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Queerbeauftragte Sophie Koch„Ich will mich da nicht verkämpfen“

Sophie Koch, Queerbeauftragte der Bundesregierung, setzt auf leise Diplomatie statt auf laute Symbolpolitik. Auf ein Gespräch mit Merz wartet sie seit Juli.

Will lieber nicht poltern: Die Queerbeauftragte der Bundesregierung Sophie Koch Foto: Miriam Klingl

taz: Frau Koch, Sie sind Queerbeauftragte der Bundesregierung. Das Wort „queer“ kommt im gesamten Koalitionsvertrag nur ein einziges Mal vor. Welche Rolle kann Queerpolitik in dieser Legislaturperiode überhaupt spielen?

Sophie Koch: Die Anzahl der Wörter sagt nicht viel darüber aus, was in den nächsten Jahren passieren wird. Ich bin ja auch Mitglied des Sächsischen Landtags, und im dortigen Koalitionsvertrag kommt das Wort gar nicht vor. Trotzdem passiert auf Landesebene einiges, es gibt zum Beispiel einen Aktionsplan zur Akzeptanz vielfältiger Lebensentwürfe. Das können und sollten wir auch von der Bundesregierung erwarten: Projekte umzusetzen, die die Situation queerer Menschen verbessern.

taz: Auf Bundesebene müssen Sie die Projekte in den nächsten Jahren selbst anschieben, oder?

Koch: Einiges ist doch vorgegeben. Die Evaluation des Selbstbestimmungsgesetzes kann Positives bringen. Aber natürlich gibt es auch Projekte, für die ich in der Bundesregierung werben will – zum Beispiel dafür, das Abstammungsrecht so zu reformieren, dass queere Familien endlich in Gänze als Familien gelten und rechtlich gleichgestellt sind.

wochentaz

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taz: Sie arbeiten die Versäumnisse der Vorgängerregierung auf?

Koch: Na ja, was heißt Versäumnisse. In den vergangenen Jahren ist einiges im Bereich der Gleichstellung erreicht worden, der nationale Aktionsplan „Queer leben“, die Reform zur Hasskriminalität. Dann scheiterte die Ampel. Im Abstammungsrecht wird nun allerdings auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwartet. Ich gehe davon aus, dass ein solches Urteil Rückenwind für das Reformvorhaben geben wird. Sehr wichtig ist mir daneben die Anpassung des Artikels 3 im Grundgesetz.

taz: Der garantiert die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. Was wollen Sie daran ändern?

Koch: Auch das steht nicht explizit im Koalitionsvertrag. Aber es gibt seit Jahren Gespräche dazu in allen demokratischen Parteien. Jetzt hat der Bundesrat eine parteiübergreifende Initiative dazu gestartet. Die Bundesländer fordern, dass der Bundestag Artikel 3 um den Schutz der sexuellen Identität ergänzt. Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans, inter und weitere queere Menschen wurden von den Nazis und darüber hinaus verfolgt, tauchen in Artikel 3 aber bisher nicht auf. Diese Lücke muss geschlossen werden.

taz: Es ist bemerkenswert, dass die Initiative auch von unionsgeführten Ländern kommt. Trotzdem ist eine Grundgesetzänderung mit Zweidrittelmehrheit kaum vorstellbar, solange die Union am Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken festhält. Halten Sie es für realistisch, dass der ausgerechnet für den Schutz der sexuellen Identität gekippt wird?

Koch: Ich halte das nicht für aussichtslos. Natürlich geht das nicht nächste Woche durch den Bundestag, wir müssen schon noch einige Menschen überzeugen. Aber das liegt nicht nur am Thema der sexuellen Identität, sondern vor allem daran, dass es für viele Par­la­men­ta­rie­r*in­nen zu Recht eine Hürde ist, das Grundgesetz zu ändern. Es könnte hilfreich sein, wenn neben Artikel 3 noch andere Änderungen debattiert würden.

taz: Sie meinen, es ist wahrscheinlicher, das Grundgesetz zu ändern, wenn es mehrere Anlässe dafür gibt?

Koch: Wenn zum Beispiel nochmal Änderungen an der Schuldenbremse beschlossen würden, wäre ich zuversichtlich, dass es bei Artikel 3 nicht an inhaltlichen Fragen scheitern würde.

taz: Sie arbeiten als SPDlerin unter einer Unionsministerin. Eine der ersten Amtshandlungen von Karin Prien war, das Gendern in ihrem Haus – in dem auch Sie sitzen – weitgehend einzuschränken. Wie ist Ihr Verhältnis?

Koch: Gut und vertrauensvoll. Je nach Kontext nutze ich geschlechtergerechte Sprache weiter. Wenn ich mit Menschen spreche, die sofort zumachen, wenn ich geschlechtergerechte Sprache verwende, finde ich es manchmal sogar sinnvoll, darauf zu verzichten. Aber selbstverständlich adressiere ich in meiner Kommunikation als Beauftragte alle Geschlechter.

taz: Sie schreiben und sprechen geschlechtersensibel, wenn der Kontext es erlaubt. Aber hängen mehr Rechte queerer Personen nicht generell mit einer respektvollen Ansprache zusammen?

Koch: Natürlich wäre es schöner, wenn auch die Bundesregierung gendersensibel kommunizieren und beim Christopher Street Day (CSD) die Regenbogenflagge hissen würde. Aber ich erwarte vom Bundeskanzler nicht, dass er Flagge schwenkend voran läuft. Ich will mich da nicht verkämpfen und stecke meine Kraft lieber in konkrete gesetzliche Verbesserungen bei der Gleichstellung und der Sicherheit queerer Menschen. Für mich ist die Debatte ums Gendern aber auch ein Beispiel für eine, die von den eigentlichen Problemen ablenkt. Deshalb versuche ich, sie nicht zu befeuern.

taz: Anders die Union. Neben Karin Prien wirbt auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer für Genderverbote in öffentlichen Einrichtungen.

Koch: Ich halte das für falsch. Aber will ich deshalb wochenlange Debatten führen? Nein.

Sophie Koch

Sophie Koch, 32, ist stellvertretende Landesvorsitzende der SPD Sachsen und Mitglied des Sächsischen Landtags. Nach Sven Lehmann (Grüne) ist sie seit Mai 2025 die zweite Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Sie pendelt zwischen Dresden und Berlin und identifiziert sich selbst als queer.

taz: Nach dem Verbot der Regenbogenflagge am CSD über dem Bundestag im Juli sagte Merz, der Bundestag sei „kein Zirkuszelt“. Sie haben damals das Gespräch mit ihm angekündigt. Haben Sie gesprochen?

Koch: Leider noch nicht. Ich kann verstehen, dass er sehr beschäftigt ist. Aber ich hatte ein Gespräch mit Thorsten Frei, dem Chef des Kanzleramts. Das ist ein erster Schritt. Ich bleibe dran.

taz: Was haben Sie Frei gesagt, was wollen Sie Merz sagen?

Koch: Ich habe erklärt, warum es wichtig ist, dass es mein Amt gibt – weil Queerfeindlichkeit zunimmt, weil wir einen weltweiten Rollback queerer Rechte erleben und sich Ungleichheiten verschärfen. Ich erkläre, dass ich Sprachrohr und Brückenbauerin zwischen der Community und der Bundesregierung sein will. Und ich bringe konkrete Anliegen wie Artikel 3 an.

taz: Immer wieder gibt es Angriffe von Rechts auf die queere Community. Aussagen wie die über das „Zirkuszelt“ werden von vielen als Legitimation für queerfeindliches Handeln gelesen. Gibt es in der Union ein Verständnis dafür, welcher Bedrohung CSDs und die queere Community ausgesetzt sind?

Koch: Die Innenministerkonferenz hat einen Arbeitskreis einberufen, der sich mit Queerfeindlichkeit befasst. Das Innenministerium macht sich Gedanken, wie die An- und Abreise von Teilnehmenden mit Hilfe der Bundespolizei künftig sicherer gestaltet werden kann. Merz selbst sagte im Bundestag, er werde alles dafür tun, dass queere Menschen in Sicherheit leben können. Das glaube ich ihm.

taz: Die Praxis zeigt anderes. Das unionsgeführte Familienministerium hat angekündigt, Gelder im Bundesprogramm „Demokratie leben“ zu streichen, das sich für Vielfalt stark macht, und teilnehmende NGOs einer „anlassbezogenen Prüfung“ zu unterziehen.

Koch: Solche Prüfungen wurden zu Recht schon einmal abgeschafft. Ein Kürzen der Mittel halte ich in Zeiten, in denen die extreme Rechte gerade unter jungen Menschen zulegt, für falsch. Im aktuellen Haushalt wurden die Gelder allerdings erst einmal aufgestockt, das war ein gutes Zeichen. Ich plädiere zudem gern dafür, die Union in ihrer vollen Komplexität wahrzunehmen. Es gibt nicht die eine Perspektive auf Fragen von Zivilgesellschaft und den Rechten queerer Menschen. Karin Prien steht zu zivilgesellschaftlichem Engagement.

taz: Widerspricht die angekündigte Kürzung der Mittel dem nicht?

Koch: Nein. Wir sind uns nur nicht immer einig, was die Lösungen betrifft. Ich finde, es braucht ein Zusammenspiel aus Prävention und Konsequenz. Klar müssen junge Rechtsradikale, die auf einem CSD Menschen angreifen, mit polizeilichen Maßnahmen rechnen. Aber im besten Fall haben sie vorher schon gelernt, warum Vielfalt wichtig ist und was demokratische Werte sind. Ich werde mich in meinem Amt für „Demokratie leben“ starkmachen und mich in all meinen Gesprächen vor die Zivilgesellschaft stellen.

taz: Sehen Sie die Gefahr, dass der Kampf gegen queere Personen hierzulande ähnlich feindliche Züge tragen könnte wie zum Beispiel in den USA, wo etwa die Rechte von trans Personen massiv eingeschränkt werden?

Koch: Antifeminismus und queerfeindliche Strömungen sind leider weltweit auf dem Vormarsch. Natürlich gibt es auch in Deutschland das Potenzial, dass die extreme Rechte das weiter vorantreibt. Mein Eindruck ist zwar, dass die Mehrheit der Menschen aktuell fest hinter den Rechten der queeren Community steht. Aber Kampagnen können politische Stimmungen sehr schnell beeinflussen.

taz: Sie meinen gegen Frauke Brosius-Gersdorf, die Bundesverfassungsrichterin hätte werden sollen?

Koch: Ja, oder auch gegen das Selbstbestimmungsgesetz, gegen das in den vergangenen Jahren massiv Stimmung aus ähnlichen Kreisen gemacht wurde. Wann immer wir dem Raum geben, besteht die Gefahr, dass es die gesellschaftliche Stimmung drehen kann. Gleichzeitig will ich erreichen, dass wir mehr machen, als nur Abwehrkämpfe zu führen. Wir müssen mit Haltung, Empathie und Wissen für queere Menschen eintreten. Wenn wir Verantwortlichen einen klaren Kompass haben, lassen wir uns nicht so leicht von Kampagnen verunsichern.

🏳️‍⚧️ SHANTAY. YOU PAY. 🏳️‍🌈

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19 Kommentare

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  • Wenn "queere" Varianten ganz "normal" sind, weil es ja wirklich niemand anderem etwas wegnimmt o.ä., dann ist es geschafft, und ich freue mich als Universalist über jede(n) gesonderte(n) Beauftragte(n) weniger.



    Ist dem freilich schon so bei Queerness?

    • @Janix:

      Nein, im Gegenteil. Es wird schlimmer für LGBTI.

      Im Übrigen verwahre ich mich dagegen, dass sich heute jeder Hetero mit Fetisch gleich als queer bezeichnet. Kein Hetero wird wegen seiner Fetische verfolgt, geschlagen, beleidigt und getötet, Aber jeder schwule Mann oder jeder Transmensch kann völlig ungeachtet seiner Vorlieben fast jederzeit zum Opfer werden. Insofern habe ich meine Probleme mit dem Begriff queer.

      • @Suryo:

        Ich habe keine Schwierigkeiten mit dem Begriff "queer", weil eine "Vorliebe" für Fetisch keine Eigenheit ist, die ausschließlich bei Queerness vorkommt, also bloßer Fetisch auch in heterosexuellen Beziehungen eben keinen Anspruch auf den "Titel" "queer" hat.

    • @Janix:

      Wie soll dem so sein bei gerade aktuell stark zunehmender Queerfeindlichkeit, mit der Ausgrenzung und gleichermaßen verbale als auch körperliche Angriffe auf queere Menschen einhergehen?

      • @Pride:

        Genau. Wobei ich frühere Zeiten nicht verklären möchte.

  • Ich möchte auch in diesem Forum betonen, dass das Hinzufügen der Begrifflichkeit der "sexuellen Identität" in Artikel 3, Absatz 3, Satz 1 des Grundgesetzes eine Luftnummer bzw. sogar eine Verschlimmbesserung des Artikels darstellt. Das Gesetz zur geschlechtlichen Selbstbestimmung ist aufgrund von Forderungen des Bundesverfassungsgerichts in mindestens vier Urteilen, das es als ein solches dazu aus dem Satz mit dem Begriff des Geschlechts als dem der geschlechtlichen Identität zu verstehen für den Bundestag als Gesetzgeber zwingend zu beschließen hergeleitet hat. Vom Verständnis des Artikel 3 her beauftragte das Gericht den Bundestag ebenfalls zwingend und erfolgreich den Beschluß zum Gesetz der Ehe für alle. Im anstehenden Urteil zum Abstammungsrecht besteht die Möglichkeit, dass zu dessen auch zwingender Gleichstellung das Gericht in seiner Urteilsbegründung wortwörtlich den Artikelsatz dazu zitiert. Jedenfalls gibt es keine bessere Formulierung zum Grundrecht der geschlechtlichen Selbstbestimmung und ihrer Orientierung als diesen Satz in seiner gleichen Logik zu Selbstbestimmung wie dort u.a. im Glauben angeführt. So deutlich der Satz ist, so verhunzt wird er mit der Hinzufügung.

    • @Pride:

      Ich fürchte, das ist zu kurz gesprungen -- zumindest was die sexuelle Orientierung / Identität angeht. In seiner Rechtssprechung zugunsten von gleichgeschlechtlichen Paaren seit 2009 hat das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf seine Auslegung von Art. 3 GG als entscheidend erachtet, dass die sexuelle Orientierung den in Art.3 Abs. 3 GG genannten Persönlichkeitsmerkmalen vergleichbar ist. Diese Vergleichbarkeit gilt aber bisher jeweils nur in Bezug auf eine spezielle Fragestellung, also z.B. Hinterbliebenenversorgung. Vgl. www.bundesverfassu...07_1bvr116407.html



      Man kann natürlich hoffen, dass auch in Zunkunft weiterhin im Sinne dieser Analogie entschieden wird. Andererseits haben wir gesehen, dass auch die Rechtssprechung in diesem Punkt über die Jahrzehnte einem starken Wandel unterlag. Noch bis 2008 wurde z.B. argumentiert, Lesben und Schwule seien nicht benachteiligt, denn sie könnten ja einen gegengeschlechtlichen Partner heiraten -- eine Argumentation, die interessanterweise die Ehe zu einem von allem Menschlichen entleerten Formalismus degradierte.

      • @mats:

        Du bist doch sehr in der Vergangenheit und hast die Entwicklung in nahezu zehn Urteilen, insbesondere denen aus den Beschwerden gegen die eingetragene Partnerschaft, die zwingend zum Beschluß des Bundestages zum Gesetz zur Öffnung der Ehe für alle führten, und den mindestens vier Urteilen, die dort auch nach den Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes zwingend zum jetzigen geschlechtlichen Selbstbestimmungsgesetz führten, nicht mitbekommen. Das Gericht hat zur sexuellen Orientierung fortlaufend verschiedenste Sachverhalte gleichgeschlechtlicher Beziehungen mit denen der früher nur verschiedengeschlechtlich geltenden Ehe gleichgestellt, weshalb der Bundestag sich denn genötigt sah, die Ehe für alle zu öffnen. Das geschlechtliche Selbstbestimmungsgesetz ist daraus hervorgegangen, dass das Gericht immer wieder Artikel 2 des Grundgesetzes, also die freie Entfaltung der Persönlichkeit, hervorgehoben und dieses eng mit dem Artikel 3, dass niemensch wegen seines Geschlechtes benachteiligt werden darf, verbunden. Das Gericht hat dabei ferner betont, dass der Begriff Geschlecht dort nicht binär begrenzt ist. Die Ehe für alle und das Selbstbestimmungsgesetz sind so nach dem GG gesichert.

        • @Pride:

          Da führte gar nichts zwingend zu irgendwas. Merkel verplapperte sich in einer Bürgerfragestunde, die SPD forderte daraufhin eine freie Abstimmung, und die Ehe wurde geöffnet.

          • @Suryo:

            Merkel verplapperte, gewisserweise eher sich "genötigt" fühlend, wohlmöglich gerne im Wissen um das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes insbesondere zum Ehegattensplitting, dass die Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung "zwingend" ein Diskriminierungsverbot nach Art. 3, Abs. 3 darstellt, auch wenn sie selbst später gegen das Gesetz zur Öffnung der Ehe für alle stimmte.

        • @Pride:

          Ich beziehe mich oben auf eben jene Urteile zur Benachteiligung der Lebenspartnerschaft ggü. der Ehe, öffnen Sie einfach mal den Link zum Urteil 2009 und lesen Sie bitte, z.B. Abs. 87 (es hilft wenig, nach Hörensagen zu kolportieren).



          "weshalb der Bundestag sich denn genötigt sah, die Ehe für alle zu öffnen"



          Das stimmt so nicht. Das BVerfG hat seit 2009 verschiedene Ungleichbehandlungen zw. Ehe und Lebenspartnerschaft als nicht verfassungskonform eingestuft, richtig. Eine Reformierung des Eherechts an sich aber hat das Gericht dem Gesetzgeber weder vorgegeben noch nahegelegt. Der Druck kam aus der Politik selbst. Vgl. www.bpb.de/themen/...le-in-deutschland/

          • @mats:

            Es ist kein Hören-Sagen, wo ich alle Begründungen aus den vielen Urteilen hin zur Öffnung der Ehe jeweils genau verfolgt habe. Es wären mir meine ausführlichen Statements, für die Vergangenheit für Dich hier nachzulesen, wohl kaum möglich. In so ziemlich dem letzten Urteil des Gerichts bzgl. der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen weist das Gericht darauf hin, daß Art. 3, Abs. 3 inhaltlich genauso anzuwenden ist wie die dort aufgeführten Gleichstellungen zu Glaube, Herkunft, Abstammung etc. Das und die Aussicht, dass das Gericht in den wenigen noch ausgebliebenen Entscheidungen jeweils auch Urteile zur Gleichstellung fällen würde, hat den Bundestag veranlaßt, die Ehe für alle zu öffnen. Es zog sich mit den Urteilen alles immer enger hin zur Gleichstellung mit der Ehe, so dass, wo Gleiches im Partnerschaftsgesetz zur Ehe drin stehen mußte auch eben den gleichen Namen, nämlich den der Ehe haben mußte, deshalb die Öffnung der Ehe für alle. Einzig was zusätzlich zur schon absolut inhaltlichen, grundgesetzlichen gleich- mit verschiedengeschlechtlichen Gleichstellung noch aussteht, ist die gleichermaßen wortwörtlich gegebene Auslegung des Art. 3, Abs. 3, Satz 1.

            • @Pride:

              Dazu zitiere ich jetzt aus dem Urteil des Gerichts zum Ehegattensplitting vom 7.5.2013: "Die Ungleichbehandlung ... stellt eine am Art. 3, Abs. 1 zu messende mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung dar", " ... je mehr sich die personenbezogenen Merkmale an die des Art. 3, Abs 3 annähern, das heißt, je größer die Gefahr ist, dass die Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Dies ist bei der Differenzierung nach der sexuellen Orientierung der Fall."

  • Patente Frau, die neue Queerbeauftragte.



    Und in Zeiten, in denen die Dauer-Echauffierer und 24/7-Moralpaniker versuchen, alles zu skandalisieren, was irgendwie anders ist und somit ihr Fremde-Betten-Kopfkino befeuert, bringt Sophie Kochs unaufgeregter Pragmatismus mit Kompass genau die richtige Energie: einfach vorbei am Bohai und aufs Ziel.

  • Ich befürworte gendern und bin der Ansicht, Sprache sollte sich in Wort und Schrift den wissenschaftlichen Erkenntnissen unterordnen und die Realität abbilden. Deshalb votiere ich für eine Sprachreform, im Idealfall mit anderen deutsch-sprachigen Ländern zusammen. Dann haben alle Klarheit, welche Form korrekt ist, ohne, dass jemand gekränkt oder "zurückgelassen" oder ignoriert wird, Lehrer wissen, was sie wo und wie korrigieren müssen und auch in Ämtern, Firmen und Institutionen ist eindeutig und für jede/n nachvollziehbar, wie geschrieben und gesprochen wird.

    Obwohl ich mich meistens um gendern bemühe, schwanke ich eben doch öfter zwischen Binnen-I, Doppelpunkt und Sternchen. Meistens verwende ich den Doppelpunkt, weil der sich am "flüssigsten" schreiben lässt, auch wenn der Doppelpunkt ebenso korrekt wie nicht korrekt ist.

    • @*Sabine*:

      Sie beschreiben recht gut das Problem. Es gibt schlicht keine einheitliche Idee für eine geschlechtergerechte Schreibweise. Das ist in meinen Augen auch die größte Hürde, weshalb sich viele davor verschließen.

      Wenn sich Wort und Schrift den wissenschaftlichen Erkenntnissen unterordnet, wird es keine geschlechtergerechte Schreibweise geben, da Studien zum Teil so schlecht sind und auch gute Studien keinen signifikanten Mehrwert zeigen von geschlechtergerechten Sprache.

      Ein weiterer Grund warum die Mehrheit sowohl von Männern als auch Frauen dem Thema nichts abgewinnen können, da ihre Wahrnehmung im Alltag nicht der Wahrnehmung der Befürworter entsprechen.

      Die beste Möglichkeit eine geschlechtergerechte Sprache umzusetzen bzw. Als Alternative Schreibweise anzubieten, wäre sich auf eine zu einigen. Aber da stehen leider die persönlichen Empfindungen der Befürworter entgegen. Von Enz, Maus, they, _, *, : und vielen weiteren Varianten die Raum bekommen sollen, nimmt die Mehrheit lieber Abstand.

    • @*Sabine*:

      Es wäre ja schon gut, wenn man mal ein praktikables neutrales Personalpronomen wie das englische they erfände.

      Leider sind gerade deutsche Queere aber eher anders eingestellt. Ich erinnere mich an ein Taz-Interview mit (ich mag mich irren) Lann Hornscheidt vor einigen Jahren. Eine der Fragen war, wie man denn den (damals neuen) Genderstern bzw. das seinerzeit noch im Schwange seiende X (LehrX, SchülX) aussprechen solle. Die Antwort: es solle gar nicht einfach auszusprechen sein, sondern im Gegenteil zu einer Unterbrechung des Sprechens und damit zum Nachdenken führen.

      Typisch deutsch, absolut unpragmatisch. Und damit hinken wir dem Englischen nun immer noch um Jahre hinterher und werden das auch in Zukunft tun.

      • @Suryo:

        "Es wäre ja schon gut, wenn man mal ein praktikables neutrales Personalpronomen wie das englische they erfände."

        Meiner Meinung nach muss das nicht neu erfunden werden, wir können doch "einfach" das "they" übernehmen, wie wir auch "cool", "computer", u.v.m. übernommen haben.

        Grundsätzlich wäre das eine Aufgabe für Sprachwissenschaftler, die, meiner Meinung nach, gerne Anleihen aus anderen lebenden und toten Sprachen oder aus Fantasie-Sprachen wie von Herrn Tolkien übernehmen.

        Mir fehlen in Deutschland auch in dieser Hinsich wieder einmal der Pragmatismus, dann lernen wir halt alle ein paar Worte neu, dürfte doch kein Problem sein. Es muss nur einheitlich festgelegt werden und so auch im Duden stehen.

    • @*Sabine*:

      Es wäre wohl schon viel gewonnen, wenn eine Einigung bestünde, wann denn jetzt sich alle eingeschlossen fühlen.

      Der Sinn von Rechtschreibung ist ja wohl Eindeutigkeit zur rascheren Verständlichkeit des Ganzen.



      D.h. mensch müsste es auch mal eine ganze Weile einfrieren und nicht alle paar Monate eine neue Variante einführen.

      Ansonsten möchte ich universal alle bewusst einschließen, habe dabei andere Themen, die mich mindestens genauso antreiben, und wundere mich über diejenigen, die mit Anti-Gender-Sprücheklopfen von ihrer inhaltsleeren wie unsozialen Politik ablenken wollen. Die sind es nämlich, die kaum ein anderes Thema herausbringen, gerade wenn sie mal wieder inhaltlich in der Sackgasse sind.