Rechte Demo zum 3. Oktober in Berlin: Köthen und Chemnitz gaben Auftrieb

Über 1.000 Menschen kamen zur rechten Demo – und sangen alle Strophen des Deutschlandlieds. Die Polizei löst Blockaden von Gegendemonstranten auf.

An einer grauen Hausfassade hängt ein Schild auf dem Ohne Nazis steht

Gegendemonstranten gab es nicht nur auf der Straße Foto: dpa

BERLIN taz | Reisende, die an diesem 3. Oktober am Berliner Hauptbahnhof ankommen, werden von einem Meer von Deutschlandfahnen begrüßt. Das gehört allerdings nicht zu den Einheitsfeierlichkeiten, sondern zu Menschen mit einer sehr speziellen Vorstellung davon, wie dieses Deutschland denn aussehen soll: Die rechtsextreme Organisation Wir für Deutschland um den Aktivisten Enrico Stubbe aus Berlin-Marzahn hatte für diesen Tag zur „Patriotischen Großdemonstration“ aufgerufen.

Rund 1.000 Menschen und damit so viele wie angemeldet folgten diesem Aufruf. Für die Rechtsextremen ein kleiner Erfolg: Die Aufmärsche von Wir für Deutschland, die seit Frühjahr 2016 alle paar Monate in Berlin stattfinden, hatten zuletzt nur noch wenige hundert Teilnehmer angezogen.

Neben dem attraktiven Datum dürften die auch Ereignisse der letzten Wochen der Mobilisierung Auftrieb gegeben haben: Die Aufmärsche in der sächsischen Stadt Chemnitz und dem anhaltinischen Köthen wurden auch in Berlin und Brandenburg in der rechten Szene als Erfolg verbucht. Der Brandenburger Rechtsextremist Kay Hönicke, neben Enrico Stubbe eine der zentralen Figuren von Wir für Deutschland, hatte in Chemnitz als Redner für die Demonstration in Berlin geworben.

Das Spektrum, das sich an diesem Mittwochnachmittag am Europaplatz vor dem Hauptbahnhof versammelt, hat selbst auch Ähnlichkeiten mit dem, was sich zuletzt auf den Straßen in Chemnitz traf: Junge, aktionsorientierte Neonazis stehen Seite an Seite mit älteren Menschen, die die Bezeichnung „Nazi“ empört von sich weisen.

Polizei räumt Sitzblockaden

Auch einige Chemnitzer Rechtsextremisten sind gekommen. Es ist weniger das straff organisierte Neonazi-Kameradschaftsspektrum, das man in Berlin zuletzt beim Rudolf-Heß-Gedenkmarsch im August erleben konnte, sondern eher etwas loser organisierte Zusammenhänge mit Überschneidungen zur Hooliganszene. Doch auch Szenegrößen wie der ehemalige Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke sind vor Ort.

Rund um die Kundgebung am Hauptbahnhof schreien sich die überwiegend jungen GegendemonstrantInnen die Seele aus dem Hals. Hier sind sie in der Unterzahl, allerdings hatte es auch keine größeren Aufrufe zu Protest an dieser Stelle gegeben. Weiter nordöstlich gibt es unmittelbar an der Route eine Anwohnerkundgebung, an der rund 1.000 Menschen teilnehmen.

Auf der über weite Teile mit Gittern abgesperrten Route selbst gibt es mehrere kleine Sitzblockaden, die aber von der Polizei geräumt werden. Die rechtsextremen Demonstranten singen derweil während ihres Aufmarschs alle drei Strophen des Deutschlandlieds. Für den Mittwochabend hatten die Rechten eine zweite Aufmarschroute in Berlin-Friedrichshain angemeldet, dass sie diese tatsächlich auch nutzen würden, war am späten Nachmittag aber eher unwahrscheinlich.

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