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Reality-Show über AktivismusRetweets und Revolution

Dr US-Sender CBS wollte in einer Reality-Show Ak­ti­vis­t:innen gegeneinander antreten lassen. Nach viel Kritik wurde „The Activist“ nun abgesagt.

Neben Schauspielerin Priyanka Chopra (Foto) sollte auch Sänger Usher die Aktivist:in­nen bewerten Foto: John Angelillo/UPI Photo/imago

Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Sechs Ak­ti­vis­t:in­nen aus aller Welt treten gegeneinander an, um herauszufinden, wer von ihnen die beste Ak­ti­vis­t:in ist. Sie alle engagieren sich in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Umwelt – und wollen etwas bewegen in der Welt. Um zu gewinnen, müssen sie verschiedene Challenges absolvieren, wie die Organisation einer Community-Veranstaltung oder einer Onlinekampagne.

Wie gut sie das machen, entscheiden Likes und Retweets im Netz und eine Jury bestehend aus dem Sänger ­Usher, der Schauspielerin Priyanka Chopra und der Tänzerin Julianne Hough. Den Sie­ge­r:in­nen winkt eine Stange Geld und die Chance, im Rahmen des G20-Gipfels Ende Oktober in Rom mit wichtigen Po­li­ti­ke­r:in­nen und Lob­by­is­t:in­nen über ihr Anliegen zu sprechen.

So sah das Konzept der Reality-Show „The Activist“ aus, die gemeinsam von dem US-Sender CBS, Live Nation sowie der NGO Global Citizen produziert werden sollte. Fünf Wochen lang wäre sie ab Ende Oktober ausgestrahlt worden. Doch keine zwei Wochen nach der Ankündigung der neuen Show wurde sie auch schon wieder eingestellt.

Aus Unterhaltungssicht wäre die Show sicherlich ein voller Erfolg gewesen. Egal ob Dating, Musik oder Modeln – Castingshows boomen. Wenn man dann noch durch bloßes Fernsehgucken und Likes verteilen ganz nebenbei „die Welt retten kann“, wie es in der Presseerklärung heißt, hätten sicherlich Millionen Zu­schaue­r:in­nen eingeschaltet. Aber kaum war die Ankündigung zur neuen Sendung online, gab es starke Kritik an dem Format.

„Zutiefst gefährlich“

„Abgesehen von der Tatsache, dass Millionen von Dollar für Haare, Make-up, Reisen, Promimoderatoren und Jurymitglieder, Produktion und Vertrieb ausgegeben werden, die an die Aktivisten und Organisationen gehen könnten, die vorgestellt werden, ist dies zutiefst gefährlich“, sagte Brittany Packnett Cunningham, die mit der Organisation Campaign Zero gegen Polizeigewalt und für eine Reformierung der Sicherheitsbehörde kämpft.

Eine Haltung, die viele Ak­ti­vis­t:in­nen im Netz teilten. Schließlich gehe es bei Aktivismus nicht darum, Likes und Retweets zu sammeln, sondern in der realen Welt für positive gesellschaftliche Veränderungen zu kämpfen. Und diese erreiche man nicht durch Wettkampf, sondern durch Solidarität und Gemeinschaft zwischen Aktivist:innen.

Auch Prominente mischten sich in ein. Die Schauspielerin Jameela Jamil twitterte: „Könnten sie das Geld nicht direkt an die Ak­ti­vis­t:in­nen geben, anstatt Aktivismus in ein Spiel zu verwandeln und einen Bruchteil des benötigten Geldes in einen Preis zu investieren?“

In den Tagen nach der Ankündigung entspann sich eine Debatte über die Kommerzialisierung von Aktivismus in sozialen Medien und auch in der Berichterstattung klassischer Medien. Der Ton war klar: Diese Show ist ein Desaster. Die Pro­du­zen­t:in­nen der Show verteidigten das Konzept zunächst, die NGO Global Citizen schrieb, dass es nicht darum gehe, Aktivismus zu trivialisieren, sondern die Kreativität und den Einsatz der Kan­di­da­t:in­nen hervorzuheben und einem großen Publikum zugänglich zu machen. Michael Rapino von Live Nation fuhr gleich die ganz großen Geschütze auf und sprach davon, dass die Show ein einzigartiges Beispiel sei, wie Unterhaltung die Welt verändern könne.

Stattdessen eine Doku

Doch nachdem die Kritik kein Ende fand und die Jurymitglieder, die auch persönlich für ihre Teilnahme kritisiert wurden, sich entschuldigten, wurde die Show abgesetzt. Global Citizen entschuldigte sich bei Instagram: „Globaler Aktivismus konzentriert sich auf Zusammenarbeit und Kooperation, nicht auf Konkurrenz. Wir entschuldigen uns bei den Ak­ti­vist:innen, den Hosts und der Ak­ti­vis­tenge­meinschaft – das war falsch von uns.“

Ganz ausfallen soll „The Activist“ im Übrigen nicht. Stattdessen wird aus der eigentlich geplanten Reality-Show nun eine Dokumentation über die Arbeit der sechs Aktivist:innen. Das Geld, das eigentlich für die Sie­ge­r:in vorgesehen war, sollen nun alle für ihr politisches Anliegen erhalten. Ein Ausstrahlungstermin ist noch nicht bekannt.

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