Raab-Talk „Absolute Mehrheit“: Vier Wohnungen und eine tote Katze
Mehr Kaffeehaus als Stammtisch: Bei Stefan Raabs „Absoluter Mehrheit“ harmonisierte es so vor sich hin. Da wäre mehr drin gewesen.
Ändert Stefan Raab das Label seines Polittalks jetzt in – sagen wir – „Liberale Schützenhilfe“? Oder in „Letzte Hoffnung FDP“? So wie jetzt kann das neue Pro7-Format, das am Sonntagabend zum zweiten Mal ausgestrahlt wurde, bestimmt nicht mehr lange heißen: „Absolute Mehrheit“. Die gab es nämlich wieder nicht. Mit knapp 40 Prozent nicht mal annähernd.
Die sicherte sich Linda Teuteberg, jung, blond, charmant – und eben FDP. Damit hängte sie Dorothee Bär von der CSU, die Grüne Katja Dörner und Yvonne Ploetz von der Linkspartei ab. Auch im November, als „Absolute Mehrheit“ zum ersten Mal über die Bühne ging, räumten die Liberalen ab: Wolfgang Kubicki holte 43 Prozent.
Das Raab-Prinzip ist einfach und geht so: Fünf Gäste diskutieren über drei Themen und die Zuschauer entscheiden, wer die besten Argumente hat. Schafft ein Talkgast die absolute Mehrheit, nimmt er 100.000 Euro mit nach Hause. Bislang konnte aber niemand den Jackpot knacken, deshalb sind jetzt 300.000 Euro drin. Die können Ende März eigesackt werden, wenn Raab und Pro7 in die nächste Runde gehen.
Damit ist auch schon alles gesagt, was es zum neuen Late Night Talk zu sagen gibt.
Da rockte nichts
Dabei sollte das jetzt was ganz Neues sein, etwas, das rockt, das rebelliert, das junge, politikverdrossene Leute hinterm Ofen hervorholt. Und was kam bislang raus? Langeweile. Das Interessanteste an den bisherigen Runden war das Geschlecht der Talkgäste. Am Sonntag waren ausschließlich Frauen eingeladen, im November waren die Männer da.
Eigentlich eine gute Idee. Eine gute Idee war es diesmal auch, mal nicht über Sexismus, Betreuungsgeld oder Kitaplätze zu sprechen – so wie das Frauentalkrunden häufig aufgedrückt wird.
Okay, mit der Frauenquote für Führungspositionen konnte sich die Redaktion ein „Frauenthema“ dann doch nicht verkneifen. Ansonsten ging es um die Tugendhaftigkeit von PolitikerInnen und die rasante Mietpreisentwicklung.
Gut vorbereiteter Raab
Knackige Themen, darüber diskutiert die Republik. Jeder hat dazu was zu sagen, denn jeder ist irgendwie betroffen. Manchmal geht es hitzig zu am Stammtisch. Stefan Raab ist zwar häufig selbst Stammtisch, am Sonntag war er allerdings Kaffeehaus. Da plätscherte und harmonisierte es so vor sich hin, da wurden scheinbar auswendig gelernte Argumente artig aufgesagt.
Da wäre mehr rauszuholen gewesen. Raab war gut vorbereitet, warum hat er das nicht genutzt? Für die Moderation des Kanzlerduells im Fernsehen reicht das sicher nicht. Aber zwei News haben die ZuschauerInnen doch noch erfahren: Dorothee Bär, die will, dass es bei der Mietenfrage „attraktiv für Mieter und Vermieter“ zugeht, besitzt vier Wohnungen. Und Katja Dörners Katze ist tot.
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