Reaktionen auf Iran-Entscheidung: „Bedauern und Sorge“ über Trump
Weltweit gibt es Kritik am Ausstieg der USA aus dem Nuklearabkommen mit dem Iran. Zustimmung kommt nur aus Israel und Saudi Arabien.
Zwar hatten die Regierungen in Moskau, Peking, Paris, London und Berlin unmittelbar nach Trumps Rede ihre Absicht bekräftigt, an dem Abkommen mit Teheran festzuhalten. Das schließe „den Erhalt von wirtschaftlichen Vorteilen“ der Vereinbarung „für das iranische Volk ein“, betonten Frankreichs Präsident Emmanul Macron, die britischen Preministerin Theresa May und Bundeskanzlerein Angela Merkel in einer gemeinsamen Erklärung. In der äußerten sie „Bedauern und Sorge“ über Trumps Entscheidung.
Schon zuvor hatte die EU-Kommission mitgeteilt, sie bereite zusammen mit dem Iran Maßnahmen zum Schutz europäischer Unternehmen vor. Doch über die Verläßlichkeit dieser Zusagen bestehen in Teheran Zweifel. Denn die Regierung Trumps versucht, die anderen fünf Vertragsstaaten auch zum Abbruch von Wirtschaftsbeziehungen mit Iran und zur erneuten Verhängung der seit Früjhar 2016 ausgesetzten Sanktionen gegen Teheran zu nötigen.
Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, forderte bereits wenige Stunden nach der Rede Trumps, als Konsequenz aus den wiederverhängten US-Sanktionen sollten deutsche Unternehmen ihre Geschäfte im Iran „sofort“ herunterfahren.
Europäern drohen US-Sanktionen
Trumps Sicherheitsberater John Bolton erklärte in Washington, die Strafmaßnahmen würden „ab sofort“ für alle Neuverträge gelten. Ausländische Firmen, die bereits im Iran seien, hätten drei bis sechs Monate Zeit, um das Land zu verlassen. Ansonsten werde ihnen der Zugang zum US-Markt verwehrt.
US-Finanzminister Steven Mnuchin machte klar, dass auch europäische Firmen betroffen sein könnten, wenn sie weiter mit dem Iran Geschäfte machten.
Die Kritik an Trumps Entscheidung in den anderen fünf Vertragsstaaten des Abkommens war einhellig. Das russische Außenministerium reagierte „mit großer Enttäuschung“ auf Trumps Entscheidung.
Die regierungsnahe chinesiche Tageszeitung China Daily sprach am Mittwoch von „einer Bedrohung für die Weltordnung“. Wenn der Iran-Deal auseinanderfallen sollte, könnte das auch Hoffnungen für eine Lösung ähnlicher Krisen und Verhandlungen wie über den Atomkonflikt mit Nordkorea einen Schlag versetzen.
China: USA geben „schlechtes Beispiel“
Indem die USA einseitig ein multilaterales Abkommen aufkündigten, gäben sie ein „sehr schlechtes Beispiel“. „In einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten ist kein Raum für reinen Egoismus“, schrieb die Zeitung. „Wenn Trumps Amerika-Zuerst-Doktrin bedeutet, dass die USA ihre eigenen Interessen auf Kosten anderer Länder verfolgen, werden die USA früher oder später zunehmend isoliert auf der Weltbühne dastehen.“
Das Nuklearabkommen sei „wichtig für unsere gemeinsame Sicherheit“ , deshalb habe der Ausstieg der USA „Bedauern und Sorge „ausgelöst, heißt es in der Erklärung des EU-Trios. Auch die Türkei, NATO-Partner der USA sowie die politisch mit den USA eng verbündeten Staaten Australien und Japan kritisierten Trumps Entscheidung.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief die übrigen Unterzeichnerstaaten des Abkommens dazu auf, ihre Verpflichtungen einzuhalten. In den USA sprach Ex-Präsident Barack Obama, unter dessen Regierung das Abkommen ausgearbeitet worden war, von einem „schwerwiegenden Fehler“ seines Nachfolgers.
Netanjahu lobt Trumps „historischen Schritt“
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hingegen lobte Trumps Entscheidung als „historischen Schritt“. Das Abkommen unverändert zu lassen, wäre dagegen „ein Rezept für eine Katastrophe, eine Katastrophe für unsere Region, eine Katastrophe für den Frieden der Welt“ gewesen.
In israelischen Medien stieß Trump neben überwiegender Zustimmung auch auf Kritik. „Der Rückzug der USA aus dem Abkommen erhöht die Gefahr einer Konfrontation in der Region“, kommentierte die Zeitung Haaretz. Die Tatsache, dass Regierungschef Netanjahu öffentlich gegen das Iran-Abkommen vorgeht, könnte „den Eindruck erwecken, dass Israel die Welt zu einem Krieg drängt. Der Ministerpräsident denkt vielleicht, die Israelis sollten Trump dankbar sein, aber gegenwärtig gefährdet der Ausstieg der USA die Welt und bedroht Israel.“
Die vom Regime in Riad kontrollierte saudische Zeitung Arab News forderte, „die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump sollte Applaus erhalten und unterstützt, nicht kritisiert werden“. Trumps Entscheidung sei „definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, weil er die Sicherheit und Interessen der regionalen US-Verbündeten an die erste Stelle rückt – etwas, was von seinem irregeleiteten Vorgänger Barack Obama umstrittenerweise ignoriert wurde“.
Deutliche Kritik aus Deutschland
In Deutschland reagierten Regierung und Opposition sowie Sicherheitsexperten mit deutlicher Kritik auf Trumps Entscheidung. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, bezeichnete diese gegenüber dem MDR als falsch und erklärte: „Wir haben als Deutsche keine Erkenntnisse, dass der Iran gegen dieses Abkommen verstößt. Und deswegen sind wir der Meinung, man sollte unbedingt an dem Abkommen festhalten und werden das als europäische Seite auch tun.“
Hardts Fraktionskollege Roderich Kiesewetter warf den USA in einem Interview vor, mit ihrem Ausstieg aus dem Iran-Abkommen den Westen zu spalten. „Wir stehen am Vorabend einer krisenhaften Entwicklung, die USA werden nur von Israel und Saudi-Arabien unterstützt. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht am Vorabend einer kriegerischen Entwicklung stehen.“
Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, warnte vor einem atomaren Wettrüsten im Nahen Osten. Im rbb-Inforadio sagte er, man müsse „nur eins und eins zusammenzählen, um zu sehen, was passiert“, wenn das Abkommen mit dem Iran nach dem Ausstieg der USA nicht doch noch gerettet werden kann. Das werde „dazu führen, dass die Iraner ihre Zentrifugen weiter hochfahren. Das wird dazu führen, dass die Inspektionen zurückgefahren werden. Das ist der schnellste Weg des Irans zu einer Bombe“.
Trumps Entscheidung kritisierten auch Politikerinnen von Linkspartei und FDP sowie die Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, und der Direktor der Stifttung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes.
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