Rassismus-Bericht: Die Politik fördert Diskriminierung
Viele Schwarze und muslimische Menschen in Deutschland erfahren regelmäßig Rassismus. Doch die Schutzversprechen der Politik sind scheinheilig.

U nd wieder ist es Zeit für obligatorische Solidaritätsbekundungen. Noch-Bundesinnenministerin Nancy Faeser teilt mit, es brauche „die Kraft unserer gesamten Gesellschaft, um allen, die Rassismus erleben, zu zeigen: Wir gehören zusammen, wir schützen Euch.“ Rassismus ist in Deutschland ja auch ein massives Problem, wie der Bericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors zeigt. Fast zwei Drittel der Schwarzen und muslimischen Menschen erleben mindestens einmal pro Monat Benachteiligung, die von abwertenden Kommentaren bis zum brutalen körperlichen Angriff reichen.
Warum also fühlt sich Faesers Aussage so hohl, ja verlogen an? Vielleicht, weil Deutschlands Politiker*innen denken, man könne Rassismus zurückdrängen, während sie gleichzeitig Ressentiments gegen Flüchtlinge schüren. In Faesers Amtszeit fallen die massivsten Verschärfungen der Asylpolitik seit 1993. Aus Furcht vor dem Erfolg der AfD hat die SPD eine ihrer Grundüberzeugungen nach der anderen aufgegeben.
Olaf Scholz inszenierte sich als Abschiebekanzler, Faeser verwies unermüdlich darauf, wie sie die Neuankünfte von Flüchtlingen verringert habe. Natürlich schwappt der implizite Rassismus dieser Politik in die Gesellschaft über und befeuert genau die Diskriminierung, die Faeser zu bekämpfen vorgibt. Unter einem Kanzler Friedrich Merz dürfte es noch viel schlimmer werden. Wo die SPD mit ihrer Flüchtlingspolitik nur indirekt Rassismus befeuert, geht die Union den direkten Weg.
Merz forderte im Wahlkampf neben der Zurückweisung aller Geflüchteten an den Grenzen auch die Ausbürgerung von Deutschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, wenn sie straffällig werden. Im Sondierungspapier mit der SPD steht nun, dies solle geprüft werden. Viel klarer kann man nicht zum Ausdruck bringen, dass man migrantische Menschen für Bürger zweiter Klasse hält. Es wäre ein Konjunkturprogramm für Rassismus. Man kann sich vorstellen, wie die Statistiken zu Diskriminierungsvorfällen dann aussehen dürften.
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