: Rathaus-Rowdy
■ Geldstrafe für Frank Eyssen, der mit einem Transparent die Bannmeile verletzte
Glück für Frank Eyssen, daß er „das Beschimpfen und Bewerfen von Politikern mit Eiern strikt ablehnt“, wie sein Anwalt dem Gericht versicherte. Deshalb nämlich „blieb ihm gar nichts anderes übrig, als durch ein Transparent auf seine abweichende Meinung hinzuweisen“, und auch dieses Vergehen kostet ihn schon satte 600 Mark. Sein Mittäter Holger Hanisch wurde zu 240 Mark verurteilt. Denn indem beide ein Transparent bei sich trugen, hätten sie gegen das Bannmeilen- und das Versammlungsgesetz verstoßen, befand gestern das Hamburger Amtsgericht.
Das Verbrechen ereignete sich im vergangenen Mai, als der damalige Bürgermeister Henning Voscherau seinem Volk eine Rede hielt. Die würdige Kulisse dieses Ereignisses bildete das Hamburger Rathaus. Dieses ist von einer zwar unsichtbaren, vom Wortlaut des Gesetzes jedoch scharf umrissenen Bannmeile umgeben. Innerhalb derer sind politische Veranstaltungen untersagt. Nun wurde just das Rathaus 100 Jahre alt, und das Volk feierte ausgelassen – natürlich auf dem Rathausmarkt. Dort sprach der Bürgermeister, und auch Frank Eyssen und Holger Harnisch lauschten seinen Worten. In den Händen aber hielten sie ein Transparent, denn der Senat hatte zuvor das Hafenkrankenhaus in St. Pauli geschlossen, und daß sie das nicht billigten, teilten Eyssen und Hanisch plakativ mit. Und mutierten deshalb aus Sicht des Gerichts vom lauschenden Volk zu politischen Demonstranten. Die sich unangemeldet dort nicht versammeln durften und es doch taten, und auch noch an einem verbotenen Ort.
Eyssens Anwalt Manfred Getzmann sieht das grundlegend anders. Schließlich habe Eyssen nur an des Bürgermeisters Veranstaltung teilgenommen und keine eigene durchgeführt. Und das Bannmeilengesetz habe an diesem Tag ohnehin nicht gegolten. Tobten nicht Volksmassen auf dem altehrwürdigen Platz, und hielt nicht auch Voscherau eine „nicht nur flammende, sondern gar hochpolitische Rede“? Er kündigte an, Rechtsmittel einzulegen.
Elke Spanner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen