■ Querspalte: Männer sind ungesund
Selbstgebrannter Knoblauchbranntwein sei das Geheimnis ihres hohen Alters, behauptet die 109jährige Schwedin Teresia Lindahl. Täglich nach dem Aufwachen und vor dem Einschlafen trinke sie ein Schlückelchen. Den Titel „Älteste Schwedin“ teilt sie sich mit Hilda Grahn, wie denn überhaupt die zehn ältesten Bürger Schwedens allesamt weiblich sind. Die Französin Jeanne Calment hingegen schwor auf täglich ein Gläschen Port. Sie wurde 122 Jahre alt, war nie krank und sang immer tapfer die Marseillaise: „Auf, auf, Kinder des Vaterlands, der Tag des Ruhms ist gekommen...“ Für sie kam der Ruhm mit dem Titel „Ältester Mensch der Welt“. Im August 1997 mußte sie ihn wegen Ablebens hergeben.
Warum werden Frauen fast überall älter als Männer? Ist das Patriarchat für Frauen so gesund? Hält Spülen Herz und Hände in Schwung? Der Berliner Soziologe Walter Hollstein weiß die ultimative Antwort: Mannsein ist furchtbar ungesund und eine „hochriskante Lebensform“. Mannsein, so schreibt der Professor in der Ärztlichen Praxis, bestehe aus Leistung, Härte, Distanz, Kampf und Kontrolle. Und: „Männer bestimmen ihre Identität exklusiv über die Arbeit.“
Wann ist ein Mann ein Mann? Je weniger mann schläft, je mehr mann seine Gefühle kontrolliert, je mehr Bierliter mann im Bauch unterkriegt, je weniger mann auf den derart malträtierten Körper achtet, desto männlicher fühlt mann sich, hat Hollstein beobachtet. Medizinische Vorsorge werde als unmännlich betrachtet. Männer gingen um 25 Prozent seltener zum Arzt als Frauen, seien aber um 16 Prozent öfter krank und stellten zu 66 Prozent die NotfallpatientInnen.
Was also können wir tun? Sanierung der Krankenkassen durch Rausschmiß aller XY-Chromosomen-Träger? Flächendeckende Geschlechtsumwandlungen? Nein, sagt Hollstein: „Männer müssen sich von innen heraus verändern“, mehr Sensibilität für den eigenen Körper entwickeln, mehr Mitverantwortung in Familie und Haushalt zeigen. Männer! Spülen ist also doch gesund! Ute Scheub
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