piwik no script img

Rebellion bei Hannover 96Fans gegen den Präsidenten

Kritische Mitglieder von Hannover 96 wollen Martin Kinds Unterstützer auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung abwählen lassen.

Unzufriedenheit in der Kurve: 96-Fans und ihre Transparente im Januar 2018 Foto: dpa

Hannover taz | Es ist eine neue Eskalationsstufe: Kritische Mitglieder von Hannover 96 wollen den Verein zwingen, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Die Interessengemeinschaft Pro Verein hat dafür 1.310 Unterschriften gesammelt und mit einem dicken, roten Wachsstempel von einem Notar beglaubigen lassen. Jede einzelne dieser Unterschriften kann letztlich als eine Misstrauensbekundung verstanden werden – gegen Vereinschef Martin Kind und als Ausdruck einer vereinsinternen Rebellion.

Pro Verein will auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung drei von fünf Aufsichtsratsmitglieder abwählen lassen, die man für zu unkritisch gegenüber Kinds Linie hält. Die anderen zwei gehören ohnehin ins oppositionelle Lager. Kind will den Verein für Investoren öffnen und dafür die 50+1-Regel abschaffen, die besagt, dass 51 Prozent der Anteile an der Profifußballsparte beim Verein liegen müssen. Die Deutsche Fußballliga hat den Antrag Kinds hierzu zwar im Juli abgelehnt, der ist aber vor ein Schiedsgericht gezogen. Die Entscheidung steht noch aus.

Der Aufsichtsrat von 96 hat die Aufgabe, den Vorstand, dem Kind vorsitzt, zu kontrollieren. Fast immer, wenn es wichtig wird, wenn etwa Ausgaben den Finanzplan überschreiten, Gesellschaftsanteile oder Markenrechte verkauft oder der Verein neu geordnet werden soll, muss der Aufsichtsrat zustimmen.

Pro Verein kritisiert vor diesem Hintergrund die Arbeit dreier Aufsichtsratsmitglieder. „Sie folgen der Ver­einspolitik seit Jahren unkritisch“, sagt Robin Krakau, der Sprecher der Interessengemeinschaft. Er nennt dafür ein konkretes Beispiel: Den Verkauf von 51 Prozent der Hannover 96 Management GmbH an Martin Kind im vergangenen Jahr. Mit diesem Transfer bereitet Kind die Abschaffung von 50+1 vor.

Strittiger Kaufpreis

Sollte der Vertrag rechtskräftig werden, bekäme der Verein für die Anteile nur 12.750 Euro. Das sei zu wenig, findet Krakau. „Der Aufsichtsrat hat kein Gutachten über den Wert erstellen lassen.“

Pro Verein hat dann selbst eines beauftragt. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Baker Tilly habe den Wert der GmbH auf rund zehn Millionen Euro geschätzt und die Anteile Kinds damit auf mindestens 5,1 Millionen Euro. „Im Sinne des Vereins hätten die Aufsichtsratsmitglieder nicht zustimmen dürfen“, sagt Krakau. Kind habe in den vergangenen Jahren Vermögenswerte aus dem Verein herausgelöst – und das sei ihm selbst und anderen Investoren zugute gekommen.

Für eine außerordentliche Mitgliederversammlung müssen fünf Prozent der Mitglieder des Vereins ihre Unterschrift abgegeben haben. Es sieht so aus, als hätte Pro Verein das übertroffen, auch wenn Hannover 96 keine aktuellen Mitgliederzahlen herausgibt. Es sollen jedoch etwa 22.500 Mitglieder sein. Dann reichten 1.125 Unterschriften. Der 96-Vorstand müsste dann innerhalb von fünf Wochen die Versammlung einberufen.

Eigene Kandidaten

Der Verein schreibt in einer Mitteilung, dass die Mehrzahl der Mitglieder wisse, dass die drei Aufsichtsratsmitglieder, die ohnehin bei der ordentlichen Mitgliederversammlung im März nicht mehr antreten wollten, „im Sinne von Hannover 96 erfolgreiche Arbeit geleistet haben“. Die positive Entwicklung des Vereins, der steigende Mitgliederzahlen verzeichne, sei damit eng verbunden.

Für die Interessengemeinschaft findet der Verein deutliche Worte: „Unverantwortlich und nicht zu akzeptieren ist, dass die IG Pro Verein in ihrem Beitrag auf der Homepage ohne sportliche und wirtschaftliche Sachkenntnis mit falschen Behauptungen zum Profifußball bei Hannover 96 mit den Ängsten der Fans spielt.“

Die Unterschriften werde man nun „satzungsgemäß prüfen“. Pro Verein will eigene Kandidaten für die Aufsichtsratswahl aufstellen. Voraussetzung ist nur, dass sie bereits seit einem Jahr bei Hannover 96 Mitglied sind. „Wir werden konkrete Vorschläge machen“, so Krakau.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!