„Quick Freeze“: Nur noch schnell Daten einfrieren
Justizminister Buschmann kann endlich seinen Gesetzentwurf für eine Alternative zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen. Das Kanzleramt gab grünes Licht.
![Blick in eine Serverraum in einem Rechenzentrum. Blick in eine Serverraum in einem Rechenzentrum.](https://taz.de/picture/7305293/14/35991909-1.jpeg)
Bei der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung aller Telefon- und Internetdaten hätten Telefonfirmen zehn Wochen lang festhalten müssen, wer wann wen angerufen oder -geschrieben hat. Bei Mobiltelefonen hätte vier Wochen lang auch der Standort registriert werden müssen. So wäre ein riesiger Datenfundus entstanden, auf den die Polizei bei Bedarf hätte zugreifen können.
Nach einem ersten Anlauf im Jahr 2007, der 2010 am Bundesverfassungsgericht scheiterte, beschloss die Große Koalition 2015 erneut eine Vorratsdatenspeicherung. Diese wurde wegen grundrechtlicher Bedenken aber nie praktiziert. 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) dann auch diese deutschen Regeln ausdrücklich als Verstoß gegen EU-Recht eingestuft. Die anlasslose Speicherung der Daten der gesamten Bevölkerung greife unverhältnismäßig in die Grundrechte ein.
Allerdings weist Innenministerin Nancy Faeser (SPD) darauf hin, dass der EuGH die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen, die bei der Einwahl ins Internet entstehen, ausdrücklich erlaubt hat, damit auf diese Weise Kinderpornografie bekämpft werden kann. Im April 2024 hat der EuGH zudem ermöglicht, dass die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen zur Aufklärung jeglicher Kriminalität genutzt werden kann.
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Quick Freeze erfordert richterliche Anordnung
Justizminister Buschmann pochte aber auf den Koalitionsvertrag, in dem nur „anlassbezogene“ Datenspeicherungen vorgesehen sind. Buschmann hat daher bereits 2022 den Entwurf für die Einführung eines Quick-Freeze-Verfahrens vorgelegt.
Beim Quick Freeze müssen Provider auf richterliche „Sicherungsanordnung“ alle noch gespeicherten Telekommunikationsdaten einfrieren, die „für die Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Beschuldigten von Bedeutung sein können“.
Voraussetzung ist der Verdacht auf bestimmte schwere Straftaten, etwa Mord, Bandendiebstahl oder sexueller Kindesmissbrauch. Nach der Sicherungsanordnung, in der die Daten quasi eingefroren werden, sollen die Strafverfolgungsbehörden einen bis maximal drei Monate Zeit haben, um beim Gericht das Wiederauftauen der Daten zu beantragt. Sie würden dann die Daten von den Providern zur Auswertung erhalten.
Polizeipraktiker:innen kritisieren, dass damit oft nicht die Kommunikation im Vorfeld einer Tat nachvollzogen werden kann, weil die Taten vom Provider bereits gelöscht wurden.
Schon im April hatte sich die Bundesregierung geeinigt, dass Buschmann den Quick-Freeze-Entwurf einbringen kann, wenn er gleichzeitig einen Entwurf für die Verlängerung der Mietpreisbremse vorlegt. Dann aber verhakten sich die Ressorts im Detail, und es war nicht sicher, ob der Quick-Freeze-Entwurf überhaupt noch ins Kabinett kommt. Doch nun gab das Bundeskanzleramt überraschend doch noch grünes Licht.
Parallel dazu legte Buschmann auch den Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse vor. Im Koalitionsvertrag war eine Verlängerung „bis zum Jahre 2029“ vorgesehen. Buschmann schlug als Endpunkt aber nur den 31. Dezember 2028 vor, blieb also am untersten Rand des Vereinbarten. Beide Entwürfe sollen Anfang 2025 beschlossen werden.
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