Putzwut beim Ordnungsamt Mitte: Alles sauber am Laternenmast?
Die Plakate zur Bundestagswahl dürfen nur eine Woche nach Abstimmung hängen bleiben. Jetzt räumt Mitte selbst auf und kassiert dafür bei den Parteien
Eine Woche lang hat das Ordnungsamt Mitte nach der Bundestagswahl gewartet, und dann noch eine Woche, und dann reichte es dem zuständigen Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) aber wirklich: Alle Wahlplakate, die die Parteien bis zum heutigen Dienstag nicht selbst von Laternenmasten und Straßenbäumen entfernt haben, werden von einer eigens beauftragten Firma kostenpflichtig entfernt, teilte seine Behörde am Wochenende mit. Kostenpflichtig für die Parteien, wohlgemerkt, man werde die entstehenden Kosten mit der Kaution verrechnen, die die Volksvertreter wiederum beim Bezirk hinterlegt haben, um eben Laternenmasten und Straßenbäume entsprechend behängen zu dürfen.
So, klare Ansage, also. Aber „Basta“ kann Stadtrat von Dassel, zugleich auch Mittes Bezirksbürgermeister, ja offenbar ohnehin ganz gut – zumindest einen gewissen Hang zu ordnungspolitischen Obsessionen möchte man bei ihm gerne vermuten.
Der SPD-Bezirksfraktion Mitte ist die von Dassel’sche Aufräumwut am Montag jedenfalls nicht ganz geheuer. Man sei doch ein wenig verwundert, dass man „schon zwei Wochen nach der Wahl“ derart zur Eile gepiesackt werde, lässt Sprecher Stefan Dräger ausrichten.
Schon? Erst!, ruft das Ordnungsamt Mitte da mit erhobenem Zeigefinger zurück, zückt mit spitzen Fingern das Berliner Straßengesetz (BerlStrG) und deutet dort streng auf Paragraf 11, der die „straßenrechtliche Sondernutzung“, zum Beispiel eben für Wahlplakate, regelt: Sieben Wochen vor bis eine Woche nach der Wahl ist okay, danach kann der Bezirk Bußgelder verhängen. Die, so großzügig ist man dann doch, habe man allerdings noch nicht erhoben, lässt das Ordnungsamt am Montag ausrichten.
Bei der SPD Mitte hingegen fragt man sich nun, ob womöglich das sonst so ordentliche Ordnungsamt bei der Aufräumaktion ein bisschen unsortiert vorgegangen ist: „Wir werden da mal kritisch nachfragen, ob es überhaupt eine Ausschreibung für die Vergabe an eine externe Firma gegeben hat – in der Kürze der Zeit ja wohl eher nicht“, befindet Dräger.
Sehr wohl habe man „diverse Angebote eingeholt“, sagt das Ordnungsamt, das geschätzte Auftragsvolumen: ohnehin bloß 6.000 bis 8.000 Euro. Peanuts also, vergaberechtlich gesehen: bei Aufträgen bis 10.000 Euro ist auch eine sogenannte „freihändige Vergabe“ ohne Ausschreibung möglich. Bis Ende der Woche soll die Straßenpatrouille in Mitte jedenfalls durch sein mit ihrer Arbeit.
Bei der SPD Mitte waren die Mitglieder am Wochenende noch mal unterwegs. Er selbst habe jedenfalls noch fix eigenhändig „so fünf, sechs“ Plakate an der Stralauer Straße am Alexanderplatz abgehängt, sagt Dräger. Dabei habe er sogar noch ein altes Plakat von den Abgeordnetenhauswahlen 2016 entdeckt. Wenn das Herr von Dassel wüsste!
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