Rätsel um Nordkoreas Diktator: Kim Jong Untot

Wo ist der geliebte Führer? Diktatoren sind seit jeher geheimnisumwitterte Gestalten. Das gilt für ihr Privat- und erst recht für ihr Ableben.

Florales Tribut vor Statuen von Kim IlSung und Kim Jong Il

Definitiv abgelebt: Vater und Großvater von Kim Jong Un Foto: kcna/ap

BERLIN taz | Das plötzliche Verschwinden von Führungskräften gilt vielen seit jeher als untrügliches Anzeichen für deren finalen Rücktritt – aus gesundheitlichen Gründen, versteht sich. Derzeit hält sich hartnäckig das Gerücht, Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un könne von uns gegangen sein, denn er glänzt seit Tagen durch Abwesenheit. Ganz abwegig ist das nicht. Schließlich gehört der Mann, der an Adipositas leidet, starker Raucher ist und ein schwaches Herz hat, trotz seines vergleichsweise jungen Alters eindeutig zur Risikogruppe.

In der Sowjetunion wurde das Problem etwas anders gehandhabt. Präsenz lautete hier die Devise. Böse Zungen behaupten, Leonid Breschnew, am Ende seiner Amtszeit bereits todkrank, sei damals noch auf dem Lenin-Mausoleum ausgestellt worden. Eine unsichtbare Hilfskraft soll seinen Arm geführt haben, um dem Volk bei der Siegesparade am 9. Mai zuzuwinken.

Auch für Michail Gorba­tschows Amtsvorgänger Konstantin Tschernenko, der, bereits merklich angeschlagen, 1984 Generalsekretär der ­KPdSU wurde, ließ sich seine Entourage etwas einfallen. Das Fernsehen übertrug eine Ansprache Tschernenkos, der sichtlich Mühe hatte, mehrere konsistente Sätze aneinanderzureihen, aus seinem Büro. Später wurde bekannt, dass es sich bei dem Tatort in Wahrheit um ein Krankenhauszimmer gehandelt hatte, das eigens zu diesem Zwecke umgestaltet worden war.

Doch irgendwann war doch Schluss mit lustig beziehungsweise traurig. Und zwar dann, wenn im Radio der ­„Marche funèbre“ von Frédéric Chopin erklang. Da war die Leiche des edlen Führers allerdings meistens schon mehrere Tage kalt.

Im vergangenen Jahr sorgte der autokratische Herrscher des zentralasiatischen Staates Turkmenistan, Gurbanguly Berdymuchammedow, kurzzeitig auch international für Aufmerksamkeit. Der gelernte Zahnarzt, der sich gerne bei sportlicher Ertüchtigung filmen lässt, war wie vom Erdboden verschluckt. Er sei einem Nierenversagen erlegen, wurde gemunkelt. Doch von wegen. Berdymuchammedow tauchte auf und galoppiert jetzt wieder tollkühn auf TV-Bildschirmen durch die Wohnzimmer der TurkmenInnen. Vielleicht zeigt ja auch Kim Jong Un seinen Landsleuten bald wieder sein strahlendes Lächeln. Er wäre nicht der erste Diktator, der von den Toten auferstanden ist.

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