Rauswurf beim Fußballverein FC St. Pauli: Göttliche Geschmacklosigkeit
FC St. Pauli-Präsident Oke Göttlich schmeißt seinen Sportchef raus und will nicht darüber reden. Aber die Fans haben ein Recht auf eine Erklärung.
W ir wollen niemals auseinandergehen, Krisen gemeinsam überstehen: So lautete die Botschaft, als Präsident Oke Göttlich im vergangenen Jahr die befristete Jobgarantie von Sportchef Thomas Meggle in ein zeitlich unbegrenztes Arbeitsverhältnis umwandelte. Nach der ersten sportlichen Krise greift nun diese Botschaft nicht mehr – das im Profifußball normale „Hire and fire“ gilt wieder. „Fußballromantik gelingt nicht immer“, bewertet Göttlich heute die Vertragsentfristung, die er einst voller Überzeugung angeschoben hat.
Um alle Beteiligten zu schützen und keine Seite für ein arbeitsrechtliches Verfahren zu munitionieren, vernebeln eben diese Beteiligten mit Leerformeln die Hintergründe für den Bruch mit Meggle. Das kann in einem demokratisch aufgestellten Klub wie dem FC St. Pauli, in dem die Mitglieder das höchste Organ sind, nicht gelingen. Man muss nicht nachtreten, aber die St. Paulianer haben bei einer solchen Personalentscheidung ein Recht darauf, zu erfahren, wo sich die Bruchlinien befinden, um sich selber mündig positionieren zu können.
Passiert das nicht, erblühen Spekulationen und prägen der ausufernden Fandebatte um die Entlassung Meggles den Stempel tiefer Ahnungslosigkeit auf. Jeder hat was zu sagen, aber niemand weiß Substanzielles. Es geht zu wie am Stammtisch.
Weil die Gründe, die zum Bruch mit Meggle führten, nicht offenliegen, wirkt die Trennung von ihm willkürlich. Diese mangelnde Transparenz untergräbt den Ruf des Vereins und derjenigen, die ihn tragen. Dass nun langjährige Mitglieder ankündigen, aus dem Club, der so mit verdienten Mitarbeitern umspringt, auszutreten, ist die logische Konsequenz. „Das ist nicht mehr mein Verein!“, lautet einer der Sätze, die sich in den sozialen Medien derzeit häufig finden. So verspielt der Verein sein Kapital – die Mitglieder und Fans.
Dabei sieht Göttlich in der öffentlichen Debatte zum wiederholten Mal schlecht aus. Dass er in seiner Presseerklärung die absolute Selbstverständlichkeit, Meggle sei „am Millerntor weiterhin immer willkommen“ (als Zuschauer) besonders hervorhob, grenzt an Geschmacklosigkeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!