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Radioeins verzichtet auf BlitzerwarnerBlitzermeldungen – ein Relikt

Der öffentlich-rechtliche Radiosender Radioeins will keine Blitzer mehr melden. Der RBB-Sender begründet dies mit Verkehrsunfällen durch Raserei.

Ob Warnungen vor Geschwindigkeitsmessungen die Verkehrssicherheit erhöhen, ist umstritten Foto: dpa

Berlin taz | Das Radioprogramm Radioeins des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) verzichtet seit diesem Montag in seinen Nachrichten darauf, vor Maßnahmen der Geschwindigkeitsüberwachung im Straßenverkehr zu warnen. Blitzermeldungen im Radio seien „nicht mehr zeitgemäß“, teilte der Sender mit. „Wir halten sie für ein Relikt.“

Radioeins begründet die Entscheidung mit der Verkehrsunfallstatistik für Berlin und Brandenburg. „Einer der Hauptunfallursachen ist nunmal Raserei“, sagte Radioeins-Nachrichtenchef Jan Vesper in einem Interview mit seinen Kolleginnen. Teile der bislang gemeldeten Blitzerstandorte wurden von der Polizei gemeldet, diese „offiziellen Blitzer“ wurden durch Hörermeldungen ergänzt. „Auf diese Weise sollte der Eindruck flächendeckender Kontrollen entstehen.“

Den Blitzermeldungen im Radio lasse sich deshalb zwar „durchaus ein verkehrspädagogischer Ansatz zuschreiben“, so Vesper weiter. „Man kann aber mit sehr gewichtigen Argumenten in die andere Richtung diskutieren.“ Die Radioeins-Hörer haben in letzter Zeit tatsächlich immer weniger Blitzer gemeldet. Der Radiojournalist vermutet, dass dies in vielen Fällen „eine ganz bewusste Entscheidung“ war.

Der öffentlich-rechtliche Sender will sich in seinen Radionachrichten jetzt „auf schnelle und aktuelle Meldungen konzentrieren.“ Auf Twitter erhielt der Sender für seine Bekanntgabe bislang größtenteils positive Reaktionen.

Zusammenarbeit mit der Polizei

Warnungen vor Geschwindigkeitskontrollen sind im Radio grundsätzlich erlaubt. Zur Erhöhung des Sicherheitsbewusstseins arbeiten die Behörden dafür mit den Sendern zusammen. Da keine genauen Standorte mitgeteilt werden, hofft die Polizei so darauf, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der gesamten Straße eingehalten wird.

Illegal sind laut Straßenverkehrsordnung nur technische Geräte, die dafür bestimmt sind, „Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören“, also sogenannte Radarwarn- oder Laserstörgeräte. Blitzer-Apps für Smartphones befinden sich in einer rechtlichen Grauzone. Ein letztinstanzliches Gerichtsurteil dazu gibt es nicht.

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9 Kommentare

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  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Die Aussetzung der Blitzermeldungen von Radioeins ist eine Enteignung des Autofahrers.



    Denn, wie soll der SUV-Fahrer nun erfahren, wo er nicht rasen darf? Er wird nun von den ÖR in eine Hölle geschickt, wo er eventuell sogar von der Polizei belästigt wird.



    Die ÖR's untergraben damit das elementare Grundrecht aller Menschen, rasen zu dürfen, wann und wo sie wollen.



    Ich empfehle eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung, dann bleibt dieser Radiosender Radioeins auf seiner Aktion sitzen und kann zumachen.

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @91672 (Profil gelöscht):

      Ergänzung:



      Merkel wollte, daß die SUV's beliebig rasen dürfen, die Polizisten auch hinterherfetzen dürfen, die ÖR's aber da durchaus heiße Tipps geben dürfen, daß das Spiel nicht für die Polizei ausgeht.



      Hatte Merkel da ein gespaltenes Verhältnis gegen Polizei und für



      Bevölkerung?



      Na ja, bald ist ihre Zeit vorbei.

  • Es war mir schon immer ein Rätsel, warum der para-staatliche Rundfunk vor den grundsätzlich vernünftigen Maßnahmen der staatlichen Ordnung warnt.

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @Wurstprofessor:

      Nicht nur Ihnen.



      Es ist eine grandiose Perversität, wenn der Staat mit seiner ausführenden Polizei Unrechtszustände feststellen und ahnden will, daß dann ÖR und private Radiosender die Arbeit der Polizei sabotieren.



      Vorschlag zur Steigerung dieser Perversion: Über Radio wird ein Lagebericht verbreitet, wo gerade ein Polizist steht, so daß der Hauseinbrecher, der Kinderschänder, der Dieb gleich weiß, ob die Lage für seine Tat gerade günstig ist oder ob er noch ein wenig warten sollte.



      (Oh Gott, Merkel)

  • "Der Radiojournalist vermutet, dass dies in vielen Fällen „eine ganz bewusste Entscheidung“ war."



    Ich halte es eher für ein weiteres Indiz für zunehmenden Egoismus und abnehmenden gesellschaftlichen Zusammenhalt - unabhängig einer inhaltlichen Bewertung.

    • @Navitrolla:

      Ich vermute eher, dass immer weniger Menschen Radio hören. Wenn jeder Spotify über Bluetooth mit dem Auto verbunden hat und sich seine Playlist selbst zusammen stellen kann, lässt sich doch keiner mehr zu Helene Fischer und dummen gequatsche zwischen den Liedern zwingen....

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Ein erster vernünftiger Schritt, lang überfällig.



    Am Ende der Schrittfolge steht dann hoffentlich sowas wie:



    "Individueller motorisierter Verkehr in besiedelten Gebieten ist nicht mehr zeitgemäß“. Ich halte den schon jetzt für ein Relikt.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @90946 (Profil gelöscht):

      Ich halte ehrlich gesagt Autos in Innenstädten für ein Phänomen, dessen Ende ich noch erleben werde. Aber im ländlichen Raum wird das Auto auch weiterhin Garant der Nichtabwanderung bleiben.

      • @970 (Profil gelöscht):

        Sie scheinen die Abwanderung aufgrund Arbeitslosigkeit aus den ländlichen Räumen in die Metropolen nicht mitbekommen zu haben.

        Der Garant für Nichtabwanderung im ländlichen Raum sind Arbeitsplätze dort, nicht Autos. Die werden mitgenommen und versperren die Bürgersteige.