Reaktionen auf US-Friedensplan: Palästinenser eindeutig dagegen
In der Ablehnung des Friedensplans von US-Präsident Trump sind sich alle palästinensischen Fraktionen einig. Das kommt selten vor.

In einem Café in Hebron im Westjordanland: Protest gegen Trumps Nahostplan Foto: Mussa Qawasma/reuters
JERUSALEM taz | Die Palästinenser sind entsetzt über den von US-Präsident Donald Trump am Dienstag vorgestellten Friedensplan für den Nahen Osten. Die Annexion des Jordantals, israelische Souveränität über israelische Siedlungen im Westjordanland, ein vollständig zerstückeltes Rest-Palästina, Jerusalem inklusive Ostjerusalem als vereinigte israelische Hauptstadt – all das sorgte für wütende Proteste.
Die ersten Demonstrationen begannen schon am Nachmittag im Gazastreifen. In Ramallah wurden die ersten US-amerikanischen und israelischen Flaggen angezündet.
Ab dem Abend gab es fast überall im Westjordanland Zusammenstöße an den sogenannten Kontrollpunkten, die Städte im Westjordanland von israelisch kontrolliertem Gebiet trennen. Die schwersten Auseinandersetzungen fanden in Bethlehem statt, ganz in der Nähe von Banksys Mauerhotel. Der palästinensische Rote Halbmond berichtet von dutzenden Verletzten überall im Westjordanland und in Ostjerusalem.
In einer Pressekonferenz drückte Mahmud Abbas, in seltenem Einklang mit der palästinensischen Straße, sein Entsetzen über diesen angeblichen Friedensplan aus. Er kündigte sofortige Schritte seitens des palästinensischen Staates an, vor allem auf diplomatischer Ebene, zuerst auf dem für Samstag angesetzten Treffen der Arabischen Liga.
Kompromissloses Nein unter Palästinensern
Fast revolutionär an dem Treffen im Amtssitz von Abbas in Ramallah war, dass sämtliche palästinensischen politischen Organisationen vertreten waren, vom islamischen Dschihad und der Hamas bis zur Fatah.
Während Abbas zunächst auf Abwarten setzt, verlangen führende Stimmen diverser Organisationen, vor allem aber die Menschen auf der Straße, eine sofortige und endgültige Aufkündigung des Osloer Abkommens von Mitte der 1990er Jahre, das zu einer Farce geworden ist.
Sie verlangen, wieder einmal, die sofortige Beendigung der notorischen Sicherheitskooperation zwischen den palästinensischen und israelischen Geheimdiensten. Ebendies fehlte aber in der Rede von Abbas.
Von Gaza bis Jenin formulieren die Menschen ihr kompromissloses Nein. Dem schlossen sich schon am Dienstagabend Demonstranten in der jordanischen Hauptstadt Amman an. Marwan Muasher, ehemaliger jordanischer Außenminister, formulierte ein ebenso klares Nein seitens der jordanischen Führung. Dort fürchtet man die Pläne der israelischen Rechten, die aus Jordanien einen palästinensischen Staat machen möchte.
Großdemonstration in Tel Aviv gefordert
Palästinenser in Israel, so Ayman Odeh, Knesset-Abgeordneter der „Vereinigten Liste“ von arabischen Parteien in Israel, forderten eine palästinensisch-israelische Großdemonstration in Tel Aviv, um der Welt zu zeigen, dass die Realität vor Ort eine binationale ist.
Stimmen aus Ostjerusalem verweisen auf den Impeachment-Prozess gegen Trump sowie die Anklage gegen Netanjahu wegen Bestechung, Betrug und Vertrauensbruch. Eine Jerusalemerin meinte, all das sei so unerträglich, dass sie sich ins Kino geflüchtet habe, um sich bei einem Film über Bienenzucht zu beruhigen.
Von einer Totgeburt sprach ein ehemaliger Aktivist aus Jerusalem: „Lasst uns schlicht abwarten, bis dieser Wahnsinn sich von selbst totläuft.“
Leser*innenkommentare
Pfanni
Man sollte Trump durchaus eine gewisse Bauernschläue bescheinigen. Ihm geht es bestimmt nicht um den Frieden im nahen Osten, sondern eher um die Vergrößerung der eigene Wiederwahl-Chancen. Weshalb sonst hat er wohl mit der Konkretisierung seines Planes, den er bereits vor 2 Jahren ankündigte, bis jetzt, kurz vor Beginn des Wahlkampfes gewartet? Ein praktischer Zufall ist es, dass mit der Diskussion um diesen Friedensplan das Amtsenthebungsverfahren etwas in den Hintergrund rückt.
Der „Jahrhundertdeal“ berücksichtigt derart einseitig die israelischen Interessen, dass dies vor allem als Wahlgeschenk an die jüdischen Wähler zu betrachten ist. Die er somit als „Wahlhelfer“ zu gewinnen hofft. Und die werden bestimmt nicht Mr. Trump für den höchstwahrscheinlichen Fehlschlag seines Nahostplanes verantwortlich machen, sondern die „Spielverderber“ auf palästinensischer Seite.