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Die WahrheitEin Fläschchen Monsterpisse

Irischen Whiskey – früher schrieb man ihn öfters wie den schottischen Whisky ohne e – gibt es seit mehr als tausend Jahren. Die Schotten üben noch …

W enn man das Wort laut ausspricht, läuft einem ein wohliger Schauer über den Rücken: Whiskey. Dazu ein Torffeuer und eine gute Zigarre, und der Tag kann beginnen. Der Name des Getränks stammt von dem gälischen Wort uisce beatha: Lebenswasser. Weil die Soldaten des englischen Königs Heinrich II., die Irland im 12. Jahrhundert besetzten, das nicht aussprechen konnten, verballhornten sie es zu Whiskey.

Irischen Whiskey – früher wurde er bisweilen wie der schottische Whisky ohne e geschrieben – gibt es seit mehr als tausend Jahren. Vor langer Zeit brannte jede zweite Familie auf dem Land ihren eigenen Whiskey, Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Dublin sage und schreibe fast Stücker 2.000 Wirtshäuser.

Die Iren sind stolz darauf, dass sie den Whiskey erfunden haben, auch wenn die Schotten diese kulturelle Leistung für sich beanspruchen. Der vermeintliche Beweis dafür sei, dass es mehr als 120 Brennereien in Schottland gebe, während die Iren nur 38 haben. Harry Rowohlt, der Botschafter für irischen Whiskey, sagte dazu: „Die Schotten üben noch.“

Er hatte natürlich recht. Jetzt haben sie sich schon wieder etwas Neues einfallen lassen, um den Verkauf anzukurbeln. Ein James Patterson hat ein Fass Whisky im Loch Ness in 214 Meter Tiefe versenkt. Der extreme hydrostatische Druck soll das Molekularprofil des Fasses verändern.

Der See ist bis zu 300 Meter tief, er enthält mehr Wasser als alle anderen britischen Seen zusammen, weil er entlang einer natürlichen Erdspalte verläuft. Früher war Schottland ein Teil Kanadas und lag dort, wo heute Australien ist. Dann bewegte sich die Landmasse nach Nordwesten und prallte mit Europa zusammen. Schottland blieb an England kleben, Kanada konnte sich losreißen und haftet seitdem an den heutigen USA. Fragt sich, welches Land mehr Pech hatte.

Nach Tauchgang im Loch Ness einen Drink

Patterson ist auf die Idee mit dem Whiskybad gekommen, als er Schwimmer beobachtet hat, die nach einem Tauchgang im Loch Ness einen Drink zu sich nahmen. Falls Patterson mit der Idee reich wird, probiere ich etwas Ähnliches. Ich habe neulich Kinder beobachtet, die einen Hügel in unserem Dorf ­hinunterschlitterten. Ich könnte eine Flasche Guinness hinunterrollen lassen, damit das Bier ein „einzigartiges Geschmacksprofil“ erhält.

Schließlich behauptet Patterson dasselbe von seinem Whisky, nachdem er das Fass aus dem See gefischt hat. Wahrscheinlich liegt das aber daran, dass Nessie, das Loch-Ness-Monster, ins Fass gepinkelt hat, weil es sich über derartige Ruhestörungen ärgert.

Von dem Fass wurden nur sechs Flaschen abgefüllt. Die Auktion der ersten läuft derzeit. Aber das Gesöff darf man nicht mehr als Whisky bezeichnen, da die Herstellungsmethode nicht den strengen Vorschriften entspricht. Es ist also ein Getränk, das sein Leben als edler Whisky begann, aber durch das Versenken im See zur ordinären Spirituose wurde.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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