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Reaktion auf Tod eines PalästinensersAntisemitisch im Affekt

Ein CDU-Mann aus Seesen findet Juden „scheiße“ – seine Partei wusste schon länger davon, wollte den Vorfall aber wohl deckeln.

Der palästinensische Jugendliche Muhammed Abu Khdair wird beerdigt: Er war lebendig verbrannt worden - vermutlich aus Rache. Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | Am Mittwoch im niedersächsischen Landtag nahm sich die CDU Innenminister Boris Pistorius (SPD) ordentlich zur Brust. Die Landesregierung tue nicht genug gegen antisemitische Hetze namentlich linksradikaler Palästinafreunde, schimpfte der Parlamentarische Geschäftsführer Jens Nacke mit Blick auf anti-israelische Parolen und eine brennende Fahne bei einer Demonstration gegen den Krieg in Gaza am Wochenende in Göttingen. Die Unionsleute im Plenum klopften kräftig Beifall.

Auch der Abgeordnete Rudolf Götz klopfte mit. Götz sitzt für seine Partei auch im Rat des Harzrand-Städtchens Seesen und ist Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Goslar – er wusste am Mittwoch längst, dass es in seiner eigenen Partei an der Basis einen antisemitischen Vorfall gab. Öffentlich bekannt wurde der aber erst gestern.

Der langjährige Seesener CDU-Ratsherr, Werner Mróz, hatte am 4. Juli auf seiner Facebook-Seite „Juden sind scheiße“ geschrieben. Den Eintrag verfasste er nach dem mutmaßlichen Rachemord an einem jungen Palästinenser in Israel. Er sei, sagt Mróz, „aus der Emotion heraus“ entstanden. Inzwischen bereue er diese Äußerung und würde sie keinesfalls wiederholen. Er sei kein Judenhasser.

Tatsächlich fiel der 62-jährige CDU-Mann, der deutlich jünger aussieht, in Seesen ein Fitnessstudio betreibt und seit 2002 im Seesener Rat sitzt, in der Vergangenheit nicht als Antisemit oder auch nur Kritiker der israelischen Politik auf. Auch den fraglichen Facebook-Eintrag hat er inzwischen gelöscht.

Nahost im Spiegel

Der Streit über wachsenden Antisemitismus ist auch in Niedersachsen voll entbrannt. Auslöser war eine von pro-palästinensischen Gruppen veranstaltete Gaza-Demonstration am Wochenende in Göttingen. Dabei wurden auch judenfeindliche Parolen skandiert, eine Israel-Fahne brannte.

Die oppositionelle CDU hat das Thema in den Landtag eingebracht. Sie wirft der Landesregierung vor, sie agiere beim Vorgehen gegen extremistischen Antisemitismus zu zögerlich.

Die Regierungsfraktionen kontern, die CDU wolle sich damit parteipolitisch profilieren. Sie zeichne fahrlässig ein gefährliches Bild, wonach linke Antisemiten Israel-Fahnen anzündeten und der rot-grüne Innenminister dem nichts entgegensetze.

Eine pro-palästinensische Demonstration mit 5.000 Teilnehmern am Montagabend in Bremen blieb ohne Zwischenfälle.

Möglichem Parteiausschluss zuvorgekommen

Am Mittwoch trat Mróz aus der CDU aus. Ein entsprechendes Schreiben sei bei der Partei eingegangen und auch gleich bestätigt worden, bestätigt die Geschäftsstelle. Auch sein Ratsmandat hat Mróz inzwischen niedergelegt. Mit diesen Schritten kam er einem möglichen Parteiausschluss zuvor, sagt jedenfalls Kreisparteichef Götz. Die CDU habe schließlich bestimmte Grundsätze und dulde keine antisemitischen Äußerungen von Parteimitgliedern.

Gleichwohl wollte die Partei den Vorfall zunächst offenbar unter der Decke halten. Mróz zufolge haben er und Götz nämlich schon am 7. Juli darüber gesprochen. Götz sagt dazu, dass er seinem Parteifreund bei einer Sitzung am 28. Juli den Rücktritt habe nahelegen wollen. Ein Text in der Goslarschen Zeitung, die am Donnerstag als erste über den Vorgang berichtete, warf den angeblichen Zeitplan über den Haufen. „Ich habe nicht gedacht, dass das so schnell öffentlich wird“, sagte Götz dem Blatt.

Am Nachmittag gingen Stellungnahmen hochrangiger Landespolitiker ein. CDU-Generalsekretär Ulf Thiele erklärte, Judenfeindlichkeit habe „in unserer Gesellschaft keinen Platz“ und „in der CDU gar nichts zu suchen“. Und der am Vortag noch gescholtene Pistorius bezeichnete den Kommentar von Mróz als „unglaubliche Entgleisung und nicht zu tolerieren, auch wenn es eine spontane Reaktion war“.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Aus einer Laune heraus, gab ich in "google" die Suchbegriffe "Scheiss Deutsche" ein. Ergebnis: 3,2 Mio

     

    Zum Vergleich:

    "Scheiss Deutsche" – 3,2 Mio

    "Scheiss Amerikaner" – 1,2 Mio

    "Scheiss Chinesen" – 0,77 Mio

    "Scheiss Araber" – 0,46 Mio

    "Scheiss Türken" – 0,11 Mio

    "Scheiss Juden" – 0,095 Mio

     

    Das besagt im Grunde genommen nur eines: Die "Scheisshaftigkeit" der Deutschen wird 30 mal häufiger im Netz diskutiert als die von Türken oder Juden, nur noch getoppt von Nordkorea, die allerdings mit über 8 Mio. Beiträgen den Spitzenreiter stellen. Diese Werte haben offensichtlich nichts mit der Größe der Nationen zu tun, sonst müßte z.B. die USA wesentlich häufiger auftauchen...

     

    Um das ungute Gefühl, ein "Scheiss Deutscher" zu sein, etwas zu mildern, gab ich "Deutschland Weltmeister" – und wurde mit 13 Millionen Beiträgen belohnt... jetzt wissen wir, wozu Weltmeisterschaften gut sind.

    • @Karo:

      Sorry, ich weiß nicht, was du mit dem Beitrag überhaupt aussagen wolltest oder vielleicht dein Ziel war, irgendwas zu relativieren oder lächerlich machen... denn eine sinnvolle Aussage ist in deinem Beitrag leider nicht zu erkennen. Und dein Schlenker auf einen sinnlosen Begriff mit Weltmeister, als nationaler Trost oder als angebliche Beleg wie toll die Weltmeisterschaft gewirkt hat, macht deinen Beitrag nur noch peinlicher und lächerlicher, da du hier Dinge verbindest, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Laut deine Milchmädchen-Logik wäre ja schon jede Nachrichtenmeldung, welche den Begriff "Deutschland Weltmeister" enthält ein Beleg dafür, wie toll Deutschland in der Welt wegen der WM angesehen wird. Das ist auf so vielen Ebenen unlogisch, dass es schon weh tut. Klar es suchen ja auch alle Amerikaner mit Google.DE und tippen natürlich den Begriff auf DEUTSCH ein.

       

      Wie auch immer, auf jedenfall hätte dein erfundener Google-Test sowieso NULL Aussagekraft auf die reale Welt und wurde zudem von Anfang an falsch durchgeführt: Das fängt schon mit dem Fehler an, dass man Scheiß korrekterweise mit "ß" schreibt (das allein hat schon eine Auswirkung auf die Suchergenisse). Dann hast du offenbar nicht korrekt mit Anführungszeichen gesucht und ein korrekter Vergleich hätte natürlich die jeweilige Landessprache und in Suche in fremdsprachigen Google-Versionen einschließen müssen.

       

      Und wie du überaupt auf die Zahlen kommst, ist auch fraglich, da mit keiner Suche 3,2 Mio zusammenkommen. Scheiss Deutsche bringt tatsächlich nur 745.000 Ergebnisse, "Scheiss Deutsche" nur noch 27.700 und "Scheiß Deutsche" 16.600. Das ist wohl ein kleiner Unterscheid zu deinen 3,2 Millionen!

       

      Also falls du dir mal Mal wieder einbildest, mit Google könnte man die Welt erklären - lass es lieber sein, insbesondere wenn du Google nicht korrekt verwendest.

    • @Karo:

      nice

  • Da sieht man mal wieder die verlogene Scheinheiligkeit der Konservativen.

     

    "Juden sind scheiße" ist eine klare Hassrede und tatsächlicher dumpfer Antisemitismus unterster Schublade. Dagegen kam von keinem Politiker der Linken aus dem Mund eine Hassrede, sondern nur legitime Kritik an der Politik der Israelis. Das ist der Unterschied.

  • Der Umgang mit Antisemitismus ist, was die CDU von der Linkspartei unterscheidet. Auf der einen Seite führt "Juden sind scheiße" zur Trennung, auf der anderen führt Hetze + ein daraus resultierender Pogromversuch nach einer Linkspartei-Demo zu einer Parteispaltung: in die, die Jubeln und die, die sich schämen und wütend sind.