piwik no script img

Putins Einnahmen durch Öl und GasRussland dreht den Hahn nicht zu

Mit fossilen Rohstoffen hat Russland seit Kriegsbeginn 93 Milliarden Euro eingenommen. Darum bekommt auch Deutschland weiter Gas aus Russland.

Bringt Russland Milliardeneinnahmen: Der Gashahn nach Deutschland bleibt offen Foto: Dado Ruvic/reuters

Berlin taz | Es klang fast schon logisch, dass Russland auch bald Deutschland den Hahn zudrehen würde. Polen, Bulgarien, Finnland, Dänemark, die Niederlande, Shell bekommen ja bereits kein Gas aus dem Krieg führenden Land mehr. Als Bundesnetzagenturchef Klaus Müller am Montag twitterte, „im Sommer“ werde Nord Stream 1 „gewartet, da wird es wohl keine Einspeicherung geben“, klang das nach einem Aus für die derzeit wichtigste Quelle russischen Erdgases. Und damit nach einem Winter, in dem das Gas nicht für alle reichen würde.

Über die gut 1.200 Kilometer lange Ostseepipeline Nord Stream 1 schickte Gazprom nämlich zuletzt gut 70 Prozent seines für Europa gedachten Gases, rund 1,2 Milliarden Kubikmeter pro Woche. In diesem Zeitraum verbraucht Deutschland im Schnitt 1,6 Milliarden Kubikmeter. Kurze Zeit später gab Müller allerdings Entwarnung: Es handele sich um eine jährliche Wartung, die „dauert in der Regel etwa zwei Wochen“.

Gazprom stellte wenig später auf seiner Homepage klar, dass für die Wartung vom 11. bis 21. Juli abgeschaltet werde. Nord Stream 1 läuft weitgehend parallel zu Nord Stream 2. Diese Pipeline ist zwar fertiggebaut, die Genehmigung infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine allerdings auf Eis gelegt.

Warum der Kreml weiter Gas in den Westen schickt, zeigt eine Analyse des in Finnland ansässigen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA). Danach hat Russland in den ersten hundert Tagen des Krieges gegen die Ukraine satte 93 Milliarden Euro aus dem Export fossiler Brennstoffe eingenommen – trotz Sanktionen und Bemühungen des Westens, darauf zu verzichten.

EU mit Abstand größter Abnehmer

Laut dem Bericht ist die EU mit Abstand größter Abnehmer russischen Gases und Erdöls, 61 Prozent der fossilen Exporte Russlands entfielen auf die EU-Staaten. Dies entspricht Einnahmen in Höhe von 57 Milliarden Euro.

Unter den Einzelstaaten war China mit 12,6 Milliarden Euro Einnahmen wichtigster Kunde vor Deutschland (12,1 Milliarden) und Italien (7,8 Milliarden). 46 Milliarden Euro der russischen Einnahmen stammen aus dem Verkauf von Rohöl, gefolgt von Gas in Pipelines mit 24 Milliarden Euro. Der Rest kommt aus dem Verkauf von Erdölprodukten, verflüssigtem Erdgas (LNG) und Kohle. Russisches Gas ist bislang nicht von Sanktionen betroffen.

Obwohl die Importe im Mai zurückgegangen sind und Russland seine Bodenschätze weltweit zu Dumpingpreisen verkauft, profitiert der Kreml von den weltweit stark ansteigenden Energiepreisen. Während Polen, Finnland und die baltischen Staaten ihre Importe seit Kriegsbeginn reduziert haben, haben China, Indien und Frankreich ihre Einkäufe erhöht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wie wäre es mit einem Volksentscheid, zu klären, welche Unternehmen wieviel Rohstoffe vernutzen dürfen? Ich habe kein MItleid mit den Couponschneidern von VW, Daimler, Lufthansa, TUI & Co. Irgendwann ist sowieso Schluss und lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wer mit Umwelt und Leben spekuliert, hätte schon längst stillgelegt gehört. Nur weil uns irgendjemand aus Profitgründen Rohstoff-fressende Karossen untergejubelt hat (und damit öffentliche Verkehrsmittel, um die uns die Welt einmal beneidet hatte, stillgelegt hat), dürfen wir als Gesellschaft nicht mehr in der Lage sein, die NOTBREMSE zu



    ziehen? Musste es erst zu einer Klima-Katastrophe kommen, bevor wir das Primat der Politik als Baustein einer demokratisch organisierten Lebensform



    anerkennen lernen ? Wo bleibt der Verstand ?

    • @Dietmar Rauter:

      Ich nehme an, dass auch Sie die universelle Krankenversorgung in Deutschland und die von Grundschule bis Uniabschluss weitgehend kostenlose Ausbildung aller in Deutschland wohnhaften Kindet und Jugendlichen schätzen. Und ich denke auch, dass auch Sie wissen, woher dieser finanzielle Luxus in Deutschland kommt. Genau durch die dreckige Produktion und die Ecport-Zusammenarbeit mit Ländern, die nicht allzu vielen ethischen Standards entsprechen.

  • das russische gas ist der ...

    stickstoff für unsere wirtschaft.

    was soll der geiz ?

    eine absolute win-win-win situation !

    wir haben energie und können waffen bauen.



    damit machts in der ukraine peng.

    der durchschnittliche bürger im land kann für neun eur nach sylt fahren, wo der kaffee teurer ist, als das ticket hin.



    russland kann seine kämpfer bezahlen und abgeschossenes material ersetzen.



    die gefallenen bekommen eine sonderabfindung.

    alle sind glücklich.

    wir brauchen uns nicht auf kriegswirtschaft einzustellen.



    der sv werder spielt wieder erste bundesliga.



    drei autofreie tage in deutschland ... wisch, vom tisch.

    es läuft wie geschmiert.

    nur einer meckert ständig ... melnyk, sein name.

  • Schöne Grafik. Aus der ist ersichtlich, dass Deutschland mehr als das 6-fache an Ukraine-Flüchtlingen aufnimmt, im Vergleich zu Italien oder Spanien.



    Wo sind die Niederlande, Belgien, Norwegen, Schweden, Finnland,



    oder gar die reiche Schweiz?



    Die meisen Flüchtlinge, über 1 Mio, sind in Polen.

    Gibt es dafür einen EU-Ausgleich?

    • @cuba libre:

      der Witz ist ja, auf lange Sicht lohnt sich das ökonomisch vielleicht sogar, nicht dass ich das als Argument nützen möchte um Flüchtlinge aufzunehmen.

  • Deutschland hat Russland in diesem Krieg durch die Zahlung der Gaslieferungen mehr unterstützt als die Ukraine. Es ist höchste Zeit, zu Alternativen wie Fracking zu wechseln, was auch in Deutschland möglich ist und die Abhängigkeit von Russland endlich beenden kann.

    • @VanessaH:

      Das Fracking, das aus Umweltschutzgründen hier nicht erlaubt war. Vermutlich wird es jetzt mit grüner Unterstützung forciert.

  • Na sowas, das große "Embargo" als Nullsummenspiel - wer hätte das ahnen können? Ok, im Prinzip jeder, der nicht glaubt, dass irgendwo tausende herrenlose Öltanker rumschwimmen, die nur auf Zugriff durch Herrn Habeck warten ^^



    Rhetorische Frage: Hat besagten Minister inzwischen ein Journalist gefragt, wo genau all das versprochene nicht-russische Öl herkommen soll. Dass es aus Katar nur Luftblasen und kein Menschenrechts-Gas geben wird hat sich ja immerhin mittlerweile rumgesprochen...



    Oder ist dem "Embargo" schon genüge getan, wenn griechische Tanker russisches Öl in polnische Leitungen kippen? ;)

  • "... und Frankreich ihre Einkäufe erhöht."

    so geht Einigkeit bei den Sanktionen ...

    • @Herr Lich:

      Das ist eine Schande!



      Folglich sollten wir uns auch nicht mehr an einer Verminderung der russischen Gas- und Öllieferungen gebunden fühlen, wenn die Franzosen uns so sehr hintergehen.

      Was die Abzocke an den Tankstellen angeht, ist das hier gut erklärt:



      www.youtube.com/watch?v=Yba9vO5wZEU