Raubkunst im Humboldt Forum: Blamage mit Ansage
Kurz vor der Eröffnung des Humboldt Forums fordert Nigeria ein Prunkstück der Ausstellung, die Benin-Bronzen, zurück.
Zu den berühmten Benin-Bronzen zählen an die 5.000 Artefakte aus dem früheren Königreich Benin in Westafrika, die heute in die halbe Welt verstreut sind. Einige davon waren schon im Ethnologischen Museum Dahlem Prunkstücke der Sammlung und sollen auch im Humbolt Forum einen wichtigen Platz bekommen. Allerdings ist ihr Weg nach Berlin hoch problematisch: Die jahrhunderte alten Skulpturen aus Bronze, Terrakotta, Elfenbein- und Holzschnitzereien wurden zum Großteil 1897 von britischen Soldaten geraubt, die in einer kolonialen „Strafexpedition“ die alte Königsstadt weitgehend zerstörten. Später kamen europäische Händler und „kauften“ weitere Stücke auf.
Die meisten Benin-Bronzen kamen in Auktionen in Europa unter den Hammer. Für Berlin kaufte Felix Luschan, Direktorialassistent am Völkerkundemuseum, mehrere hundert Objekte. Laut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) befinden sich heute rund 530 historische Objekte aus dem Königreich Benin in der hiesigen ethnologischen Sammlung, im Humboldt Forum soll rund die Hälfte davon ausgestellt werden, hatte eine Sprecherin der taz im vorigen Jahr erklärt.
Allerdings mehren sich seit Jahren Stimmen, die eine Rückgabe dieser Raubkunst an Nigeria verlangen. Das Land selbst hatte bereits Ende der 60er Jahre zum ersten Mal die Rückgabe gefordert. Vor zwei Jahren beschloss Frankreich, „seine“ Benin-Statuen, die 1892 von französischen Soldaten gestohlen wurden, an das heutige Benin, den Nachbarstaat von Nigeria, zurückzugeben. Präsident Emmanual Macron folgte damit den Ergebnissen einer Studie der Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy und des Ethnoligen Felwine Sarr zu afrikanischer Raubkunst in Europa. In der Studie wird auch am Humboldt Forum das „koloniale Vergessen“ im Umgang mit Kunst und Objekten aus Afrika kritisiert. Savoy trat deswegen 2017 aus dem Beirat des Humboldt Forums aus. Auch Gruppen wie Berlin Postkolonial oder Afrika avenir protestieren seit Jahren gegen die Ausstellung von Raubkunst im künftigen Humboldt Forum und fordern deren Rückgabe an die Herkunftsländer.
Bei der SPK wiederum beruft man sich seit jeher darauf, es gebe kein „offizielles“ Rückgabegesuch aus Nigeria oder Benin. Die genaue Herkunft aller ausgestellten Sammlungsstücke werde aber sorgfältig recherchiert und in der Ausstellung offen gelegt. Das Ethnologische Museum sei zudem Teil der „Benin Dialogue Group“ und bereit, für das geplante Museum in Benin City, das im kommenden Jahr eröffnen soll, Objekte als Leihgabe zur Verfügung zu stellen.
Laut Tagesspiegel sagte das Auswärtige Amt, das Schreiben der nigerianischen Botschaft sei bereits im August 2019 eingegangen. Im Anschluss habe es diplomatische Gespräche dazu gegeben. Die Bundesregierung sehe das Schreiben aber nicht als „offizielle“ Rückgabeforderung an. Dass sich Botschafter Tuggar ausgerechnet jetzt – am Mittwoch soll Eröffnung sein – an die Öffentlichkeit wendet, kann als Versuch gelesen werden den Druck auf Deutschland zu erhöhen.
Der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer, einer der führenden Experten auf dem Gebiet, schrieb auf Twitter, die Nachricht sei eine „Bombe“ und eine Blamage für Deutschland. „Ich hatte vor Monaten die Politik, auch #Bundeskanzlerin schon darauf hingewiesen, dass die ungelöste Frage der #BeninBronzen die Eröffnung #HumboldtForum zu überschatten drohe. Nun scheint es so zu kommen.“ Das Thema weiter auszusitzen sei eine „schlechte Idee. Es braucht den großen Wurf“.
Ähnlich sieht das offenbar Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Er sagte dem Tagesspiegel: „Wenn die Benin-Bronzen zurückgefordert werden, dann müssen sie zurückgegeben werden.“
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