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Rassismus an der Hochschule BremenNur ein schlimmer Einzelfall?

Eine Studentin wirft der Hochschule Bremen Rassismus vor. Rektorat und AStA wollen Konsequenzen ziehen – welche, schätzen sie unterschiedlich ein.

Problem Kopftuch? Studierende bei einer Einführungsveranstaltung im Oktober 2016 Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Bremen taz | Nach Rassismus-Vorwürfen haben der Allgemeine Studierendenausschuss der Hochschule Bremen und deren Rektorat angekündigt, sich in dieser Woche über die Situation auszutauschen. „Wir fordern eine bessere Sichtbarkeit der Beschwerdestelle“, so Jerome Geisinger, Vorstandsmitglied des Asta, „eine strukturelle Veränderung und wollen als Studierendenschaft an dem Veränderungsprozess teilhaben.“

Katrin Luckey, die Rektorin der Hochschule, sagt: „Wir nehmen jeden Vorwurf ernst und zum Anlass, daraus Schlussfolgerungen für die Hochschulentwicklung zu ziehen.“

Im Online-Netzwerk Instagram hatte eine 21-jährige Studentin schwere Vorwürfe gegen die Hochschule erhoben: Ein Mitarbeiter habe ihr aufgrund ihres Kopftuches geraten den Studiengang zu wechseln, schrieb die angehende Ingenieurin am 22. Mai – damit sie nicht mehr von so vielen Männern umgeben sei.

Probleme auch schon früher

Der Post erhielt Tausende Likes und ging buchstäblich viral. Mittlerweile hat die Frau ihr Profil auf privat gestellt, der Eintrag ist nicht mehr zu lesen. Mit der Presse will sie nicht sprechen: Die Geschichte belaste sie schwer, habe gar zu einem epileptischen Anfall geführt.

Aus dem Post – der der taz vorliegt – geht zudem hervor, dass es schon früher zu Problemen gekommen sei. So habe eine Professorin ihr zwei verschiedene Mails mit zwei unterschiedlichen Prüfungsergebnissen zugesandt. Als sich die Studentin zur Klärung an das Prüfungsamt gewandt habe, sei ihr unterstellt worden, die Mail mit der besseren Note gefälscht zu haben.

Um die Situation zu klären, habe sie schließlich mit einem sogenannten „Schiedsrichter“ gesprochen – und in diesem Gespräch sollen die zitierten Äußerungen über ihr Kopftuch und ihr Studienfach gefallen sein. Außerdem soll der Mann gedroht haben: „Ein Tipp von mir, verbrennen Sie sich die Sohlen nicht nochmal, sonst stürzt das Flugzeug ein, denn Sie stehen auf der roten Liste.“

Asta-Vorstandsmitglied Geisinger hält es für möglich, dass die Hochschule ein strukturelles Rassismusproblem hat. Auf einer Demo gegen Diskriminierung, zu der Ende Mai auch das Rektorat selbst aufgerufen hatte, hätten ihn mehrere Personen auf eigene Erfahrungen mit Diskriminierung angesprochen:

„Es haben sich seit dem Bekanntwerden des Vorfalls einige Leute an uns gewandt, das zeigt, dass es sich hierbei nicht nur um Einzelfälle handelt.“ Geisinger geht außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus: Nicht alle Betroffenen hätten die Kraft, sich zu ihren derartigen Erlebnissen zu äußern.

Beschwerdestelle wenig bekannt

Bei aller Aufklärungsbereitschaft sieht das Rektorat die Sache offenbar weniger schwerwiegend: „Wir halten Formen der Diskriminierung aufgrund unserer klaren Positionierung, unserer Zielsetzung und den Anforderungen an unser Qualitätsmanagement für kein strukturelles Problem“, sagt Luckey.

Sie räumt aber ein: „Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und an jedem Ort, in jeder Organisation und jederzeit möglich.“ Warum die betroffene Frau „sich bislang lediglich über Instagram geäußert hat, ist derzeit nicht bekannt“, sagt Luckey.

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kann man sich in Deutschland gegen Diskriminierung etwa aufgrund des Geschlechts zur Wehr setzen. In der Hochschule Bremen gibt es für solche Fälle eine Beschwerdestelle. Die sei aber weitgehend unbekannt, bemängelt Geisinger. Auch auf den aktuellen Fall wurde die Einrichtung erst durch die sozialen Medien aufmerksam. „Wir fordern eine niedrigschwellige Beschwerdestelle“, sagt Geisinger.

Geisinger vermutet, dass die Beschwerdestelle nicht unvoreingenommen arbeitet, denn sie sei identisch mit der Rechtsstelle, welche „die Hochschule rechtlich vertritt“. Daraus entstehe „ein Interessenkonflikt, wir fordern daher eine Umstrukturierung der Beschwerdestelle“.

Luckey sieht das anders: „Mögliche Interessenskonflikte lägen dann vor, wenn dabei von Parteilichkeit in dieser Funktion ausgegangen wird“, sagt die Rektorin. „Dies ist jedoch nicht zu unterstellen.“ Dennoch wolle man sich mit dem Asta zusammensetzen und überprüfen, ob die bestehenden Strukturen verändert werden müssen.

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9 Kommentare

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  • Liebe taz,

    ich liebe und unterstütze Euch, aber dieser Artikel scheint mir doch etwas unterrecherchiert. Nichts, was die Stichzeile rechtfertigt.

    Und überhaupt verstehe ich nicht die Verwendung des Begriffs "Rassismus" in diesem Zusammenhang. Vielleicht bin ich da nicht tief genug in den gängigen Diskurskreisen, aber macht die Angehörigkeit zu einer Religion jemanden zu einem Angehörigen einer "Rasse"?

    Vielelicht kann mich jemand aufklären.

  • Mit dem Kopf- und GesichtsverschleierungsGebot haben die Taliban Frauen den Berufs-Weg für eine Karriere in den afghanischen Medien eröffnet, was hierzulande entgeistertes Kopfschütteln wegen der damit befürchteten Diskriminierung beruflich strebsamer muslimischer Frauen auslöste.



    Mit dem Kopf- und GesichtsverschleierungsGebot für Mädchen haben die Taliban den Frauen die Schulbildung erspart, als fürchteten die Taliban-Männer die Diskriminierung durch das ihnen überlegene feminine Intelligenz-Potential, das die feministische Frauen-BefreiungsBewegung hierzulande den Frauen "per se" unterstellt mit dem Vorwurf an die noch dominierende Männer-Gesellschaft, das feminine Intelligenz-Potential diesbezüglich frauendiskriminierend zu verschleiern.

    „Religiöse“ Be- bzw. VerkleidungsSymbolik, die in Afghanistan und hierzulande die Diskriminierung der muslimischen Frauen bewirkt.



    Ein Ausweg aus diesem femininen ZwangsDilemma wäre, sich von der Kopf- und GesichtsVerschleierung in der Öffentlichkeit emanzipatorisch zu befreien.

  • Einem "Rat" kann man folgen, muss man aber nicht. Meinungen kann man teilen, muss man aber nicht. Symbole kann man mögen, muss man aber nicht. Kann mir jemand erläutern, warum der "Rat" eines Einzelnen Rassismus sein soll?

    • @Nachtsonne:

      Der "Rat" ist eine diskriminierende Äußerung, die Vorurteile und Unterstellungen offenbart. Solche "Ratschläge" muss man nicht unkommentiert hinnehmen. Außerdem wird ein solcher "Rat" problematisch, wenn er in einer Machtposition geäußert wird: so ist hier der "Schiedsrichter" für die Studentin die zuständige Ansprechperson, er hört ihr aber nicht wirklich zu, sondern äußert Vorurteile. Damit läuft die Studentin hier vor die Wand und kommt mit ihrem Problem nicht weiter. Sie wird aufgrund von Vorurteilen in ihrem Möglichkeiten beschnitten, sich zum Vorfall zu äußern und zur Wehr zu setzen.

  • Also, um das mal zusammenzufassen: Eine Studierende hat von EINEM Mitarbeiter den "Rat" bekommen, ihr Studienfach zu wechseln. Sowohl seine Begründung an sich, als auch die hier dargestellte Wortwahl sind natürlich unterirdisch und inakzeptabel, ABER: Sind das bisher Behauptungen der Studierenden, oder ist die hier dargestellte Wortwahl nachgewiesen? Und wenn man dem Stress, den eine solche Diskussion mit sich bringt, egal ob psychisch oder physisch (ich bin selber Epileptiker, ich weiß wovon ich rede), nicht gewachsen ist: WARUM postet man so einen Vorwurf öffentlich?! Da wünsche ich mir von der TAZ doch eine besser ausrecherchierte Story, statt Behauptungen in den Raum zu stellen und diese mit bewiesenen Tatsachen gleichzustellen... Die Überschrift "Rassismus an der Hochschule Bremen" ist jedenfalls eine Frechheit.

    • @Gregor von Niebelschütz:

      Das tut man, wenn man 21 ist und instagram etc. der gewohnte Kommunikationsweg sind, einem aber die evtl. Auswirkungen (medial, viral) überhaupt nicht klar sind. Ein häufiges Problem im Zusammenhang mit Internet/sozialen Medien.



      Besser (vielleicht aber auch nicht wirksamer) wäre natürlich der "klassische" persönliche Weg gewesen: Fachschaft, Asta, Beschwerdestelle...

      • @blutorange:

        „Wenn man 21 ist und einem die Auswirkungen von sozialen Medien nicht klar sind.“ Im Ernst!? Meine Schüler sind in der 5. und 6. Klasse und selbst DIE wissen, dass man nicht alles posten sollte. Nein, hier wurde einfach vorschnell und (meiner Meinung nach) dumm gehandelt, denn je nachdem wie sie die Vorwürfe geäußert hat (ich kenne den genauen Wortlaut nicht), hat sie jetzt unter Umständen auch noch eine Anzeige wegen Verleumdung am Hals. So etwas ernstes klärt man NIE in den sozialen Medien.

  • Yo, wenn die Studentin nicht einmal mit UnterstützerInnen spricht, wird’s s schwierig.

  • Und schon wieder wird der Begriff "Struktureller Rassismus" falsch verwendet.

    Hier ist übrigens der scheinbar einzige Artikel, dem man ein paar Infos über den Hintergrund entnehmen kann: www.kreiszeitung.d...gion-91567327.html

    Klingt alles ein bisschen seltsam...