen behinderter Menschen Rechnung tragen.

Dazu gehören natürlich auch die freie Wahl des Wohnortes, der Wohnform, des Arbeitsplatzes – für nichtbehinderte Menschen meist selbstverständliche Lebensrealität. Die letzten Legislaturperioden waren jedoch eine schallende Ohrfeige für behinderte Menschen. Selbstbestimmt mit Assistenz in der eigenen Wohnung leben zu können, steht immer noch unter Kostenvorbehalt. Behinderte Menschen müssen mit ihrem Vermögen und Einkommen diese Assistenz und Selbstbestimmung erkaufen.

Ist das teurer, heißt es oft: „Ab ins Heim!“ Auf Plakaten wird das Thema Behinderung als Mahnung, Bedrohung und Schicksalsschlag diffamiert: Fährst du zu schnell Auto – Rollstuhl. Lässt du dich nicht impfen – Rollstuhl. Trinkst du zu viel Bier – Rollstuhl. Hört endlich auf, Behinderung abzuwerten. Hört endlich auf, behinderten Menschen ein selbstbestimmtes Leben abzusprechen. Sperrt sie nicht in Heime, sondern sorgt für mehr barrierefreien, bezahlbaren Wohnraum, bessere Unterstützungsformen und echte Wahlfreiheit.

Alexander Ahrens

ist Geschäftsführer der Interessen­vertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland e. V., Dachorganisation der Zentren für selbst­bestimmtes Leben behinderter Menschen.

Lasst Menschen im Rollstuhl nicht vor 6 Uhr am ICE auf dem Bahnsteig ohne Einstiegshilfe stehen, sondern veranlasst den Bau stufenloser Züge. Lasst Apps auf dem Smartphone so programmieren, dass blinde Menschen alleine eine Pizza bestellen können. Hört auf damit, neue Sonderschulen, Behindertenwerkstätten und Wohnheime zu bauen – in denen am Ende gefoltert und gemordet wird.

Wir fordern echte Teilhabe und Mitbestimmung, statt einer einrichtungsorientierten Fürsorgepolitik, die behinderte Menschen in ihren Rechten beschneidet und sie um ihre Existenz bangen lässt. Behindertenpolitik, die keine Menschenrechtspolitik ist, ist keine Behindertenpolitik!

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare