Rassistische Ermittlungen: Polizeipräsident für Beschwerdestelle
Polizei und Menschenrechtler diskutieren über „Racial Profiling“ – und Polizeipräsident Lutz Müller hat eine Idee, wie es sich bekämpfen lässt.
Im Rahmen des Fachtages war das entsprechende holländische Modell vorgestellt und diskutiert worden. Müller sieht dies als Vorbild. „Ich würde die Einrichtung einer solchen Beschwerdestelle begrüßen“, sagte er zur taz. „Es sollte dabei auch um ein langfristiges Monitoring und Qualitätsmanagement gehen.“ Der Fokus sollte sich dabei nicht nur auf die Polizei beschränken, es gebe auch Diskriminierungen bei anderen Behörden, so Müller.
Über Fahndungsmaßnahmen etwa im Steintor-Viertel, die nur Menschen mit schwarzer Hautfarbe treffen, über Grenzkontrollen und Durchsuchungen nach Augenschein war auf dem Fachtag kontrovers diskutiert worden. All das sei „Racial Profiling“, kritisierte etwa Martin Herrnkind, Kriminologe und Amnesty-Experten, und all das verstoße gegen gültige Rechtsprechung. Dass die Bremer Polizei das Problem – anders als etwa die Bundespolizei – nicht leugne, sei ein richtiger Schritt, so Herrnkind.
Es war bereits der zweite Fachtag zu diesem Thema mit Beteiligung der Bremer Polizei. Die Themen Integration, Migration und das Problem der Stigmatisierung gehören zum Lehrplan sowie zum Fortbildungsangebot der Bremer Polizei. 50 Prozent der BeamtInnen sollen bereits geschult worden sein.
Dennoch sieht man im Steintor-Viertel kaum eine Drogen-Kontrolle, die nicht einen Schwarzen trifft. Dies in der Praxis zu ändern sei „durchaus schwer“, so Müller, da „eine bestimmte Zielgruppe identifiziert“ sei. Zu anlassunabhängigen Kontrollen von Menschen mit schwarzer Hautfarbe dürfe es allerdings nicht komme, es müsse immer „eine konkrete Tathandlung einer bestimmten Person beobachtet“ werden. Wegen der Kontrollen im Viertel etwa stehe die Polizei in Kontakt mit dem Pan-Afrikanischen Kulturverein, um zu kommunizieren, dass diese auf Drogendealer abziele. Müller spricht von „Sensibilisierung“ und „guter, innerer Führung“ bei der Polizei.
Olaf Bernau von der gewerkschaftlichen Stelle „Antidiskriminierungsstelle in der Arbeitswelt“ begrüßt die Haltung Müllers. In den letzten Jahren habe es bereits Verbesserungen in Bremen gegeben, so Bernau. Daran gelte anzuknüpfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Wir unterschätzen den Menschen und seine Möglichkeiten“