piwik no script img

Rauchverbot in der Europäischen UnionDie EU qualmt weiter

Das Europaparlament hat gegen neue Rauchverbote in den Mitgliedstaaten gestimmt. Die Abgeordneten lehnten damit eine Forderung der Kommission ab.

Bald Geschichte: Nass geregnete Zigartettenstummel Foto: Müller-Stauffenberg/imago

Brüssel taz | Folgt auf das sogenannte Verbrennerverbot in der EU bald auch noch ein drastisches Rauchverbot? Dieses Gerücht hat die Boulevardpresse in die Welt gesetzt. Doch nun kommt Entwarnung aus dem Europaparlament: Die Abgeordneten spielen nicht mit, eine Verbotsempfehlung an die 27 EU-Länder erreichte am Donnerstag in Straßburg nicht die nötige Mehrheit. Die EU-Kommission wurde aufgefordert, ihren Plan für eine rauch- und aerosolfreie Umgebung zurückzuziehen.

Die Brüsseler Behörde hatte im September einen Vorschlag vorgelegt, um den Schutz vor Belastung durch Passivrauchen und Aerosole zu verbessern. Die EU-Staaten täten gut daran, „ihre Maßnahmen für rauchfreie Umgebungen auf wichtige Außenbereiche auszuweiten“, hieß es in der Empfehlung an den Rat, die Vertretung der Mitgliedsländer.

Die EU-Kommission begründete ihren Vorstoß mit Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Demnach wird die Umgebungsluft durch Emissionen von E-Zigaretten und ähnlichen Produkten erheblich belastet. Brüssel empfahl, auf Spielplätzen, in Freizeitparks und Freibädern sowie öffentlichen Gebäuden, Haltestellen und Bahnhofsbereichen das Rauchen zu verbieten.

Allerdings handelt es sich nur um eine unverbindliche Empfehlung, nicht um ein rechtlich bindendes EU-Gesetz. Entscheiden müssen die Mitgliedsländer, die für die Gesundheitspolitik zuständig sind. In Deutschland haben auch noch die Bundesländer ein Wörtchen mitzureden. So sind die Raucherregeln in Berlin lockerer als in NRW.

Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Der Vorstoß ist dennoch brisant: Denn im Dezember will der Rat über eine mögliche Überarbeitung der Tabakempfehlungen aus dem Jahre 2009 beraten. Das erklärte Ziel: bis 2040 eine „Generation ohne Rauch“ zu erreichen, in der weniger als fünf Prozent der Bürger qualmen.

Der Rat könnte die alten Empfehlungen verschärfen und so den Druck auf die Mitgliedsländer erhöhen. Dass sich das EU-Parlament dagegen ausgesprochen hat, spielt letztlich keine Rolle. Am Ende könnten doch weitere Rauchverbote stehen. Aber nicht EU-weit, sondern nur in „willigen“ Staaten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Das ist m.E. ein gutes Beispiel dafür, dass die EU sich mit völlig unnötigen Dingen befasst, die besser auf einzelstaatlicher oder regionaler Ebene geregelt sind, je nach dortigen Voraussetzungen (etwa Anteil von Gastronomiegewerbe im Außenbereich). Warum muss der ganze Brüsseler Apparat mit Rat, Kommission und EP sich mit so etwas überhaupt beschäftigen? Und wenn es auch nur "Empfehlungen" sind, warum müssen aus Steuermitteln finanzierte suprastaatliche Strukturen in solchen Fragen aktiv werden und zusätzlich zu den jeweiligen nationalen Behörden Ressourcen verbrauchen? Dafür hat wohl nur Cyril Northcote Parkinson eine Erklärung. - (Bin selbst seit über 15 Jahren Nichtraucher.)

  • Es wäre doch schon schön, wenn sich die Leute wenigstens an Verordnungen halten würden, die es schon gibt. Und verantwortungsvoll mit ihrem Müll umgehen, nicht die Kippen aus dem Fenster oder im heißen Sommer auf den Waldweg werfen.

    Durch die E-Zigaretten hat sich leider das Rauchen wieder zum Trend entwickelt. Im Grunde genommen sind alle Maßnahmen, die zur Verbesserung der Situation führen sollten, mit deren Einführung nichtig gemacht worden. Ich bin in der Regel nicht empfindlich wenn jemand neben mir raucht, aber an manchen Haltestellen wird es mir auch langsam zu viel weil die gesamte Länge zum Rauchen genutzt wird, teilweise rauchen welche die E-Zigaretten den ganzen Weg an Umstiegsbahnhöfen vor einem, so dass man den Mist die ganze Zeit einatmen muss. Und ich finde das extrem eklig. So angenehm, als wenn jemand die ganze Zeit furzen würde.

  • Im Punkt der Reduzierung des Rauchens ist die WHO und damit auch die EU, die deren Empfehlungen folgen will, ziemlich auf dem unwissenschaftlichen Holzweg. Gerade E-Zigaretten (in denen nicht mal Tabak drin ist), sind nun durch mehrere Studien erwiesenermaßen der einfachste und schnellste Weg weg von der Tabakverbrennung, die Risiken für die Gesundheit sind dabei um Größenordnungen geringer als beim Rauchen. Wenn also durch (Flüssigpartikel-) Aerosole aus E-Zigaretten die Umgebung derart gefåhrdet sein soll, dann bitte gleich auch noch ein Komplettverbot von Disko- und Theaternebel, denn da sind auch die gleichen Stoffe enthalten (außer Aromen).



    Und sonst, wen die wissenschaftlichen Grundlagen interessieren, einfach mal bei Bernd Mayer auf Youtube vorbeischauen.

  • Welche Idee kommt als nächstes ? Joggingverbot auf Fußwegen an befahrenden Straßen - innerhalb von Städten ?

    • @Alex_der_Wunderer:

      Das wäre zumindest mal eine logische Maßnahme, denn das dürfte die Gesundheit mehr beeinträchtigen als wenn man neben einem Menschen sitzt, der an seiner Dampfe nuckelt. 😄