Rassistische Vorfälle: Polizistin verurteilt
Eine Berliner Polizistin hat in der Ausbildung mehrfach einen Mitschüler rassistisch beleidigt. Nun ist sie wegen Volksverhetzung verurteilt worden.
In dem Verfahren ging es um drei Vorfälle im Juli und August 2023. Am Rande eines Schlagstocktrainings soll die Angeklagte ihrem Mitschüler „Halt die Fresse und mach Sitz“ zugerufen haben, nachdem er sie darauf hingewiesen hatte, dass sie sich vorgedrängelt hatte. Später soll sie im Streit gesagt haben: „Lern mal Deutsch, du Asozialer.“
Am Tag darauf, am Ende einer Kampfsporteinheit, soll sie in Richtung ihres Mitschülers eine Geste gemacht haben, die er als rassistische Affengeste interpretierte – wie nun auch das Gericht. „Das kann man nicht anders sehen als Volksverhetzung“, sagte Richter Andreas Lascheit. Die beiden anderen Äußerungen wertete er als Beleidigung und folgte damit in allen Punkten der Staatsanwaltschaft.
Mobbing in der Ausbildung
Die Angeklagte, der Geschädigte, alle Zeug*innen und fast alle Zuschauer*innen in dem stickigen Gerichtssaal waren Mitarbeiter*innen der Berliner Polizei. Die Angeklagte zeichnete dort ein düsteres Bild von ihrer Ausbildung und sprach von Mobbing sowie frauenfeindlichen, homophoben und behindertenfeindlichen Äußerungen ihrer Mitschüler.
„Das waren die schlimmsten zwei Jahre meines Lebens“, so die Polizistin. Sie behauptete, sie sei missverstanden worden. Die „Affengeste“ sei eine „Hühnergeste“ gewesen. Der Kommentar mit dem Deutschlernen habe sich auf die „Ghettosprache“ ihres Mitschülers bezogen.
Der betroffene Schwarze Polizist zeigte sich erschrocken über die abwertende Wortwahl. „Ich rede, wie ich jetzt rede. Und ich komme nicht mal aus dem Ghetto, sondern aus Steglitz“, sagte der 32-Jährige. Er berichtete, dass er versucht habe, die Vorfälle intern aufzuklären. Doch er sei von den Ansprechpartnern nicht ernst genommen worden. Er sei dünnhäutig und solle seine Opferrolle nicht instrumentalisieren, habe man ihm gesagt. Von einer Anzeige sei ihm abgeraten worden.
Die Angeklagte befindet sich noch in der Probezeit; ob sie nach dem Schuldspruch verbeamtet wird, ist fraglich. Die Verteidigung warf dem Betroffenen vor, die Angeklagte mit dem „Totschlagargument Rassismus“ aus dem Polizeidienst mobben zu wollen. Diese Argumentation überzeugte das Gericht nicht. Ohne Zweifel habe es Spannungen gegeben. Diese reichten aber nicht zur Rechtfertigung mehrfacher rassistischer Ausfälle, so der Richter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus