Rassismus und Polizei Berlin: Inakzeptables Verhalten
Im Innenausschuss war der aggressive Polizeieinsatz gegen eine syrische Familie Thema. Innenstaatssekretär Akmann: „Viele Dienstkräfte sind beschämt“.
Das in den sozialen Medien verbreitete Video zeigt, wie zwei Polizisten am 7. September in der Wohnung eines syrischen Ehepaars in Lichtenberg agierten. Grund des Einsatzes war die Vollstreckung eines Haftbefehls gegen den 30-jährigen Mann, der einen Strafbefehl über 750 Euro wegen Beförderungserschleichung nicht bezahlt hatte. Als sich dessen Ehefrau weigerte, das Zimmer zu verlassen, fuhr sie der Beamte Jörg K. an. „Das ist mein Land, und du bist hier Gast.“ Und kurz darauf: „Halt die Fresse …“
Der Beamte K. wurde nach Bekanntwerden des Videos in den Innendienst versetzt. Gegen ihn und den zweiten am Einsatz beteiligten Beamten seien sowohl strafrechtliche als auch disziplinarrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden, sagte Polizeipräsidentin Slowik im Innenausschuss. Die Ermittlungen wegen Beleidigung und Körperverletzung im Amt werden vom Staatsschutz geführt.
Der Vorfall wurde im Innenausschuss unter dem Tagesordnungspunkt „Besondere Vorkommnisse“ abgehandelt. Dieser sieht nur Fragen, aber keine Aussprache vor.
Fragen der Linken-Abgeordneten zu einem früheren dienstlichen Vergehen von K. und daraus gezogenen Konsequenzen beantworteten Akmann und Slowik nicht. Ob die Polizei sich bei der Familie zu entschuldigen gedenke, wollte der Grünen-Abgeordnete Jian Omar wissen. Zunächst gehe es darum, den Vorfall umfassend aufzuklären, erwiderte die Polizeipräsidentin. Während der laufenden Ermittlungen würden keine Kontakte zu der syrischen Familie aufgenommen.
Der Innenstaatssekretär betonte, dass sich die Polizei Berlin von diesem fremdenfeindlichen Verhalten distanziere, „viele Dienstkräfte sind beschämt“. Es ärgere ihn aber, so Akmann, wenn die Polizei nun insgesamt an den Pranger gestellt und „ein Vergleich zu einem der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte gezogen“ werde. Der Linken-Abgeordnete Ferat Kocak hatte am Samstag gesagt: „Wir haben in der Polizei nicht nur ein Problem mit Rassismus, sondern ein Nazi-Problem.“ Solche Vergleiche seien unerträglich, so Akmann.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verwahrte sich am Montag in einer Presseerklärung gegen den Vorwurf des strukurellen Rassismus: Es handele sich um einen von Tausenden Einsätzen am Tag und die Worte eines von 26.000 Kollegen der Berliner Polizei.
In einem früheren Statement hatte die GdP gefordert, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen das syrische Paar wegen unzulässigen Filmens des Einsatzes zu prüfen. Die Frage der taz dazu beantwortete die Polizeipressestelle am Montag so: Die abschließende Bewertung erfolge durch die Staatsanwaltschaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Der alte neue Präsident der USA
Trump, der Drachentöter