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Rangelei auf der OstseeAtomkonvoi drängt Greenpeace ab

Anti-Atom-Protest: In der Ostsee liefert sich der Konvoi um das schwimmende AKW „Akademik Lomonosow“ ein Scharmützel mit Greenpeace.

Das schwimmende AKW „Akademik Lomosonov“ im Hafen von St. Petersburg Foto: reuters

Mönchengladbach taz | Unweit der dänischen Insel Bornholm ist es am Donnerstag zu einer Rangelei zwischen einem Begleitboot des schwimmenden AKWs „Akademik Lomonosow“ und einem Schiff der Umweltorganisation Greenpeace gekommen.

Schiffe des Konvois der „Akademik Lomonosow“ hätten „gemeinsam mit Schiffen der Küstenwache von Schweden und Dänemark einen gefährlichen Annäherungsversuch des Schiffes „Beluga 2“ mit Anti-Atom-Aktivisten an Bord an das schwimmende Atomkraftwerk verhindert“, heißt es in einer Erklärung des russischen Atomkonzerns „Rosatom“. Als Betreiber trägt er die Verantwortung für die „Akademik Lomonosow“.

Ungeachtet dieses Vorfalles werde das Atomschiff seinen Weg Richtung Murmansk im Nordmeer fortsetzen, so Rosatom. Hier sollen die zwei Reaktoren des Kraftwerks mit nuklearem Brennstoff ausgestattet werden. Im Juni 2019 wird das Schiff im sibirischen Pewek erwartet. Dort soll es die Bewohner und Fabriken mit Strom zu versorgen.

Die „Akademik Lomonossow“, die von zwei Schleppern gezogen wird, passiert derzeit die Küsten von Estland, Finnland, Schweden, Dänemark und Norwegen. Am Samstag war es in St. Petersburg gestartet. Es wird dem russischen Internetportal „vz.ru“ zufolge in ungefähr zehn Tagen in Murmansk erwartet. „Wir loben den Professionalismus der Crews des Schiffes KBV314 der schwedischen Küstenwache und des dänischen Marineschiffes“, heißt es in der Erklärung von Rosatom.

Atomkraft ist notwendig um Polarnächte zu erhellen

Gleichzeitig attackierte Rosatom die Umweltorganisation Greenpeace. Deren Behauptungen über die Gefahren des Kraftwerkes „entbehren jeglicher Grundlage. Greenpeace hat keine echten wissenschaftlichen Beweise geliefert, die die These von Risiken oder Mängeln dieses Kraftwerkes stützen“.

Wer glaube, dass man zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie leben könne, erkenne nicht, dass bei minus 60 Grad in einer Polarnacht weder Solar- noch Windanlagen die erforderliche Energie für Wohnungen und Industrie liefern können. Da könne man eben nur zwischen Kohle und Atom wählen, so Rosatom.

Rashid Alimow, Energy-Campaigner von Greenpeace Russland, stellt den Vorfall anders dar. Er bestätigt der taz, dass ein Greenpeace-Schiff der „Akademik Lomonosow“ folge. „Dies geschieht in einer von der Küstenwache empfohlenen Entfernung.“ Zwischen den Masten der „Beluga 2“ wehe ein Banner der Umweltschützer mit der Aufschrift „Sie transportieren ein AKW? Ist doch nicht Ihr Ernst!“

Greenpeace sieht die Sache anders

Alimow widerspricht der Darstellung von Rosatom, das Greenpeace-Schiff habe sich dem Schiffskonvoi gefährlich genähert. Mit der „Beluga 2“ nehme „Greenpeace sein Recht war, auf dem Meer einen friedlichen Protest zu artikulieren“. Gleichzeitig, so Alimov, würde seine Organisation die Schiffe des Atomkonvois nicht am Weiterfahren hindern.

Vielmehr habe ein Begleitschiff des schwimmenden AKWs am Donnerstagmorgen versucht, das Greenpeace-Schiff abzudrängen. Dies sei jedoch von der schwedischen Küstenwache verhindert worden, sagte Alimov der taz. Auf Bitte von Greenpeace habe sich die schwedische Küstenwache zwischen die Schiffe von Rosatom und Greenpeace geschoben.

Der Konflikt zwischen Greenpeace und Rosatom erinnert an einen früheren Konflikt der NGO mit den russischen Behörden: Im September 2013 waren 30 Greenpeace-Aktivisten von russischen Grenzschützern vor einer Bohrinsel in der Arktis verhaftet worden. Damals hatte das Greenpeace-Schiff „Arctic Sunrise“ gegen die Ölförderung protestiert. Erst Ende November 2013 waren die sogenannten „Arctic 30“ wieder auf freien Fuß gelangt.

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7 Kommentare

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  • Ich habe mir mal in Google Maps die Lage des „Zielortes“ Pewek angesehen. Ob man in Alaska schon ahnt, was da reichlich 1000 km westlich entstehen wird? Jedenfalls ist dieser Abstand nicht sehr viel größer, als der zwischen Tschernobyl und D.!

    Im Fall des Falles wird wohl, zusätzlich zur ortsansässigen Bevölkerung, auch Alaska was von der radioaktiven Wolke abkriegen.

     

    Noch gefährlicher dürfte der Teil der Radioaktivität sein, der von der Meeresströmung fortgetragen wird. Fische, die damit in Berührung kommen, lagern sie im Körper ein und tragen sie entlang ihrer Wanderrouten weiter, verstrahlen ggf. ihre Fressfeinde – bis die Radioaktivität in den Fischernetzen und Kochtöpfen irgendwo auf der Welt ankommt.

    Guten Appetit!

    • @Pfanni:

      Amerikaner gegen Atomkraft? Sie scherzen?

    • @Pfanni:

      In weit geringerer Entfernung zu uns liegen etliche Schiffe mit ähnlichen (kleinen, speziell für den maritimen Einsatz gebauten) Reaktoren an Bord. Nur werden die nicht explizit als Stromlieferanten genutzt.

       

      Letztlich ist es, als lägen in dem Hafen zwei atomgetriebene Eisbrecher vor Anker. Das kommt aller Nase lang vor. Wenn die Leute in Alaska und anderswo noch nicht an der Panik vor diesem gräuslichen Zustand gestorben sind, werden sie die Angest vor der "Atombarke" hoffentlich auch noch überleben...

      • @Normalo:

        Eben, normal, da kommen einfach noch welche dazu. Dann gibt es halt einen GAU. Macht doch nix. ;)

  • Sehr wichtig, die Greenpeace-Aktion! Atomkraftwerke sollten nicht auf Schiffen gebaut werden, man stelle sich vor Tschernobyl oder Fukushima mit ihren offenbar noch immer glühenden Kernen stünden nicht auf dem Festland. Manche Risiken darf man nicht eingehen!

    • @EricB:

      Das stimmt schon. Aber warum ist dann der Protest gegen atomgetriebene (und bewaffnete) Kriegsschiffe so gering? Sind die ungefährlicher?

    • @EricB:

      Schiffe sind einer der gängigsten Betriebsorte für Atomreaktoren, und die Zahl der Reaktorunfälle auf solchen gibt wenig Anlass zur Besorgnis.Außerdem ist das Meer wesentlich besser geeignet, um stark strahlende Materie so weit zu verteilen, dass sie keinen Schaden mehr anrichtet. Die Verseuchung nach einem GAU im Wasser wäre daher weniger nachhaltig als sie es jetzt z. B. rund um Tschernobyl und Fukushima ist.

       

      Davon abgesehen sind das hier auch keine "normalen" Atomreaktoren, die man statt auf dem Land einfach auf ein Schiff gebaut hat. Sie sind für den Betrieb an Bord von Eisbrechern entwickelt, also an den Betrieb auf See voll angepasst.