Rassismus bei der Polizei: Seehofers Sieg
Aus einer Studie zu Rassismus in Sicherheitsbehörden soll nun eine zu Alltagsrassimus und Polizeialltag werden. Das ist noch nicht mal lustig.
A ngefangen hat diese Geschichte damit, dass Deutschland einige Einblicke in die rassistischen Strukturen mehrerer Polizeibehörden serviert bekommen hat: Hier ein menschenfeindlicher WhatsApp-Chat, dort eine antisemitische Parole unter Polizist*innen, unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch Beamt*innen und immer wieder Fälle von anlasslosem Racial Profiling. Man kommt gar nicht mehr mit: jeden Tag ein neuer Einzelfall.
Die Begleitmusik zu diesen depressiv machenden Meldungen: Einige forderten eine Studie zu rassistischen Einstellungen innerhalb deutscher Polizeien. Also eine Studie, die belegen soll, was unabhängige Recherchen, Migrationsverbände, Wissenschaftler*innen und Betroffene schon seit Jahrzehnten berichten, die aber gleichzeitig als DIE LÖSUNG verkauft wird. Good old trick: einige Jahre mit Untersuchungen verplempern, um bloß keine strukturellen Veränderungen – wie zum Beispiel eine wahrlich unabhängige Aufsicht für Polizeibehörden – einzuleiten.
Als wäre das nicht genug Zirkus: Auf Horst Seehofer ist immer Verlass. Der Innenminister weigerte sich wochenlang, die genannte Studie durchführen zu lassen. Denn sein Ministerium sehe schlicht „kein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus“ in den Sicherheitsbehörden. Basta! Rassismus in Form von Racial Profiling sei außerdem verboten und deswegen könne es so etwas nicht in der Polizei geben. Weil es so bezeichnend ist, nochmal: Rassismus ist verboten und deswegen kann es Rassismus nicht in der Polizei geben. Aha!
Die Wundertüte
Deutschland ist eine Konsensdemokratie, auch bekannt als Wundertüte. Man spricht miteinander und findet einen kreativen Ausweg, der für alle Beteiligten am Tisch bequem ist. Die Betroffenen bleiben dabei natürlich außen vor. Und so ging diese Woche eine Eilmeldung durch die Republik: Horst Seehofer stimmt Rassismusstudie zu.
Nur lautet der Kompromiss dabei, dass die Studie nun die „Entwicklung und Verbreitung diskriminierender Handlungen in der Zivilgesellschaft, in Wirtschaft und Unternehmen sowie öffentlichen Institutionen“ erforschen soll. Also das, was schon längst bekannt ist. Schaden kann das ja nicht, oder? Wäre da nicht ein anderes, wichtiges Detail: Der Kompromiss orientiert sich – Achtung! – an einem Vorschlag der Gewerkschaft der Polizei, also der Polizei selbst. Im Fokus sollen demnach auch die Belastungen von Polizist*innen in ihrem Arbeitsalltag stehen.
That’s it, das ist das Ende dieser Geschichte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links