Ramadan für Flüchtlinge: Fasten in der Erstaufnahme
Am Montag beginnt für MuslimInnen der Fastenmonat. In den zentralen Erstaufnahmen betrifft das ungefähr 3.000 Menschen. Sind die Behörden vorbereitet?
Die Verwaltung der Flüchtlingsunterkünfte stellt sich auf Enthaltsamkeit ein. Ramadan, der muslimische Fastenmonat, beginnt am 6. Juni und bedeutet für die BetreiberInnen der Unterkünfte eine Umstellung. Knapp die Hälfte der BewohnerInnen der zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen ist muslimisch – darf also nach den Regeln ihres Glaubens zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang weder essen noch trinken.
Koordinierungsstab fühlt sich „gut vorbereitet“
„Wir sind darauf eingestellt und werden das entsprechend organisieren“, sagt Christiane Kuhrt, die Sprecherin des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge. Die Umsetzung liege allerdings bei den Betreiberunternehmen wie Fördern und Wohnen, die ihrerseits Cateringfirmen mit der Essensversorgung beauftragen.
„Es wäre wünschenswert, dass die Caterer Rücksicht nehmen und die Uhrzeiten entsprechend anpassen“, sagt Mustafa Yoldas, der Vorsitzende des Hamburger Moscheezusammenschlusses Schura. „Außerdem wäre eine warme Mahlzeit am Abend gut, nachdem die Leute dann 18 Stunden gefastet haben.“ Das aber ist in den Einrichtungen normalerweise nicht üblich – die eine warme Mahlzeit des Tages gibt es mittags. Man sei aber im Gespräch mit der Stadt, so Yoldas – und für die Einrichtungen, bei denen es nicht klappt, übernehmen Moscheen Patenschaften und organisieren das gemeinsame Fastenbrechen am Abend, kündigte er an.
Bei Fördern und Wohnen ist man aber zuversichtlich: „Wir werden die Caterer entsprechend beauftragen, die Uhrzeiten anzupassen“, sagt die Sprecherin von Fördern und Wohnen, Susanne Schwendtke. Sie rechne nicht mit Problemen, da die Versorgung an Ramadan auch im vergangenen Jahr gut geklappt habe.
Melden, dass man feiert
Konkret läuft es so, dass sich die praktizierenden MuslimInnen beim Sozialmanagement der Unterkünfte melden und sagen, dass sie Ramadan feiern wollen. In der Erstaufnahme in der Schnackenburgallee haben sich nach Angaben von Fördern und Wohnen bisher 550 Personen gemeldet, also knapp die Hälfte der BewohnerInnen.
„Wenn das auch in den anderen Unterkünften in etwa die Dimension ist, haben wir insgesamt 3.000 Menschen in Unterkünften, die Ramadan feiern“, so Schwendtke. Für alle anderen laufe alles wie gewohnt. Die Fastenden bekämen beim Abendessen schon ein Lunchpaket für das Frühstück, das noch bei Dunkelheit stattfinden muss – derzeit also gegen 4.30 Uhr. Zum Frühstück gebe es Obst, Datteln und ein Sandwich, erklärt Schwendtke, „alles halal“. Für das Fastenbrechen nach Sonnenuntergang werde man die Caterer beauftragen, zwischen 21.45 Uhr und 22.30 Uhr eine warme Mahlzeit auszugeben. Christiane Kuhrt vom zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge gibt außerdem an, das ärztliche Personal in den Unterkünften werde ein besonderes Augenmerk auf die Fastenden haben, da vor allem Ältere Gefahr liefen, zu dehydrieren.
Mekka, fasten, beten
Das Fasten an Ramadan stellt im Islam eine der fünf Säulen dar – fünf Pflichten, nach denen sich MuslimInnen richten sollen. Neben dem Fastenmonat sind das die Pilgerfahrt nach Mekka, das Glaubensbekenntnis, fünf tägliche Gebete und die Unterstützung von Bedürftigen in Form einer Sozialabgabe. Ramadan findet jedes Jahr im neunten Monat des islamischen Kalenders statt, der sich nach dem Mond richtet.
Während der 30 Tage solle tagsüber „jeder freie Mensch“ fasten, erklärt Mustafa Yoldas. Ausgenommen sind Gefangene, Kinder, Kranke, Schwangere und Reisende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau