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Rassismus in OsnabrückGeschlossene Gesellschaft

In die Osnabrücker Disko „Alando Palais“ kommt nicht jeder rein. Ein abgewiesener Gast hat Anzeige erstattet. Der Bürgermeister ruft zur Debatte auf.

Nicht jeder darf unter jeder Discokugel tanzen: Türsteher sieben aus Bild: dpa

OSNABRÜCK taz | Eigentlich wollte Ricardo Mitogo einen schönen Abend im „Alando Palais“ verbringen. Aber daraus wurde nichts, denn der Jurastudent kam nicht am Türsteher der Osnabrücker Großdiskothek vorbei. Anders als seine acht Kommilitonen.

Mitogos Vater ist spanischer Herkunft, seine Mutter kommt aus der Dominikanischen Republik. Als Mitogo an der Tür abgewiesen wurde, warfen seine Begleiter dem Türsteher rassistisches Verhalten vor. „Du armer Schwarzer, komm mir nicht mit Rassismus“, war die Antwort.

Die Sache endete auf der Polizeiwache. Der 21-Jährige erstattet Strafanzeige wegen Beleidigung unter Hinweis auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. „Aber juristisch sind solche Fälle alles andere als einfach“, sagt Georg Linke, Sprecher der Polizeiinspektion Osnabrück. Es gebe einfach zu viele Grauzonen. Um aufzuklären, ob Mitogo aufgrund seiner Herkunft vom Türsteher abgewiesen wurde, hat die Polizei nicht, wie sonst bei so einer Ermittlungen üblich, nur Anhörungsbögen verschickt, sondern die Zeugen vorgeladen.

Mitogos Rassismusvorwurf gegen das Alando Palais ist kein Einzelfall. Seit Jahren schwelt das Thema und 2004 wurde Diskotheken-Betreiber Frederik Heede zum Gespräch ins Rathaus zitiert. Vier polnischen Betriebswirtschaftsstudenten war zweimal der Eintritt verwehrt worden – beim zweiten Mal beobachtet durch die Presse.

Der damalige Oberbürgermeister Hans-Jürgen Fip forderte eine Erklärung, Heede verteidigte seine Türpolitik, die „in keinster Weise ausländerfeindlich“ sei und versprach, im Rahmen der nächsten “Interkulturellen Wochen“ einen „Ball der Nationen“ im Alando Palais zu veranstalten. Aber die Vorwürfe blieben. Vor einem Jahr sagte der in Osnabrück lebende Vorsitzende des Niedersächsischen Verbandes Deutscher Sinti, Manfred Böhmer, in einem Interview mit der taz: „Das Alando Palais, die sagen: Zigeuner kommen hier nicht rein.“

„Schlaft ihr auf dem Baum?“

Osnabrücks Oberbürgermeister Boris Pistorius thematisiert den Konflikt nun auf der Facebook-Seite der Stadt und startete vor zwei Tagen folgenden Aufruf: „Seid Ihr vor einer Disko auch schon mal mit merkwürdigen Erklärungen abgewiesen worden, etwa weil Ihr schwarze Haare oder eine dunklere Hautfarbe habt? Habt Ihr auch solche Erfahrungen, wie sie zurzeit öffentlich diskutiert werden? Wir sind der Meinung, dass solche Erlebnisse nicht zu der Friedensstadt Osnabrück passen ...“

Eine Antwort darauf: „Schlaft ihr auf dem Baum? Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Türsteher im Alando nicht nur nach Aussehen, sondern auch nach ethnischer Herkunft sortieren.“ Ein weiterer Kommentar: „Als Frau hat man diese Probleme nicht, aber ich habe sehr oft mitbekommen, dass die Hautfarbe bei den Türstehern eine große Rolle spielt.“

Katharina Opladen, Leiterin des Büros für Friedenskultur der Stadt Osnabrück sagt, dass die kulturelle Vielfalt im Alltag unserer Einwanderungsgesellschaft eigentlich selbstverständlich sein sollte. „Zukunftsorientierte Unternehmen und Einrichtungen zeichnen sich heute dadurch aus, dass sie eine Kultur der Weltoffenheit und Toleranz, der Anerkennung und Wertschätzung pflegen“, sagt Opladen.

Disko-Betreiber Frederik Heede schweigt zu den Vorwürfen. Mitogo und seine Freunde wollen künftig auf den Besuch der Diskothek verzichten.

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19 Kommentare

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  • T
    Teutone

    der saxxe. sollte vielleicht mal geschichtsbücher wälzen. dann würde ihm vllt auch aufgehen, dass die fuhrt, mit deren hilfe früher der osning passiert wurde, eher weniger mit ochsen zu tun hat.

     

    wäre das so, hätte er sich hier ja auch ein hübsches eigentor geschossen: ochsenbrücke im frühmittelalter wäre demnach ja indiz für gehäuftes vorkommen von ochsen wäre demnach ja indiz für gut aufgestellte landwirtschaft wäre im frühmittelalter ja indiz für eine strukturell gut aufgestellte region. abgesehen davon sind von ochsen genutzte flußübergänge ja auch sonst eher mal orte, an denen man die klügeren köpfe des planeten antrifft. (oxford).

     

    wer jedenfalls meint, ins alando zu müssen, dem ist eh nicht mehr zu helfen. saxxe würde aber wohl ganz gut hinpassen.

  • HR
    Helmut Rond

    Leider ist es in unserer 'Einwanderungsgesellschaft' so, dass sich die Einheimischen, bei zu viel Ausländeranteil, dann langsam zurückziehen und der Besitzer eines Tages alleine in seinem Lokal steht.

  • C
    Carsten

    Der Discobesitzer hat das Recht, in seinen Laden zu lassen, wen er will. Und wenn er keine Ausländer drin haben will, ist das eben so. Ob das schön ist oder nicht, ist völlig hupe, es ist SEIN Laden. Es kann doch nicht jeder Honk überall auf Einlass klagen. Wenn ich nicht in ein CSU-Bierzelt reinkomme, muss ich das auch hinnehmen.

     

    Ach und an Tobias:

     

    "In Osnabrück und drumherum ticken die Menschen sowieso ganz komisch"

    Das ist jetzt aber gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und die ist rassistisch, oder?

  • H
    Hella

    Türsteher und Diskobetreiber argumentieren immer damit, dass "die Südländer" Schlägereien anzetteln und Unfrieden verbreiten. Daher verweisen sie auf ihr Hausrecht und die anderen "friedlichen" Gäste, die ja einen angenehmen Diskobesuch haben sollen. Die Sicherheit soll gewährleistet werden. Alles schön und gut. Man will ja auch einen schönen und sicheren Diskobesuch haben. Und oft genug sind mir als Unbeteiligte, schon Messer um die Ohren geflogen. Allerdings muss sich die Türsteherpolitik da Besseres einfallen lassen, als konsequent alle Menschen, die nicht straßenköterblond sind, unter den begriff "Südländer" zu subsummieren und nicht mehr einzulassen. Denn es leiden damit auch Menschen, die mit Schlägereien usw. gar nichts zu tun haben. Komisch dabei ist auch, dass es immer die Schwarzen trifft, ich aber in gesprächen mit Diskobetreibern usw. immer nur Fälle von "Türken und Arabern" aufgezählt bekomme. Wer eine Disko betreibt, d.h. Personal führt, sollte auch solche Führungsqualitäten besitzen, dass er Maßnahmen erschafft, die nicht von Äußeren kulturellen Zugehörigkeiten ausgehen, sondern konsequent Person nach friedlich und Unruhestifter aussortieren und nach diesen Kriterien einlassen.

    Auch die Argumente, "man werde ja als deutscher auch nicht auf Türkenparties gelassen, ziehen nicht.-> diese Politik ist genauso unsinnig.

    Und mit eigenen Erfahrungen zu argumentieren, bei der der Kleidungsstil Auslöser für ein Nichtreinkommen war, ist oberlame. Denn ein phänotypisches Äußeres lässt sich nicht eben mal so ausziehen wie Turnschuhe beim Dresscode "edel."

  • V
    viva

    Es ist grausam, wie Kinder, deren Eltern ihre Ehepartner aus der Karibik oder Afrika mitbringen, wahrscheinlich aufgrund ihrer Pigmentierung nicht in Diskos reingelassen werden. Da gibt es wenigstens einen ehrenhaften Grund für, was ist aber mit denjenigen, die zu dick, zu klein, zu hässlich, zu abgesifft etc. aussehen und auch nicht reingelassen werden?

  • P
    pablo

    Das Problem sind nicht die "Ausländer/Migranten" sondern einige wenige Idioten aller Nationalitäten und darunter leiden müssen dann die "Ausländer/Migranten" insgesamt. Wer pauschal bestimmte ethnische Gruppen ausschließt handelt rassistisch und muss sich dann auch den Vorwurf des Rassismus gefallen lassen denn nichts anderes ist es. Es ist der alltägliche Rassismus der in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommt. Es ist der Rassismus den keine wahr haben will weil ihn fast alle gerne und bereitwillig mitmachen und mittragen und das seit mehr als 60 Jahren BRD. Wir haben nichts dazu gelernt.

  • M
    Migrant

    Ich habe sowas auch vereinzelt erlebt, dass ich in eine Disko nicht rein kam, weil ich die falsche Herkunft habe oder durchsucht wurde, obwohl meine "arisch" aussehenden Begleiter so durchgingen. Da wird man dann in Sippenhaft genommen für einige Idioten. Inzwischen bin ich aus dem Diskoalter raus und kann heute nur resigniert feststellen, dass sich in Deutschland seit den 1980er Jahren nicht wesentlich etwas geändert hat.

     

    @Markus: ist immer leicht so zu reden, wenn man zu der erhabenen Mehrheit gehört, die dieses Problem nicht haben, es fühlt sich aber nicht sehr gut an, wenn man zu der "Empfängergruppe" dieser Art von "Selektion" gehört.

     

    Obwohl ich Diskothekenbetreiber verstehe, die ihr Geschäft schützen müssen/wollen, wäre durchaus mehr Menschenkenntnis und Augenmaß bei diesem Sieben angeasgt, denn nicht jeder, der dunkle Haut hat oder von südlich des Mittelmeers kommt ist gleich ein Schläger, so wenig, wie alle Deutschen Nazis sind, nur weil es rechte Schläger gibt. Wer sich benehmen kann, hat auch kein Recht, in einen Laden reinzukommen, aber das muss dann für alle gelten und nicht nur für bestimmte Nationalitäten.

     

    Da müssten die Türsteher (die ja selbst oft aus der Gosse rekrutiert werden, denn wer macht so einen Job schon freiwillig, wenn er eine vernünftige ALternative hat) eben besser geschult werden und mehr nach dem insgesamten Eindruck gehen, den jemand macht und nicht nach Haar- oder Hautfarbe.

     

    Die Konsequenz wird dann eben sein, dass die gesellschaftliche Spaltung sich vertieft und dann jede ethnische Gruppe eben ihre eigenen Läden und Diskotheken aufmacht, so wie in manchen Großstädten jetzt schon üblich.

  • B
    breuer

    Wie füllt man als Leiterin eines Büros für Friedenskultur einen Arbeitstag aus.

  • J
    Jammer

    Mich lassen sie auch nicht in die meißten HipHop-Diskotheken rein, weil ich nicht "hip genug" bin. Wäre ich schwarz mit bunter hipper Kleidung und Rastalocken dazu ganz Hanf-gechillt, wäre das gleich ganz anders.

    Aber als stino-Deutscher wirst du rassistisch diskriminiert und keine grüne Sau schert sich darum.

     

    Also Mitogo, dir gehts wie jedem anderen in D, du bist nichts Besseres und hast auch keine Sonderrechte! Jammer also nicht rum, wir tuns auch nicht.

  • S
    Stefan @Mikkel

    Es gilt hierzulande aber immer noch die Unschuldsvermutung. Die sollte auch für Jugendliche mit Migrantionshintergrund gelten.

    Es gibt z.B. genügend Deutsche, die sich auf dem Ballermann auf Mallorca daneben benehmen.

    Ich habe noch noch nie gehört, dass Menschen dort nicht mehr Hotels buchen können oder ihnen der Zugang zum Strand verwehrt worden wäre, nur weil sie Deutsche sind. Und das zu Recht:

    Nur weil einige sich daneben benehmen, kann man den Rest nicht in "Sippenhaft" nehmen.

    Was würden Sie denn sagen, wenn Sie an Ihrem Lieblingsurlaubort nicht mehr Urlaub machen können, weil man Ihnen sagt: "Nee, Sie können hier nicht mehr Urlaub machen, da waren Gestern ein paar Deutsche, die sich hier daneben benommen haben."

  • S
    Saxxe

    Die Nieder Sachsen.

     

    In Ochsenbrücke lebt es sich halt anders.

     

    "Im Gegensatz zum unkastrierten männlichen Rind, dem Stier, ließ sich ein Ochse gut abrichten und eignete sich damit in der Landwirtschaft als Zug- und Arbeitstier." Wikipedia

     

    Früher wurden da auch sehr viele Hexen verbrannt. Die Katholen halt.

    Das machen sie doch heute nicht mehr, oder?

     

    Ach, da ist noch mehr passiert. Lest doch selber nach.

     

    Ochsen, aller Länder, vereinigt euch.

  • M
    Martin

    Ich muss ganz ehrlich sagen, das hier vermutlich die Erfahrung des Diskothekenbetreibers dazu geführt hat, bestimmtes Klientel nicht einzulassen.

     

    Der meiste Stress in From von Gewaltdelikten geht nun man von bestimmten Personengruppen aus, das ist auch statistisch belegt.

  • H
    Hulk

    "Friedensstadt Osnabrück" und "Katharina Opladen, Leiterin des Büros für Friedenskultur", dazu "[...]dass kulturelle Vielfalt im Alltag unserer Einwanderungsgesellschaft eigentlich selbstverständlich sein sollte" und "Zukunftsorientierte Unternehmen und Einrichtungen zeichnen sich heute dadurch aus, dass sie eine Kultur der Weltoffenheit und Toleranz, der Anerkennung und Wertschätzung pflegen"......

     

    Uff, ganz schön harter Tobak der hier in ein paar Zeilen rausgehauen wird.

    Ich könnte mich jetzt zeilenweise darüber auslassen, aber belassen wir es einfach mal dabei: Frau Opladen-Wachen Sie mal auf aus Ihrem komatösen "Ich mach' mir die Welt

    Widdewidde wie sie mir gefällt"Traum ....

  • AG
    Anton Gorodezky

    Ich habe mich schon gewundert: was sind das denn für Kerle, die ihren abgewiesenen Freund alleine an der Diskotür zurücklassen?

     

    Das AGG ist doch ein zahnloser Papiertiger, wenn der Diskothekenbetreiber ein paar disziplinierte Türsteher hat, die um Gottes willen keine rassistischen Kommentare ablassen. Das Ablehnen an der Tür muss nämlich überhaupt nicht begründet werden.

  • M
    Markus

    Ich kann es verstehen, dass Besucher von Diskotheken unter sich bleiben wollen. Ich komme aus Duisburg und hier gibt es den "Delta-Musik-Park". Dort gibt es auch regelmäßig rege "Diskussionen" am Eingang. Viele Besucher sind froh dass bestimmt Personengruppen nicht in die Disko kommen, da es regelmäßig Schlägereien mit eben diesen gibt. Und ich kann verstehen dass der Betreiber seine Stammkundschaft nicht verlieren will.

  • T
    Tobias

    In Osnabrück und drumherum ticken die Menschen sowieso ganz komisch. Um die Menschen dort zu charakterisieren, klingt "konservativ" noch beschönigend.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Deutschland sollte ein rassismusfreies Land sein.Dieses sollte auch erleb und erfahrbar werden.

  • JD
    john doe

    da habt ihr aber ein Geheimnis aufgedeckt!

    Das höre ich von Freunden mit Migrationshintergrund

    schon seit Jahrzehnten.

    Aber in einer Friedensstadt und einem Jurastudenten darf sowas natürlich nicht passieren.

    Die Köllner nennen sowas" Aus einem Furz einen Fackelzug machen".

    Der Besitzer hat das Hausrecht. Da hilft Jammern wenig. Auch Idioten haben Rechte.

    Ich bitte auch darum einen Artikel über Länder im Norden zb Norwegen zu schreiben. Da steht manchmal an der Discotür. "Keine Ausländer erwünscht".

    Und jetzt? Ne Lichterkette?

  • M
    Mikkel

    So leid mir das für Herrn Mitogo auch persönlich tut, ich habe aber auch Verständnis für die Türstehen des Clubs, den ich persönlich nicht kenne. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es in der Regel mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund vor und in Discos oft erhebliche Gewaltprobleme gibt und die Betreiber der Discotheken natürlich reagieren müssen. Ich kenne etliche Clubs, die gezwungen waren hnlich zu handeln, gerade auch nachdem immer wieder neue Versuche gestartet worden waren offen und tolerant für alle zu sein. Leider konnte man schon die Uhr danach stellen, dass es sobald gerade türkische oder arabischstämmige Jugendliche "rein" durften, es zu regelmäßigen Gewaltexessen kam. Das läßt sich quer durch die Republik beobachten. Schade, dass darunter immer einzele leiden müssen Fazit: Es gibt leider bittere Wahrheiten, um die man nicht herum kommt.