Reaktionen auf Festnahmen in Türkei: „Das erinnert an eine Diktatur“
Deutsche Politiker geben sich angesichts der neuen Festnahmen in der Türkei entsetzt. Die Bundesregierung nennt die Haft „ungerechtfertigt“.
![Philippe Hensmans, belgischer Leiter von Amnesty International, in einem Käfig vor der türkischen Botschaft in Brüssel Philippe Hensmans, belgischer Leiter von Amnesty International, in einem Käfig vor der türkischen Botschaft in Brüssel](https://taz.de/picture/2139981/14/18748720.jpeg)
Der Fall Steudtner zeige, dass selbst jemand, der zuvor überhaupt keine Beziehungen zur Türkei gehabt habe, willkürlich verhaftet werden könne, wenn die türkische Regierung dessen Handeln als politisch nicht opportun bewertet, sagte Annen. Der SPD-Außenpolitiker forderte die türkischen Behörden auf, Peter Steudtner umgehend wieder freizulassen. Deutschland müsse jedoch auch im Interesse der in der Türkei inhaftierten Deutschen weiterhin dialogbereit bleiben.
Auch aus anderen Parteien gab es harsche Reaktionen auf die jüngsten Verhaftungen. Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Brand, sagte: „Willkürliche Verhaftungen sind keine innere Angelegenheit der Türkei.“ Als Mitglied des Europarats habe sich das Land zum Schutz von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat verpflichtet. „Das staatliche Handeln steht dazu im kompletten Gegensatz.“ FDP-Chef Christian Lindner verlangte ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei.
Die Grünen drangen angesichts der steigenden Zahl der Festnahmen auf einen härteren Kurs gegenüber der Regierung in Ankara. „Es ist ein unerträglicher Zustand, dass die Türkei nach Journalisten nun auch Menschenrechtsaktivisten willkürlich festnimmt. Da stellt sich die Frage, wer als Nächstes dran ist: Wirtschaftsvertreter, Touristen?“, sagte Spitzenkandidat Cem Özdemir.
Steffen Seibert, Regierungssprecher
Auch die Bundesregierung erklärte sich am Dienstag zu den Vorgängen. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb via Twitter: „Wir sind solidarisch mit Peter Steudtner, der ungerechtfertigt in türkischer Haft sitzt.“ Die Bundesregierung werde sich „auf allen Ebenen für ihn einsetzen“, schrieb Seibert weiter.
Zuvor hatte die Bundesregierung bereits mitgeteilt, dass sie die Klage des ebenfalls in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof unterstützen wird. Der frühere taz-Redakteur sitzt seit fünf Monaten in der Türkei in Haft. Er ist einer von 22 Deutschen, die seit dem Putschversuch vor einem Jahr inhaftiert worden sind. 13 von ihnen sind inzwischen wieder frei.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet