Razzia gegen Journalisten in Ägypten: Team in eigenem Büro festgesetzt
Das kleine News-Portal „Mada Masr“ macht noch immer unabhängigen Journalismus in Ägypten. Doch nun gehen die Behörden gegen die Redaktion vor.
Die Razzia ist der vorläufige Höhepunkt einer Auseinandersetzung zwischen den Sicherheitskräften und Mada Masr. Bereits am Samstag war Shady Zalat festgenommen worden, ein bekannter Redakteur des Portals.
Laut Mada Masr wurde der 37-Jährige im Morgengrauen von Sicherheitsbeamten in zivil zu Hause abgeholt. Einen Haftbefehl hätten sie nicht präsentiert und keine Erklärung abgegeben, warum der Journalist festgenommen werde. Sie hätten seinen Laptop und den seiner Frau mitgenommen und seien später noch einmal zurückgekehrt auf der Suche nach Zalats Handy.
„Er hat nichts anderes gemacht als Worte zu benutzen, um Nachrichten zu berichten“, heißt es in einer Erklärung Mada Masrs. Die Sicherheitsbeamten hätten Zalats Frau gegenüber erklärt, ihr Mann werde in das Gizeh-Sicherheitshauptquartier in Kairo gebracht.
Als Hassan al-Azhari, der Anwalt Mada Masrs, allerdings dort nachfragte, erklärte man ihm, der Journalist befände sich nicht dort. „Wir gehen davon aus, dass Zalat verschwunden ist“, erklärt der Anwalt. Seine Verhaftung sei illegal, da er bisher keinerlei Untersuchungsbehörden übergeben wurde, fügt er hinzu.
Weiterer Redakteur am Flughafen abgewiesen
Laut Chefredakteurin Lina Attalah war bereits vor wenigen Wochen ein weiterer Redakteur Mada Masrs, der US-Bürger Daniel O’Connell, am Flughafen in Kairo an der Einreise gehindert und deportiert worden.
Mada Masr gilt als letztes verbliebenes Ventil für unabhängigen Journalismus in Ägypten, wo die meisten Medien gleichgeschaltet sind. Das Nachrichtenportal, das auf Arabisch und Englisch berichtet, ist bekannt für investigativen Journalismus und kritische Analysen. Mehr als ein Jahr lang war die Webseite des Portals in Ägypten blockiert, so dass die Redaktion auf soziale Medien ausweichen musste.
Bislang unklar ist, was die Festnahme Zalats auslöste. Am Mittwoch hatte Mada Masr berichtet, dass Mahmud al-Sisi, einer der Söhne von Präsident Abdel Fattah al-Sisi, von seinem Posten im ägyptischen Geheimdienst in die Botschaft in Moskau wechselt.
In dem Artikel zitiert Mada Masr nicht namentlich genannte Quellen, die davon sprechen, dass Mahmud al-Sisi während einer kurzlebigen Protestwelle im September die Medien nicht im Griff gehabt habe. Dies habe dem Image seines Vaters geschadet.
In den großen ägyptischen Medien fanden sich über das Wochenende keine Berichte zum Fall Zalat. Präsidiale Vater-Sohn-Beziehungen sind in Ägypten ein sensibles Thema. Der 2011 gestützte Präsident Hosni Mubarak hatte einst versucht, seinen Sohn Gamal als Nachfolger zu küren, was mit ein Auslöser für den Aufstand gegen Mubarak 2011 war.
„Wir sind alle in Gefahr“
Als Reaktion auf die Festnahme Zalats forderte Amnesty International sicherzustellen, dass er nicht gefoltert werde und Zugang zu einem Anwalt und seiner Familie bekommt. Sarah Leah Whitson, Nahost-Direktorin von Human Rights Watch, beschrieb die Verhaftung als Beginn eines „Angriffs auf die letzte verbliebene unabhängige Publikation des Landes“.
Empfohlener externer Inhalt
Eine Ansicht, der sich auch Chefredakteurin Attalah anschließt: „Wir glauben, das Ganze ist eine Botschaft der Autoritäten, dass nun auch unsere Stunde geschlagen hat“, sagte sie der Washington Post. Neben der Sorge um die Kollegen sei das Ganze eine existenzielle Bedrohung für Mada Masr, heißt es in der am Sonntag aktualisierten Erklärung des Nachrichtenportals.
Dies gelte besonders, da Zalats Festnahme der größten Verhaftungswelle folge, seit al-Sisi 2014 offiziell an die Macht kam. So seien „über 4.000 Menschen verhaftet worden, seit am 20. September Antiregierungsproteste ausbrachen“, schreibt das Portal unter Berufung auf Menschenrechtsorganisationen. Aktivisten, Professoren, Anwälte, Journalisten und bekannte Oppositionelle befänden sich unter den Verhafteten, heißt es weiter.
„Wir sind alle in Gefahr und wenn wir nicht aufstehen, werden wir alle zu Gefangenen“, wird Chefradakteurin Attalah in der Erklärung des Nachrichtenportals zitiert. „Als Shadys Kollegen ist es unsere einzige Option, für seine Sicherheit und für unsere Fähigkeit zu kämpfen, unsere Jobs weiterzumachen“.
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