Psychologie der Hunde: Pfiffi ist kein Knuddelbär
Viele Hunde mögen es nicht, wenn sie von Herrchen oder Frauchen umarmt werden. Ihr Blick verrät: Hoffentlich geht das schnell vorüber.
Ihr weiches Fell, der devote Blick, der freudig wedelnde Schwanz – man kann gar nicht anders als sie herzen und umarmen. Das ist jedenfalls die Überzeugung von vielen Hundefans, die teilweise auch Selfies und andere Fotos ins Internet stellen, auf denen sie im zärtlichen Clinch mit ihren Lieblingen zu sehen sind. Den meisten Hunden jedoch gefällt das gar nicht, wie jetzt der US-Wissenschaftler Stanley Coren herausgefunden und in einem Blog der Zeitschrift Psychology today veröffentlicht hat.
Der Psychologe durchforstete das Internet mit Begriffen wie „hug dog“ or „love dog“, um nach Fotos zu suchen, auf denen ein Hund zärtlich von einem Menschen umarmt wird. „Man wird dabei von einem unendlichen Schwall von Bildern überrollt“, so Coren. Am Ende entschied er sich nach dem Zufallsprinzip für 250, auf denen man deutlich die Körpersignale, vor allem aber die Mimik des Hundes sehen und analysieren konnte.
Das Ergebnis war eindeutig. „Ich sah viele glückliche Menschen“, so der Psychologe, „aber auch viele unglückliche Hunde.“ Auf knapp 82 Prozent der Bilder zeigten die Tiere mindestens ein Zeichen dafür, dass sie sich unwohl fühlten. Nur bei 8 Prozent sah man einen Hund, dem offenbar Spaß machte, was gerade mit ihm geschah.
Als typische Zeichen für Unwohlsein wertete Coren, wenn der Hund vom Umarmenden wegschaute, die Ohren anlegte oder mit der Zunge die Lippen beleckte. Ein Hinweis auf Stress oder sogar Angst ist auch, wenn das Tier den sogenannten Halbmond-Blick aufsetzt, bei dem die Augäpfel nach oben wandern, so dass sich am innen-unteren Augenrand das Weiße in Form einer Mondsichel zeigt. Die meisten Menschen finden diesen devoten Blick niedlich, doch in der Hundesprache steht er eher für ein flehendes „Bitte lass es schnell vorübergehen“.
Hund können auch beißen
Coren betont, dass seine Befunde mit der Einschätzung von Zoologen und Verhaltensforschern übereinstimmen. Diese warnen schon länger vor einem allzu übergreifenden Herzen der Hunde. „Denn sie sind von Natur aus Lebewesen, die fürs schnelle Laufen geschaffen wurden“, so Coren. Was auch bedeutet, dass sie darauf geeicht sind, bei Gefahr erst einmal das Weite zu suchen, und dementsprechend alles, was sie daran hindert, als Bedrohung empfinden.
„Das Umarmen ist eine Einschränkung der Bewegungsreiheit und damit eine Bedrohung“, so der Psychologe. Es sei daher kein Wunder, dass Hunde sich dabei unwohl fühlen. Schlimmstenfalls würden sie gar zur gewaltsamen Gefahrenbewältigung greifen – dem Einsatz der Zähne. „Nicht wenige Menschen werden beim Umarmen ihres Hundes gebissen“, betont Coren.
Er rät Hundehaltern, die Aversionen ihrer Lieblinge gegen das Umarmen zu respektieren. „Sie sind Tiere, keine Kinder“, so Coren. Es gibt ja noch genug andere Möglichkeiten, dem Vierbeiner seine Sympathie zu zeigen. Wie etwa das Streicheln, Kraulen und Verabreichen von Leckerlis. Der Mensch mag es ja auch, wenn man ihn zum Essen einlädt.
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