Prozess wegen Kölner Silvesternacht: Sexuelle Nötigung nicht bewiesen
Zum ersten Mal war nun ein Verdächtiger aus der Kölner Silvesternach wegen versuchter sexueller Nötigung angeklagt. Doch der Vorwurf ließ sich nicht belegen.
Der 26-Jährige war ursprünglich angeklagt, weil er am Kölner Hauptahnhof zusammen mit etwa zehn anderen Männern eine Frau umzingelt haben sollte. Laut Anklage hatten mehrere Personen aus der Gruppe heraus das Opfer zwei bis drei Minuten lang in sexueller Motivation unter anderem am Gesäß angefasst. In dem Getümmel sollte der 26-Jährige der Frau das Handy gestohlen haben – die Polizei fand es später bei ihm. Das Handy habe er einem Bekannten abgekauft, sagte der 26-Jährige vor Gericht.
Das 54 Jahre alte Opfer schilderte in der Verhandlung, wie es sich plötzlich von Männern umkreist fand. „Ich habe das als sehr bedrohlich empfunden.“ Überall an ihr seien fremde Hände gewesen, sagte die Frau. Später bei der Polizei hatte sie den 26-Jährigen anhand eines Fotos „mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ identifiziert. Doch als sie den Mann in der Verhandlung sah, kam er ihr nicht bekannt vor. Die Staatsanwaltschaft ließ daraufhin den Vorwurf der sexuellen Nötigung fallen.
Auch einem wegen Raubes angeklagten 23-Jährigen konnte nicht nachgewiesen werden, dass er Silvester einer Frau das Handy gestohlen hatte. Er wurde im Gerichtssaal ebenfalls nicht wiedererkannt. Das Gericht verurteilte beide Männer letztlich zu Bewährungsstrafen von sechs Monaten wegen Hehlerei und eines gemeinschaftlich begangenen Autoaufbruchs.
Auf freien Fuß kommen die Angeklagten, die in Untersuchungshaft gesessen hatten, jetzt aber nicht. Wie der Verteidiger des 26-Jährigen sagte, müssten beide Männer in Abschiebehaft, weil sie Algerier sind und sich in Deutschland nicht als asylsuchend gemeldet hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!