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Rassistische russische Abgeordnete warntWenn Sex, dann nur mit Weißen

Eine kommunistische Abgeordnete stellt für russische Frauen Benimmregeln während der WM auf. Sie warnt vor Sex mit nicht-weißen Männern.

Hinter Pletnjowas vorgeblichen Sorge steckt die Ausgrenzung alles Nichtrussischen Foto: ap

Berlin taz | Mit Sex und dem Diskurs darüber haben die RussInnen seit jeher ihre liebe Not. Noch zu Sowjetzeiten war vom „sowjetski seks“ die Rede, was in Ermangelung von Fantasie und Fachliteratur die Missionarsstellung bezeichnete – im heterosexuellen Kontext versteht sich. Der schamhafte Umgang mit dem Thema änderte sich auch nicht, als in den 80er Jahren so bedeutende Werke wie „More Joy of Sex“ den Eisernen Vorhang überwanden und als selbst vervielfältigte Exemplare in Umlauf kamen.

Jetzt, pünktlich zum Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft, geht es wieder einmal um den Geschlechtsakt. Mit einem entsprechenden, gleichwohl warnenden Zwischenruf setzte sich die kommunistische Langzeitabgeordnete in der Duma, Tamara Pletnjowa, in Szene.

Russische Frauen sollten sich davor hüten, mit nichtweißen ausländischen Männern zu schlafen (Subtext: Die fallen nämlich jetzt in Scharen in Wladimir Putins Reich ein), sagte sie dem Radiosender Goworit Moskwa (Übersetzt: Hier spricht Moskau).

Die 70-Jährige, die den parlamentarischen Ausschuss für Familienangelegenheiten leitet, fühlte sich bemüßigt, an die Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau zu erinnern – eine Zeit, zu der chinesische Kondome zwar gefühlsecht, aber nicht reißfest waren und daher Abtreibungen eine gängige Verhütungsmethode. Die Spiele brachten bekanntermaßen nicht nur MedaillengewinnerInnen hervor, sondern auch zahlreiche Kinder, die das Produkt von internationalen One-Night-Stands waren.

Rassistische Hetze

Und diese armen Geschöpfe aus gemischten Beziehungen, die ihre Mütter allein großziehen mussten, seien oft Opfer von Diskriminierung geworden. Und darunter hätten sie sehr gelitten. „Es ist eine Sache, ob sie derselben Rasse angehören, jedoch eine andere, wenn sie das nicht tun. Deshalb müssen wir unsere Kinder auf die Welt bringen“, sagte Pletnjowa.

Tja, wenn das so einfach wäre. Die sinkenden Geburtenraten sprechen eine andere Sprache. Um alleinerziehend zu werden, braucht es übrigens auch keine Gäste aus dem Ausland. Die Scheidungsraten sind horrend. Auch wenn die Beziehungen aufrecht erhalten wird, sorgt Abusus von Spirituosen aller Art bei Männern für vorzeitiges Ableben (deren Lebenserwartung liegt bei unter 60 Jahren).

Aber hinter Pletnjowas vorgeblichen Sorge um trennungsgeschädigte Kinder steckt noch etwas anderes: die Ablehnung und Ausgrenzung alles Nichtrussischen, alles dessen, was irgendwie divers ist oder aussieht. „Neger“ und „Schwarzhäutige“ sind in Russland gängige Bezeichnungen. Und Meldungen über Studenten aus afrikanischen und asiatischen Länder, die gejagt und dabei manchmal auch getötet werden, keine Seltenheit.

Sie sei keine Nationalistin, ließ Pletnjova den Radiosender noch wissen. Da hätte ja nun wirklich auch niemand angenommen.

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7 Kommentare

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  • Ach wie schön

    „Neger“ und „Schwarzhäutige“ sind in Russland gängige Bezeichnungen. Und Meldungen über Studenten aus afrikanischen und asiatischen Länder, die gejagt und dabei manchmal auch get:ötet werden, keine Seltenheit.

     

    Da brucht man gar nicht bis nach Russland zu fahren. Das gib es bei uns auch. Mal die andere Frage: "Wieviele verschiedene Volksgruppen leben denn in Russland". Wie kommen die bloß miteinander aus. Was ist mit unterschiedlichen Religionen?

  • Wer hätte gedacht dass aus Wladimir Putins Reich solche Äusserungen kommen könnten *ironie OFF*

  • Die Duma hat 450 Abgeordnete. Insgesamt 42 Sitze davon hat die KPRF inne, die Nachfolgeorganisation der am 21. August 1991 verboten KPdSU. Das entspricht rund 9 %. Der deutsche Bundestag hat 709 Abgeordnete. 92 Sitze belegt die AfD. Macht rund 13 %. Das nur mal so vorab.

     

    In wie fern es eine Nachricht ist, wenn eine 70-jährige „Langzeitabgeordnete“, die den parlamentarischen Ausschuss für „Gedöns“ leitet, eine der gewiss nicht all zu häufigen Gelegenheiten nutzt, auf sich aufmerksam zu machen, kann mir Barbara Oertel gewiss erklären. (Ich tippe auf die Kommunisten-Spur.) Und ganz sicher kann mir Frau Oertel auch sagen, welche Reaktion sie von russischer Seite im Ergebnis der „Enthüllung“ erwartet, dass die Herren Peter Boehringer, Stephan Brandner und Sebastian Münzenmaier je einen Bundestagsausschuss leiten. Den durchaus ernst zu nehmenden Haushaltsausschuss nämlich, den ebenfalls nicht ganz unwichtigen Rechts- und den Tourismusausschuss.

     

    Der 48-jährige Boeringer hat sich laut Stern unter anderem als Verschwörungstheoretiker, Anti-Islam-Hetzer und Beleidigunger profiliert. Moslems bezeichnet er kollektiv als „kriminellen = koranhörigen = frauenverachtenden Macho-Mob der Surensöhne". Der 51-jährige Brandner hat medial als „Thüringens wütendster Abgeordneter“ Karriere gemacht und unter anderem bei Twitter das Foto einer Machete gepostet, verbunden mit der Bitte um "'nen Tipp“, wie er „das Gerät 'küntslerisch' gebrauchen kann", während er auf die Antifa wartet. Der Jüngste im Bunde, der 28-jährige Münzemaier, soll laut Stern „nicht Mitglied der Betriebsfußballmannschaft des Bundestags“ werden, weil er rechtskräftig verurteilt wurde für einen Angriff auf Anhänger des FSV Mainz. Selbstverständlich freut sich auch dieser Mensch „auf eine konstruktive Zusammenarbeit“ mit den übrigen Abgeordneten.

     

    Tamara Pletnjowa will Sex nur mit Weißen. Bleibt zu hoffen, dass Frau Oertel Kritik nicht nur an Russen will. Wir haben schließlich alle unsere Schwarzen Schafe.

    • @mowgli:

      Danke

      in der Zeit der Russlandverteufelung auf allen Kanälen jetzt wenigsten bei den Kommentaren einen Lichtblick.

  • Ja genau, jetzt haben diese dunkelhäutigen Ausländer auch noch mehr Lebensjahre vor sich, da die nicht so viel saufen wie die Russen. Brutal, wie gegen Russland vorgegangen wird. Da ist so ein Aufruf ja mehr als gerechtfertigt um aus der Opferhaltung als russischer Mann mal rauszukommen. Sind halt echte Schlawinerinnen die Russinnen die mal was anderes als Wodka an sich ranlassen wollen!