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Razzia gegen Schwarzarbeit beim BauNRW-Zoll entlarvt Netzwerk

Ein Netzwerk in NRW hat Scheinrechnungen für nicht erbrachte Arbeiten ausgestellt – viele Baufirmen sollen mitgemacht haben. Die Ermittlungen liefen seit 2016.

An der Betrugsmasche sollen 450 Baufirmen beteiligt gewesen sein Foto: dpa

Krefeld dpa | Mit dem bislang größten Schlag gegen organisierte Schwarzarbeit am Bau in Nordrhein-Westfalen hat der Zoll ein kriminelles Netzwerk ausgehoben, das einen Schaden von rund 48 Millionen Euro verursacht haben soll. An der Betrugsmasche sollen 450 Baufirmen beteiligt gewesen sein, wie Zoll und Polizei am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Krefeld mitteilten.

Bei einer landesweiten Razzia waren seit dem frühen Dienstagmorgen mehr als 1.100 Beamte von Zoll und Polizei im Einsatz. Sie durchsuchten 140 Wohnungen und Geschäftsräume. Sechs Männer und zwei Frauen im Alter von 31 bis 72 Jahren wurden mit Haftbefehl festgenommen. Die Fahnder beschlagnahmten Waffen, darunter zwei automatische Armbrüste, Bargeld und mehrere Fahrzeuge. Auch Spezialkommandos der Polizei waren im Einsatz.

Nach Angaben der Ermittler haben die Beschuldigten über ihr Firmengeflecht den Bauunternehmen Scheinrechnungen für gar nicht erbrachte Leistungen ausgestellt. Die Firmen hätten die Rechnungen bezahlt und das Geld – nach Abzug einer Provision von bis zu 10 Prozent – in bar zurück erhalten, sagte der Sprecher der Ermittlungskommission, Heinz Michael Horst. Es handele sich um einen Fall von erheblichen Dimensionen. Gegen die 450 Käufer der Scheinrechnungen seien eigene Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Die Scheinrechnungen seien als Betriebsausgaben verbucht worden. Mit dem von den Scheinfirmen zurückgezahlten Geld hätten die Bauunternehmen dann tatsächliche Schwarzarbeit bezahlt. Auf diese Weise hätten die Firmen Steuern und Sozialabgaben hinterzogen. Horst sprach von einem System, „aus Weißgeld Schwarzgeld zu machen“. Die Scheinrechnungen hätten sich auf Beträge von bis zu 4 Millionen Euro belaufen. Das zeige, dass nicht nur kleine Firmen beteiligt gewesen seien, sagte Horst.

Die Ermittlungen liefen bereits seit 2016. Bisher konnten den Angaben zufolge 14 Scheinfirmen aufgedeckt werden, die von den acht Hauptbeschuldigten über 28 Strohmänner gesteuert wurden. Diese „Servicefirmen“ wurden jeweils nach kurzer Zeit abgemeldet, die Strohmänner tauchten regelmäßig unter.

Der bei den Ermittlungen federführende Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert sagte, er handele sich um „hochprofessionelle Täter“. Wenn den Beschuldigten vor Gericht Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall nachgewiesen werde, drohten ihnen je Fall Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Zudem müssten sie mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe rechnen.

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7 Kommentare

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  • Irgendein Detail, wie das Schema funktioniert, fehlt in der Beschreibung im Artikel. Denn so müsste die beauftragte Firma die Einkünfte ja versteuern (Mehrwertsteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer) und man hätte nur zusätzliche Steuern gezahlt. Ich nehme an, der Knackpunkt ist, dass diese ihrerseits die Einnahmen nicht dem Finanzamt meldet?

  • Lesen Sie bitte den von Ihnen verlinkte Artikel bitte noch einmal durch.

    Ich habe dort keine Hinweise gefunden, dass die vier Steuerfahnder in eine Psychiatrie, geschweige eine geschlossene Psychiatrie, eingewiesen wurden oder werden sollten.

    • @Baidarka:

      Ja, mensch muss schon ein bisschen lesen und vielleicht auch in Ansätzen mit dem Fall vertraut sein, um die entsprechenden Texstellen zu entdecken. "Im November 2009 verurteilte das Verwaltungsgericht Gießen als Berufsgericht für Heilberufe den Gutachter Thomas Holzmann wegen vorsätzlicher Falschbegutachtung zu einer Geldbuße von 12.000 Euro.[9][10] Das Gericht führte in seiner Urteilsbegründung aus, Holzmann habe bei seinen Gutachten mit Vorsatz die Standards für psychiatrische Begutachtungen nicht eingehalten."... usw.

      • @Ute Krakowski:

        Habe es nochmals durchgelesen, immer noch keinen Hinweis gefunden.

        Der Hinweis, das fehlerhafte Gutachten attestiert einem Steuerfahnder eine psychische Störung. Mir ist aber nicht bekannt, dass der Gutachter eine Einweisung in die Psychiatrie empfohlen hätte.

  • Wow, was fuer ein Aufwand fuer 4 Mio. Gleichzeitig werden im selben Bundesland Steuerfahnder, die gegen die _wirklich_ dicken Fische erfolgreich wahren, rausgemobbt.

    Wobei das ja verglichen mit Hessen noch human ist. Dort wurden die erfolgreichen Steuerfahnder ja von der CDU-Clique, mit der die Gruenen jetzt erfolgreich nach Afghanistan abschieben, per Gefaelligkeitsgutachen in die geschlossene Psychatrie "befoerdert"https://de.wikipedia.org/wiki/Steuerfahnder-Aff%C3%A4re

    In diesem Sinne: Eine schoene Nebelkerze um von der schwarz-gelden Politik in NRW abzulenken.

    • @Amie:

      Kleinvieh macht auch Mist, Whataboutism ist fürn Arsch und Sie sollten vor allem an die armen Schweine denken, deren Sozialversicherungsbeiträge unterschlagen wurden.

       

      Ach ja, und solange der Zoll Schwarzarbeit hinterfahndet, kann er keine Kiffer fangen.

      • @Adele Walter:

        Davon mal abgesehen haben die beteiligten Firmen dafür gesorgt dass andere Unternehmen die nicht kriminell handeln nicht konkurrieren konnten da sie eben höhere Lohnnebenkosten hatten. Darunter hat nicht nur der Fiskus gelitten sondern mutmaßlich viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eben jener Unternehmen.