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Rassismus an Universität in MissouriDie Macht der Football-Spieler

Seit Monaten protestieren Studenten an der Uni Missouri gegen Rassismus. Jetzt endlich tritt der Rektor zurück – weil Sportler Druck ausüben.

Jubel nach dem Rücktritt: StudentInnen der University of Missouri am Montag Foto: ap

Es war im September, als Payton Head über den Campus der University of Missouri lief und von Kommilitonen aus einem vorbeifahrenden Pick-up heraus als Nigger beschimpft wurde. „Ich frage mich, warum meine bloße Existenz eine solche Bedrohung für die Gesellschaft zu sein scheint“, fragte sich der Präsident der Studierendenvertretung daraufhin auf seiner Facebook-Seite. Es seien, so schrieb er, nicht die ersten rassistischen Übergriffe, die er an der Universität im Süden der USA hatte erdulden müssen.

Was folgt, ist eine klassische Protestgeschichte. Sie handelt von Wut und Ignoranz und findet ein Ende, wie es wohl nur in den USA zu erleben ist.

Payton Heads Facebook-Post verbreitet sich, immer mehr Studenten fordern eine Reaktion der Universität. Ein paar Tage später schreibt Kanzler R. Bowen Loftin in einem Statement: „Mizzou wird Hass nicht tolerieren.“ Warme Worte, die den StudentInnen nicht reichen. Die Proteste und Forderungen, etwas gegen den Alltagsrassismus zu unternehmen, dauern an. Die Gruppe „Concerned Student 1950“ gründet sich – benannt nach dem Jahr, in dem die Universität erstmals schwarze Studenten zugelassen hatte. Bis heute ist die überwiegende Mehrheit der Studenten weiß.

Rektor Tim Wolfe zeigt sich ob des medienwirksamen Protests bemüht, aber wenig handlungsbreit. Er trifft sich mit den Aktivisten, findet ihre Forderungen nach seinem Rücktritt jedoch unangemessen. Hass und Rassismus sind natürlich nicht zu tolerieren, aber darüber gleich die eigene Karriere wegwerfen? Nicht doch.

Es ist ein unangenehm familiärer Mechanismus in den USA: Rassismus, der immer noch alltäglich ist, wird öffentlich gemacht, doch wenig passiert. Da wird schon eher ein Nachbarschaftswärter in Florida von einer Jury freigesprochen, nachdem er einen afro-amerikanischen unbewaffnenten Teenager in „Notwehr“ erschießt.

An der Uni in Missouri geht die Geschichte anders aus – weil Football-Spieler den Protest unterstützen. College-Football wird in Amerika geradezu religiös verehrt, die Spieler sind Helden, Prominente, Mächtige. Eine Gruppe schwarzer Spieler kündigt an, nicht aufzulaufen, solange Wolfe nicht zurücktritt. Zwei Tage später haben sie ihren Erfolg, Wolfe tritt am Montag zurück. Er beugt sich nach Wochen des Protests nicht etwa Argumenten oder der Einsicht, dass die Universität eine Veränderung braucht. Er beugt sich der Macht des Sports. The show must go on.

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1 Kommentar

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  • "Es ist ein unangenehm familiärer Mechanismus in den USA:"

    Das englische "familiar" kann man in diesem Zusammenhang aber nicht mit "familiär" übersetzen. "Vertraut" würde vielleicht passen.