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Queen Elizabeth II. und PutinStaatsbankett und Kutschenfahrt

Kolumne
von Karina Urbach

Peter Morgan, Autor der britischen Serie „The Crown“, hat ein Drama über Putin geschrieben. Aber das Ende dieser Figur ist noch nicht erzählt.

Mit der Queen auf Kutschfahrt: Der Staatsbesuch von 2003 war ein großer Prestigegewinn für Putin Foto: Stefan Rousseau/dpa

W as haben Putin und Queen Eliza­beth II. gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Der eine ist ein ungeliebter, sehr lebendiger Russe. Die andere war eine Britin, die im Tod mit Liebesbekundungen überschüttet wurde.

Was sie verbindet, ist Peter Morgan. Er hat die zwei Staatsoberhäupter zu seinen Figuren gemacht, und das hat Folgen. Morgan ist Großbritanniens berühmtester Drehbuchautor. Mit seiner Serie „The Crown“ hat er unser Bild von der Queen nachhaltig beeinflusst: Er zeigt sie als eine junge, unterschätzte Königin, die sich im Laufe der Jahrzehnte Härte antrainiert.

In Staffel 4 musste sie trübe Menopausenjahre durchleben, und es bleibt abzuwarten, welches Altersporträt uns in Staffel 5 erwartet. Wird sie die liebenswerte Großmutter sein oder die knallharte Managerin einer millionenschweren Familienfirma?

Peter Morgans beste Filme basieren auf seinen Theaterstücken. In einem neuen Stück analysiert er jetzt eine andere Figur, die ebenfalls lange unterschätzt wurde – Wladimir Putin. „Patriots“ wurde vor dem Angriff auf die Ukraine geschrieben. Morgans Putin ist hier noch kein Diktator, sondern ein schüchterner, introvertierter Mann.

Der Oligarch Boris Beresowski glaubt ihn manipulieren zu können und irrt sich gründlich. In Morgans Stück sehen sich Putin und Beresowski als russische Patrioten. Dass sie trotzdem ihr Land ausplündern, scheint für sie kein Widerspruch zu sein. Am Ende frisst die Revolution nicht ihre Kinder, sondern die Kinder fressen sich gegenseitig auf.

Karin Urbach

Karina Urbach ist Historikerin an der Universität London. Ihre Dokumentation „Alices Buch“ läuft am 13. Oktober auf Arte: https://www.arte.tv/de/videos/102279-000-A/alices-buch/

Beresowski zerstreitet sich mit Putin und flieht nach London, wo er 2013 unter mysteriösen Umständen stirbt. Sieben Jahre nachdem man seinem Mitarbeiter Alexander Litwinenko Polonium in den Tee geschüttet hatte.

Putin auf Staatsbesuch in London

Falls Morgan eine Fortsetzung über Putins Mid- und Endlifekrisen plant, werden sich auch seine zwei berühmtesten Protagonisten begegnen. Die Queen und Putin kannten sich. 2003 reiste Putin zum Staatsbesuch nach Großbritannien und erhielt alle verfügbaren Ehrbezeugungen, inklusive Staatsbankett und Kutschenfahrt auf der Mall. Da die Tagebücher der Queen für die nächsten 100 Jahre gesperrt sein werden, wissen wir nicht, was sie von ihrem Gast hielt.

Putin scheint jedoch gute Erinnerungen an sie zu haben. In seinem Kondolenztelegramm an Charles III. schrieb er: Die Queen „wäre zu Recht von ihren Untertanen geliebt worden“. Sie „sei eine Autorität auf der Weltbühne gewesen“.

Der Staatsbesuch von 2003 war ein großer Prestigegewinn für ihn. Allerdings sollte er nicht vergessen, dass auch Robert Mugabe und Nicolae Ceaușescu eine royale Kutschenfahrt erhielten. Vor allem von Ceaușescus Fall können Diktatoren viel lernen.

Als die Rumänen 1989 Ceaușescus Palast stürmten, konnte er zwar in einem Hubschrauber entkommen. Am Ende wurde er jedoch vor ein Militärgericht gestellt und erschossen. Neben einem vollgetankten Hubschrauber ist es also immer gut, noch einen Plan B zu haben.

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