Psychatrische Zwangsbehandlung: Das allerallerletzte Mittel
Das neue Gesetz zur Zwangsbehandlung soll Patienten und Ärzte besser absichern. Maßnahmen sollen jedoch nur in Ausnahmefällen angewandt werden.
BERLIN afp/dpa | Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Zwangsbehandlung psychisch kranker Menschen gegen Kritik verteidigt. Der Entwurf schreibe ausdrücklich fest, dass eine Behandlung gegen den Willen eines psychisch Kranken lediglich das „allerallerletzte Mittel“ sei, sagte die FDP-Politikerin am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur.
Entsprechende Hürden würden in dem Gesetz ausdrücklich festgeschrieben. Der Bundestag soll am am heutigen Abend über die Gesetzesinitiative der Koalition abstimmen. Die Ministerin wies Vorwürfe zurück, es habe keine ausreichend breite gesellschaftliche Debatte über das Thema gegeben. Es seien „mit allen Verbänden, auch mit den kritischen Verbänden der Psychiatrieerfahrenen intensive Gespräche geführt“ worden.
Sie verwies darauf, dass weitergehende Forderungen aus den Landesregierungen, eine Zwangsbehandlung auch ambulant durchführen zu können, zurückgewiesen worden seien. „Ich glaube, dass wir jetzt deutlich die Situation verbessern, auch die Rechtsgrundlage klarer wird, sicherer wird für Ärzte“, sagte die Ministerin. Das Selbstbestimmungsrecht des Behandelten und die Fürsorgepflicht der Ärzte werde damit besser in einen Ausgleich gebracht.
Union und FDP wollen mit dem Gesetz „eine hinreichend bestimmte Regelung für die Einwilligung des Betreuers in eine Behandlung des Betreuten, die dieser ablehnt“, schaffen. Dies soll vor allem für jene Fälle gelten, in denen eine Selbstgefährdung des Betroffenen droht.
Die Neuregelung war aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofes notwendig geworden. Der BGH hatte im vergangenen Sommer entschieden, dass bislang eine rechtliche Grundlage für eine Zwangsbehandlung psychisch Kranker etwa mit Psychopharmaka fehlt.
Mit dem Gesetzentwurf will die Koalition nun eine klare gesetzliche Regelung schaffen und ärztliche Zwangsmaßnahmen wieder zulassen. Die Regelung soll nur in Ausnahmefällen gelten.
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