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Reaktionen auf Streit in Sachsen-AnhaltSchlecht und schlechter

Die CDU in Sachsen-Anhalt habe ihre Regierungsfähigkeit eingebüßt, sagt Grünen-Chef Habeck. Er verteidigt den Verbleib seiner Partei in der Regierung.

Die Kampagne der AfD gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist in Sachsen-Anhalt beliebt Foto: Rolf Vennenbernd/picture alliance

Bundespolitiker von SPD und Grünen verteidigten den Verbleib ihrer Landesparteien in der Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt und verbanden dies mit scharfer Kritik an der CDU. „Die CDU in Sachsen-Anhalt und im Bund haben Haseloff in unverantwortlicher Weise im Regen stehen lassen“, schrieb SPD-Chefin Saskia Esken am Dienstag auf Twitter. Auch das Schweigen aus dem Konrad-Adenauer-Haus habe es möglich gemacht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk „als tragende Säule einer unabhängigen Berichterstattung grundsätzlich infrage gestellt wird.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte am Dienstag angekündigt, eine Vorlage zur umstrittenen Beitragserhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückzuziehen. Damit wird eine Abstimmung im Landesparlament vermieden – und die für den Jahresbeginn geplante, von allen anderen Ländern mitgetragene Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent vorerst blockiert. Dem war ein längeres Tauziehen vorangegangen. Haseloffs eigene CDU-Fraktion hatte sich gegen die Erhöhung gewehrt – ebenso wie die rechtsextreme AfD.

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sagte am Dienstag mit Blick auf Sachsen-Anhalt: „Aus unserer Sicht hat die CDU ihre Regierungsfähigkeit komplett eingebüßt.“ Auch sei der Einfluss der Bundes-CDU auf ihre Landesverbände „nicht mehr feststellbar“. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hatte vor einigen Tagen den Streit in der FAZ zu einer „nüchternen Sachfrage“ erklärt und betont, dass die Entscheidung den Abgeordneten in den Landtagen obliege. Die anderen Bundesländer – auch die von CDU-Ministerpräsidenten geführten – tragen die Beitragserhöhung allerdings mit.

Habeck stellte sich hinter die Entscheidung der Landes-Grünen, in der Regierung zu bleiben. „Normalerweise müsste man in einer solchen Situation die Koalition verlassen.“ Aber es sei eine besondere und verfahrene Situation. Die Coronalage im Land sei dramatisch, steigende Infektionszahlen seien zu verzeichnen. „Die Kolleginnen und Kollegen hatten die Wahl zwischen schlecht und schlechter.“ Sie hätten sich für die Variante „schlecht“ entschieden.

Hintergrund des Streits ist die starke AfD in Sachsen-Anhalt. Sie polemisiert seit Jahren gegen den angeblich linksgrün beeinflussten öffentlich-rechtlichen Rundfunk – und fordert faktisch seine Abschaffung. Entsprechend machte sie eine Kampagne gegen die Beitragserhöhung, die in Sachsen-Anhalt viele Menschen anspricht. Der ehemalige Innenminister Holger Stahlknecht hatte in einem Interview im Falle des Scheiterns der Kenia-Koalition eine Minderheitsregierung der CDU ins Spiel gebracht und war daraufhin von Haseloff gefeuert worden.

Linken-Chefin Katja Kipping kritisierte das Vorgehen Haseloffs scharf. „Ministerpräsident Haseloff versucht, die Kenia-Koalition zu retten, indem er die Politik der AfD betreibt“, sagte Kipping der taz. „Indem er den Staatsvertrag nicht zur Abstimmung stellt, verhindert er dessen Inkrafttreten, ohne dass die CDU dafür mit der AfD stimmen müsste.“ Das sei „pures Einknicken“ vor der AfD. Die Selbstzensur von Haseloff zeige, dass die AfD faktisch schon mit am Kabinettstisch sitze, betonte Kipping. „Dieses absurde Trauerspiel wirft ein schlechtes Licht auf den Zustand der CDU Sachsen-Anhalt.“

Die Krise könnte auf lange Sicht Folgen für die Bundespolitik haben, etwa für eine schwarz-grüne Koalition ab 2021. Eine CDU, deren ostdeutsche Landesverbände Sympathiesignale in Richtung AfD aussenden, wäre für die Grünen eine problematische Koalitionspartnerin.

Auch der Vorfall in Thüringen im Februar 2020 sorgte für heftige Irritationen. Damals wurde der FDPler Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt, trat aber kurz darauf zurück.

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5 Kommentare

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  • Die Drohung war für den Fall formuliert worden, dass die CDU im Landtag gegen den Staatsvertrag stimmt und damit diesen aktiv verhindert und das programmatisch im Gleichschritt mit der AfD.



    Jetzt hat der Ministerpräsident den Staatsvertrag zurück gezogen. Also erreicht der Staatsvertrag den Landtag gar nicht vulgo kann niemand für/gegen diese stimmen. Da der Ministerpräsident zuvor noch seinen Innenminister entlassen hat - der zum Zeitpunkt der Entlassung sogar Parteivorsitzender war - weil dieser eine Minderheitsregierung ins Spiel brachte, hat er gezeigt, dass ihm politisch am Kenia-Bündnis gelegen ist. Auch als Bollwerk gegen Rechts.



    Warum sollte man dann raus aus der Koalition? Vielmehr hat der Ministerpräsident gezeigt, dass im CDU Klakül aus einer Minderheitsregierung heraus in die Wahl zu gehen, nicht so wichtig ist, wie eben das Kenia-Bündnis zu stärken. Dieses Signal sollten SPD und Grüne aufgreifen. Gerade um afd-nahe Abgeordnete in der CDU nicht weiter durch Eskaltion zu stärken

  • Ich würde mich freuen, wenn die Rundfunk- und Fernsehintendanten und -innen einmal über die Fifa-Kosten nachdenken würden, ihre endlosen Talkshows, Quiz- und Trashformate.

    Als nächstes müsste Frau Schlesinger beantworten, was denn in einem neuen "Newscenter" inhaltlich alles an "Neuem" geboten werden soll. Vielleicht mehr von Sorben gestaltete Formate? Oder vielleicht auch mehrere Fenster für die auf der Strasse stehenden Kulturschaffenden? Kultur aus der Sparte befreien, um ihrem wirtschaftlichen Anteil gerecht zu werden? Newscenter.

    Ehrlich gesagt sind mir die Parteien ziemlich schnuppe. Dass es ein Bundesland erstmals schafft, aus dem Einheitsbrei auszuscheren, ist eine gute Sache. Die Grünen sollten sich mehr der Kostenersparnis derer widmen, die weder Fernseher noch Radio besitzen, weil sie für die kulturelle Erholung von diesem und auch dem privaten Scheibenkleister arbeiten.

    • @Alvin Kettel:

      Zwei Fernsehprogramme: Eines bundesweit, ein anderes länderbezogen.



      Dito 2 Radioprogramme nach gleichem Schema und ein reichhaltiges Medienarchiv in Form einer Mediathek.



      Kosten: max 12€ / Monat.

  • Minuspunkt auf meiner Parteiliste auch für die Grünen: vorher groß mit dem Verlassen der Koalition drohen und anschließend einknicken.

    • @Michael Wiedmann:

      Nein, Grünen sind die beste Partei aktuell.



      Mit Verbrenunngsmotor-Verbot werden sie Deutschland gut umwandeln. Und alle alte Arbeiter von der Branche werden neue sogar bessere Jobs haben...