Rechte Polizisten, Seehofer und AKK: Dümmer als erlaubt
Seehofer findet raus, dass Rechtsextremismus verboten ist, lobt sich für Geflüchtetenaufnahme. Und AKK will Schwule beim Bund vom Outing überzeugen.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: SPD-Comedian Karl Lauterbach plädiert für Haschisch-Freigabe.
Und was wird besser in dieser?
SPD kann es gebrauchen.
In Nordrhein-Westfalen wurden 30 Polizisten vom Dienst suspendiert, weil sie in Chats rechtsextremes Gedankengut posteten. NRW-Innenminister Herbert Reul ist „fassungslos“, der Vorgang mache ihn „sprachlos“. Wie viel Schock verträgt ein Land?
Reul mal wieder dümmer, als die Polizei erlaubt. Beziehungsweise sein Chef Seehofer: Der hatte herausgefunden, dass Rassismus und Rechtsextremismus verboten seien bei der Polizei und es sie deshalb auch nicht gebe. Interessantes Detail: Die Arbeitsgemeinschaft Kritischer PolizistInnen in der NSdAP flog auf, weil gegen einen von ihnen wegen „Geheimnisverrats“ an Medien ermittelt wurde. Die polizeiinternen Kontrollen finden also eher einen Whistleblower als 30 Nazis. Bald werden Reul und Seehofer eine Polizeistudie wünschen, um nachzuweisen, dass es dort auch weiße Schafe gibt. Diese Studie fordert der EU-Menschenrechtskommissar seit 2010, wie auch eine „unabhängige Polizeibeschwerdestelle“. Doch unter 110 geht keiner dran.
Innenminister Seehofer lobte sich vergangene Woche für die Aufnahme von 1.500 Flüchtlingen. Da beansprucht einer Lorbeeren, die er nicht verdient hätte, oder?
Kanzlerin Merkel erklärte, das Dublin-Abkommen sei gescheitert, doch die Gespräche der Innenminister über eine gerechtere Nachfolgeregelung „laufen gar nicht so schlecht“. Das war allerdings 2015. Damals überzeugte Deutschland die europäischen Partner nicht, heute ist man einen Schritt weiter: Man überzeugt nicht mal mehr eigene Parteifreunde wie Österreichs ÖVP-Kurz. Seehofer deutet an, man könne Zahlungen der EU mit Geschmeidigkeit gegenüber Flüchtlingen verknüpfen. Machen ist wie wollen, nur krasser.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich für die jahrelange Diskriminierung homosexueller Männer bei der Bundeswehr entschuldigt. Betroffene Soldaten will sie entschädigen. Problem gelöst?
Klar, schwule Soldaten mussten sich von der Gründung 1955 bis zur endlichen Reform Scharpings 2000 verstecken. Wenn sie jetzt Entschädigung und Rehabilitierung wollen, müssen sie sich outen. Das spricht nicht gegen den Plan der Verteidigungsministerin, aktenkundige Fälle nun ins Recht zu setzen. Und ich kriege es nicht übers Herz, mir unter den Werbeplakaten der Bundeswehr auch eines mit Regenbogen zu wünschen. Schwule sollten nicht zur Bundeswehr, weil sie nicht wollen; nicht, weil sie nicht dürfen.
Alexander Lukaschenko hat angekündigt, die Grenzen zu Polen und Litauen dichtzumachen. Die beiden Länder würden einen Krieg vorbereiten. Wird da gerade der antifaschistische Schutzwall wiederbelebt?
Lukaschenko beschwört einen Krieg herauf, indem er ihn zu verhindern behauptet. Das sollte bitte dumm genug sein, damit selbst Putin ihn fallen lässt.
Paris hält an den sogenannten Pop-up-Radwegen fest, die in der Coronakrise eingerichtet wurden. Kann sich die Berliner Regierung ein Beispiel daran nehmen?
Müsste es den ADAC nicht irritieren, wenn seine letzten Bündnispartner in der Politik AfD und FDP sind? Der Berliner Senat rempelt schon ein paar ablehnende Gerichtsurteile, um die plötzlichen Radwege zu erhalten. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags legt in einem Gutachten dar, warum die Straßenverkehrsordnung mehr provisorische Radwege hergibt. Kann man Minister Scheuer per Radkurier schicken.
Das erste Mal seit 1986 werden wieder mehr Vinyl-Schallplatten verkauft als CDs. Wie groß ist Ihre Plattensammlung?
Auf den Platten sind „die guten Stellen mit dem Schraubenzieher angekreuzt“, doch von den Albumhüllen trenne ich mich nur schwer. Übrigens macht Vinyl mehr Umsatz, weil die Platten teurer sind; CDs erreichen höhere Stückzahlen und beide zusammen richten nichts mehr gegen Streaming aus. Der Schuss Daten ins Ohr ist nostalgieuntauglich; es stiehlt unseren Enkeln die Wehmut.
Die australische Airline Qantas bietet Niedrigflüge über Sehenswürdigkeiten an, um das Geschäft anzukurbeln. Innerhalb von zehn Minuten war der erste Flug ausverkauft. Auch was für Sie?
Segelflug wäre ich dabei.
Und was machen die Borussen?
Der BVB erzielt 10 Prozent seiner Einnahmen aus dem Ticketing. Diesmal also ein Prozent bei 9.300 Zuschauern. Das ist so unfassbar egal, wenn der Ton der Süd in der Radiokonferenz wieder stimmt. Fragen: degi, eaz
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